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Geh auf Magenta - Roman

Geh auf Magenta - Roman

Titel: Geh auf Magenta - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frankfurter Verlags-Anstalt
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vorherigen Definition zusammen. Ein Glas Wasser auf dem Schreibtisch ist erst einmal nur ein Glas Wasser, steht dieses aber im Museum, so ist es etwas ganz anderes; die Kunst nimmt sich diese demiurgische Freiheit, und das ist auch gut so, die Kunst versklavt sich also nicht der Materialität, sondern begreift sich selbst als sinngebend. Heißt: der Zugang zur Kunst kann über zwei Wege funktionieren – zum einen über den der Definition eines Gegenstandes oder einer Handlung als Kunst, und zum anderen über eine kunstimmanente Form, die wir als Hinweis und Symbol für eine Aussage begreifen, die zum Teil auch in der menschlichen Kulturpsyche verankert ist: ein Querbalken bedeutet uns ein Stopp, eine Wellenlinie eine Leichtigkeit, die Farbe Rot markiert Gefahr. Die Voraussetzung für diese bildliche Sprache ist die Kenntnis des Empfängers, der Symbolgehalt eines Transmitters liegt also immer in seiner eigenen Decodierfähigkeit, ein Symbol ist also immer eine zweisame Angelegenheit. – Klar?«
    Thomas nickte. »Und was hat das mit –«
    »Es hat eine Menge damit zu tun. Also, ganz von vorne, wenn wir bislang von Kunst sprechen, dann immer von einer Idee, die uns in der Gestalt des Bildes begegnet, unmittelbar, so gesehen verbleibt die Kunst immer noch im Denken des Steinzeitmenschen; wenn wir reden, hauen wir mit gedachten Keulen drauf, daran hat sich nicht wirklich etwas geändert. Aber eine künstlerische Idee ist nichts anderes als eine Komprimierung von komplexen Zusammenhängen, die dann wieder zu einem bildhaften Ereignis werden, wenn man so will. Jetzt gehe ich aber her und wende das Wort genauso unmittelbar an. Die Wörter, hier die Befragungen der Probanden, dienen einerseits natürlich der Kommunikation und Information, verstehen sich andererseits aber auch als Kunst per se, diese Idee eben, der Weg zur Erlangung von Kunst ist bereits das avisierte Ergebnis. Die Kunst findet in ihrer eigenen Dokumentation wieder zurück zu sich.«
    Thomas sah ihn lange und ungläubig an. »Fehlt da nicht das Persönliche an der Sache?«
    »Ach was. Wenn Jeff Koons seine Figuren als Hunderter-Serien bauen lässt, ist das auch nicht persönlich. Davon hat man sich doch schon längst verabschiedet. Außerdem geht’s darum, Kunst zu denken und nicht zwangsläufig zu machen .«
    Der letzte Satz saß. Thomas, mit seiner recht konventionellen Auffassung von Kunst, hatte nun offenbar ein ungutes Gefühl, wenn er an Bastiens zukünftige Malerei (also eher Fragebögen) in seiner Sammlung dachte. Er behielt das aber für sich, zumal Bastien ohnehin nicht zu stoppen war – wie er denn jetzt auf so etwas käme? Mit einer einfachen Business-Kurve hätte das nichts mehr zu tun. Bastien winkte ab, da könne man doch bestimmt etwas machen, vielleicht einige Formeln erfinden, so etwas in der Art.
    »Du hast es gerade wirklich mit dem Rationalen«, sagte Thomas. »Der Gedanke ist ja gut. Aber hängt man sich den Gedanken an die Wand?«
    Mit dieser nüchternen Feststellung sollte er später recht behalten, da Bastiens Ausstellung zu dem Thema ein totaler Flop wurde, auch wenn er weiterhin eigensinnig an der Idee festhielt. Es läge eben daran, dass die Betrachter noch nicht weit genug seien, sagte er gerne zu Kollegen, die ihn dann stets mitleidig ansahen. Alles bräuchte eben seine Zeit und Kunst via Marktforschung würde schon noch kommen, darauf würde er wetten. Auch dazu nickte man mitleidig und gab zu bedenken, dass der Künstler sich damit aber quasi selbst überflüssig mache. Genau darin läge ja der Bruch mit den verkrusteten Auffassungen der Vergangenheit, entgegnete Bastien, das sei ja das eigentlich Geniale an der Sache, eben sich selbst abzuschaffen. Besonders darauf konnte nun wirklich niemand mehr nicken.
    Der Tag mit Thomas im Café endete damit, dass Mel hinzukam und auch sie sich sämtliche Theorien zu Analyse und Kunst anhören musste. Thomas riet Bastien dann, sich voll und ganz damit zu beschäftigen, er hingegen könne ja mit Mel auf die Rolle gehen, woraufhin sie alle lachten.
    An diesem Tag.
    Der Wind hatte nachgelassen, er ging wieder auf die Straße, erreichte das Atelier und stieg, Atemwolken von sich gebend, nach oben.
    Ein erster Griff in den Kühlschrank, ein Glas Wein, er trank es schnell aus und blickte sich um. Es tat gut, wieder hier zu sein, die vertraute Umgebung flößte ihm Selbstvertrauen ein; die U-Bahn hatte ihn angestrengt, die Menschen, das Theater, die Galerien, die Straße, hier fühlte er

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