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Geh auf Magenta - Roman

Geh auf Magenta - Roman

Titel: Geh auf Magenta - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frankfurter Verlags-Anstalt
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glücklich.
    Die Sonne stand schon hoch. Sie hatten lange geschlafen, die Strapazen des letzten Tages forderten ihren Tribut. Sein Blick wanderte über die Anwesenden, es waren vierzehn Personen, die dort saßen und darauf warteten, wie es nun weitergehen sollte. Er würde gleich eine Ansprache halten. Tom war nirgendwo zu sehen, das beunruhigte ihn, obwohl er ihm ja ausdrücklich gesagt hatte, dass er sich der Gruppe fernhalten sollte. Aber diesem Typen war alles zuzutrauen. Auch Mila schien das zu denken und rieb ihm die verletzte Hand – ob sie weitergehen würden, den Berg hinauf? Natürlich, bemerkte er kurz und erklärte den anderen dann seinen Plan; sie würden bis in die oberen Regionen gehen, so dass sie von dort aus die Insel überblicken könnten. Erst dann wären sie sich im Klaren, mit was sie es hier zu tun hätten. Ein sicheres Gefühl sagte ihm, dass diese Insel fernab der bekannten Welt lag, dass sie endlose Meilen vom nächsten Festland entfernt waren. Er wusste, dass er diesen Menschen Hoffnung geben musste, dass sie in Bewegung zu bleiben hatten, dass sie nicht der Apathie verfallen durften; also mahnte er zum Aufbruch. Schon bald hatten sie die Stadt hinter sich gelassen und folgten einem Weg, der in die Berggipfel zu führen schien. An seinen Seiten standen steinerne Stelen, die reich mit Bildern verziert waren. Mila studierte einige von ihnen, hier könne man eine Heuschrecke erkennen, dort einen Salamander oder eine Echse, deren Beine hingegen seien menschlich. Eine Verwandlung, sagte Bastien, aus irgendeinem Grunde wären diese Menschen zu Insekten und Reptilien geworden. In der Abgeschiedenheit dieser Insel mochten sich Dinge ereignet haben, von denen man besser nichts wissen möchte. Er beschloss, die vor ihnen liegenden Bergkämme genauestens im Auge zu behalten.
    Als er zurückblickte, sah er Tom, der ihnen im gebührenden Abstand folgte. Er zog das Bein hinterher, offenbar hatte Bastien ihm gestern mehr zugesetzt, als er angenommen hatte. Schon bald stieg der Weg steil an, einige raue Treppen waren in den Stein gehauen, und sie kamen gut vorwärts. Vor sich sahen sie nun eine weite Hochebene, offenbar waren sie hier, abgesehen von den dahinterliegenden schneebedeckten Gipfeln, auf dem höchsten Punkt der Insel angelangt. Am anderen Ende der Ebene konnten sie ein beständiges Glitzern ausmachen, Wasser. Das konnten sie jetzt gut gebrauchen, aber Bastien hielt sie an, am Rande des Plateaus zu wandern, von dort aus hatte man schließlich die Aussicht über die Insel.
    Vor ihnen fielen die Felsen auf über eintausend Meter steil ab. Sie hielten einen vorsichtigen Abstand zum schroffen Abgrund und blickten in die blaue Weite des Meeres. Nur Meer, so weit das Auge reichte. Von Festland war keine Spur zu sehen, einige senkten enttäuscht den Kopf oder schauten verzweifelt in die anderen Richtungen. Denn von diesem Platz aus konnten sie die Insel in drei Himmelsrichtungen überblicken, sie war größer als angenommen, ihre Ausdehnung betrug sicherlich mehr als dreißig Kilometer in der Länge. Bastien stimmte das zuversichtlich; auf einer großen Insel konnten sie mit besseren Lebensbedingungen rechnen.
    Sie gingen am Abhang entlang, eine Brutstelle für unzählige Seevögel. Möwen, Kormorane und Seeschwalben umkreisten sie und gaben kreischende Geräusche von sich. Sie näherten sich nun dem Ort, wo sie zuvor das Glitzern gesehen hatten – es war ein kreisrunder Krater in der Ebene. Der Durchmesser dieses riesigen Loches mochte bestimmt an die zweihundert Meter betragen, in seinem Innern schien sich das Sonnenlicht an irgendetwas zu brechen und sorgte so für ein unwirkliches Gleißen. Bastien trat langsam an den Rand des Kraters, er achtete dabei auf jeden seiner Schritte. Seine anfängliche Vermutung, dass es sich hier um eine Caldera vulkanischen Ursprungs handelte, bestätigte sich nicht. Die Wände des Kraters muteten seltsam glatt an, so, als hätte ein riesiger Kolben das Gestein auseinandergetrieben. Er kniff die Augen zusammen, um mehr zu erkennen. Etwas sehr Großes lag auf dem Grund, kreisrund, und es schien klar, dass es dieses Etwas gewesen war, das den Krater verursacht hatte. Es musste hier eingeschlagen haben, vor langer Zeit, die Wände des Kraters wiesen bereits deutliche Zeichen der Erosion auf. Es war schwer, klare Umrisse auszumachen. Die glatte Oberfläche reflektierte das Sonnenlicht wie ein Spiegel, Bastien rieb sich die Augen und entfernte sich vorsichtig.
    Sie

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