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Geh auf Magenta - Roman

Geh auf Magenta - Roman

Titel: Geh auf Magenta - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frankfurter Verlags-Anstalt
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konnte nicht schaden, die Quelle des Flusses zu erkunden, außerdem konnten sie sich von dort oben einen besseren Eindruck von der Lage machen.
    Sie kamen nur langsam voran, überall war der Boden mit losen, glitschigen Gesteinsbrocken durchsetzt, die unter ihren Füßen losbrachen und in die endlose Tiefe unter ihnen stürzten, jeder falsche Tritt konnte jetzt den sicheren Tod bedeuten. Mila ging wie immer dicht hinter ihm, kurz darauf schloss Tom auf, Bastien beäugte ihn sorgsam, noch konnte er nicht einschätzen, was dieser im Schilde führte.
    Am Ende des Tages erreichten sie schließlich ein Hochplateau mit einem kleinen See, der den Wasserfall speiste. Bastien sah sich um und bestimmte einen geeigneten Lagerplatz, müde hockten sich alle in das weiche Moos. Es würde in der Nacht absehbar kalt werden, aber er würde Mila mit seinem Körper wärmen und dafür sorgen, dass ihr niemand zu nahe kam. Langsam senkte sich die Dunkelheit über die Wipfel der Baumriesen, ein unwirkliches Licht ließ die Stämme orange leuchten, und erschöpft schliefen sie ein.
    Als er am nächsten Morgen aufwachte, galt sein erster Gedanke Mel. Kurz darauf folgte der an Thomas, und er verspürte eine eiskalte Wut. Er dachte einen Moment lang an Taten, die mit Zerstückeln, Zersägen oder mit einfachem Draufschlagen noch harmlos umschrieben waren. Aber die Trauer und der Schmerz dominierten. Vielleicht war das alles nur eine Erfindung, ein Test? Oder sie meinte es nicht so, oder nur ein bisschen . Aber selbst dieses bisschen ließ ihn nur schwer atmen.
    Seine Ablenkungen bestanden im Kochen des ersten Kaffees, dem sinnlosen Aufspannen einer Leinwand (er dachte ohnehin nicht ans Malen) und dem ersten Blick in den Computer.
    – Wo genau in der Blutbahn? Längsschnitt oder quer? Kann dir den Arm halten, zumindest von hier aus. Grüße an den Styx. Schwester.
    Das war eine wirkliche Ablenkung. Er schrieb zurück: Oder sich einmauern. Requiescat in pace. B.
    Die Antwort: Amontillado von Poe. Kennt man. Warum mauern und nicht schneiden? S.
    Ohne weiter darüber nachzudenken, schrieb er: Arbeite auf dem Bau. Mauern, Steine schleppen und so. Da wird nicht geschnitten, mache eben das, was ich kann. B.
    Prompt die Antwort: Finde ich geil. Hast du so richtige Worker-Hände, mit Rissen drin, abgebrochenen Fingernägeln, so etwas?
    – Klar.
    – Und du schleppst echt Steine?
    – Auch das. Manchmal geht’s aber auch um das Denken, Logistik, Verantwortung, so etwas. Nicht nur schleppen.
    – Leute, die denken, finde ich scheiße. Mach’s gut. Schwester.
    Er beeilte sich, den nächsten Satz zu schreiben: Ich muss bestimmt bald wieder Steine schleppen. Gerade gestern hat mir der Boss noch gesagt, dass ich das wieder machen muss, jeden verdammten Tag lang. Tausende.
    Die Antwort dauerte einen Moment: OK. Ich mag ja Typen vom Bau.
    – Wie stellst du sie dir vor?
    – Weiß nicht. Denke, dass ihr euch ziemlich übel benehmt, dass ihr alles zerbrecht, so aus Versehen – ein Glas, einen Stuhl, meine Hand –, und dass ihr immer etwas zu erzählen habt; dass einer vom Kran geknallt ist und sich den Hals gebrochen hat oder so, oder welche Schlampe man zuletzt vergewaltigt hat, Typen vom Bau fackeln ja nicht lange.
    Er musste den Satz zweimal lesen. – Du denkst, dass wir Schlampen vergewaltigen?
    – Die wollen’s doch so.
    – Aber weißt du, Vergewaltigung ist eigentlich ja nichts Freiwilliges. Man kann nicht freiwillig vergewaltigt werden, zumindest nennt man’s dann nicht mehr so. Allein schon deshalb ist es schwierig.
    – Und wie nennt man es dann?
    – One-Night-Stand, Seitensprung, Verhältnis. So etwas eben. Aber nicht Vergewaltigung.
    – Wie öde.
    Nach einem Moment kam ihr nächster Satz: Das wird mir jetzt zu langweilig. Vergewaltigen fand ich besser.
    Die hatte wirklich eine Macke, dachte er. Aber dann wäre der nächste Satz auch nicht weiter schlimm: Ich könnte dich ja zerstückeln, zumindest theoretisch. Ich meine, nachdem ich dich brutal vergewaltigt habe.
    – Erzähl’s mal.
    – Was?
    Sie schrieb: Das mit dem Zerstückeln. Wie fängt’s an?
    Bastien kam in Form: OK, also, ich locke dich mit einer blöden Geschichte irgendwohin, am besten in so eine fiese stillgelegte Klinik, wir brechen da von hinten ein und dann falle ich über dich her; zuerst polier ich dir so richtig das Gesicht, die Fresse, meine ich, und dann trete ich dir mehrmals in den Bauch. Wo findest du’s besser, in der Klinik oder vor der Klinik?
    –

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