Geh auf Magenta - Roman
Haaren raus auf den Gehweg schleifen und ihm sagen, dass er hier nichts, einfach gar nichts zu suchen hätte und dass er im Übrigen froh sein könne, dass er ihn überhaupt am Leben ließe.
Er sprang auf und trat mit dem Fuß in die Luft, dann noch einmal, schließlich der Tritt gegen die Wand, der Knöchel tat sofort höllisch weh. Er setzte sich wieder und rieb sich den Fuß, der bereits anschwoll. Die Idee mit dem Hausflur war nicht schlecht; er könnte sich hineinschleichen (schließlich hatte er den Schlüssel ja noch) und sich im hinteren Halbdunkel postieren. Wenn Thomas dann klingelte und Mel oben das Licht anmachen würde, könnte er nach vorne treten und ohne viel Federlesens zuschlagen, direkt in den Magen oder auch tiefer. Der Vorteil der Überraschung läge ganz auf seiner Seite; trotzdem, die Sache musste wasserdicht sein, wenn nicht er Thomas, sondern dieser ihm eins verpassen würde, wäre das eine nicht mehr gutzumachende Peinlichkeit vor Mel. Nein, Thomas durfte von Anfang an nicht den Hauch einer Chance haben. Er überlegte weiter und dachte an Fallstricke, einen Baseballschläger oder auch an die psychologische Bedrohung mit einem sehr großen Küchenmesser.
Das Problem lag allerdings ganz woanders: Er wusste, dass er keinen guten Schläger abgab; auch wenn er sich in seiner Jugend ab und an geprügelt hatte, so hatte er im Nahkampf doch Hemmungen. Vielleicht war er eher der Typ des Präzisions-Killers (ein sauberer Schuss aus der Distanz), aber dafür war das Treppenhaus einfach zu klein.
Er brauchte einfach nur Verstärkung, wozu hatte man Freunde?
Kurzerhand wählte er Robs Nummer – aber klar, das sei harter Tobak, ganz schön mies, die Sache mit Thomas. Auf Bastiens Frage, woher er das denn gewusst habe, hielt er sich bedeckt, na ja, Bastien hätte sich nur im Atelier verkrochen und nichts mitgekriegt, aber die beiden wären schon überall aufgetaucht, im Riva’s , im Cherry und im Dry , das hätte man einfach nicht übersehen können. Mel hätte es allen auch ganz locker erzählt, so als wenn sie von einem tollen Urlaub sprechen würde; – ihm, Rob, natürlich nicht, was ja klar sei. Bastiens Adrenalin schoss wieder nach oben, das Dry war seine Stammkneipe, da aufzutauchen war einfach nur dreist, worin Rob ihm beipflichtete, genau, das sei ja ihrer aller Wohnzimmer, geknutscht hätten sie da auch. Das sorgte für eine weitere Dosis Adrenalin; Bastien berichtete ihm von seiner Idee mit dem Hinterhalt im Treppenhaus – mit zwei, drei Leuten hätte man den Typen ganz schnell am Wickel, auf jeden Fall würde er nicht zulassen, dass der sich oben noch einmal in seinem Bett breitmachen würde. Rob zögerte kurz, schließlich kaufte Thomas ab und zu auch einige seiner Bilder, aber kurzerhand sagte er zu. Allerdings wären weitere Konspiranten wohl sinnvoll, Bastien wüsste ja von Thomas’ Training im Boxclub; spontan würde er da an Sven, Kevin, Bernd oder Erik denken, zumindest die beiden Ersten hätten schon was drauf, der fette Kevin wäre mal Türsteher gewesen, er könne ihn anrufen. Bastien stimmte zu, er würde es bei den anderen dreien versuchen. Und das Ganze müsse natürlich gut geplant sein, das könne man heute Abend im Atelier bereden.
»Um acht«, betätigte Rob und legte auf.
Zügig wählte Bastien die Nummern von Sven und Bernd, erreichte aber nur deren Mailbox. Bei Erik hatte er mehr Glück, dieser war bereits über seine Situation im Bilde, diesem Thomas müsse man einfach die Grenzen aufzeigen. Bastien sagte, dass es genau darum ginge, und erzählte von dem Hinterhalt; Erik schien zögerlich – klar, wenn er ihn so fragen würde (so direkt und ohne Ausweg, meinte er wohl), dann sei er natürlich dabei, friends will be friends , er müsse nur bedenken, dass Thomas ein ganz schön kräftiger Kerl sei und er, Erik, nicht gerade ein Schlägertyp. Bastien erwähnte Kevin, der Junge habe es schon drauf, und Rob sei auch dabei, was Erik sehr zu erleichtern schien, mit der Mannschaft sähe das schon anders aus, also dann bis später.
Bastien legte das Handy beiseite, ging zum Fenster und schaute in den Hinterhof, so musste sich Cäsar in Gallien gefühlt haben oder Wellington in Waterloo (an Bonaparte mochte er jetzt nicht denken), bestimmt fühlte sich ein jeder General so am Vorabend der Schlacht.
*
Mila schaute kurz aus dem Fenster und rieb sich die Schläfen, das andauernde Starren in das Notebook verursachte ihr Kopfschmerzen, abgesehen von den dreißig Zigaretten,
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