Geh auf Magenta - Roman
erwiesen. Besonders bei diesen Bürotypen, immer nur sitzen und so, das verklemmt die Adern.«
»Er ist nicht nur im Büro.«
»Stimmt, es gibt ja noch die Autos. Habt ihr es schon mal im Ferrari gemacht? Gibt’s einen gefühlten Unterschied zum Maserati?«
»Hör auf.«
»Maserati-Fahrer sollen besonders unter Impotenz leiden. Sagt man.«
»Er nicht.«
»Dann ist der Maserati nicht echt.«
»Sag mal –«
»Oder zu eng. Man eckt ja überall an und hat keinen Platz für die Beine. Und mit den Gelenken wird’s im Alter auch nicht besser, Arthritis, Rheuma, all das. Und dann Alzheimer. Da sollte man so ein Ding doch besser in der Garage lassen.«
»Schau dich mal an, dann weißt du, wer hier ein Problem mit den Knochen hat.«
»Das kam aus der Aktivität heraus, Sport, wenn man so will.«
»Ach, hör auf. Und seine blöden Autos interessieren mich nicht.«
»Blöd?«
»Ja, blöd.«
»Interessant.«
»Was ist interessant?«
»Na, dass du sie blöd findest. Es sind ja jetzt so quasi – deine.«
»Quatsch. Das trennt er sehr genau.«
»Ich weiß.«
»Warum sagst du es dann?«
»Nur so. Hätte ja sein können, dass er sich geändert hat.«
»Nein.«
»Was – nein?«
»Er hat sich nicht geändert. Er ist absolut genau, richtig penetrant-genau, eben perfekt mit allem. So wie auch alles geplant ist, wird und soll.«
»Das war er immer.«
»Ich weiß. Aber damals hat er mich noch nicht geplant, in der Agenda oder als Business-Plan, so etwas.«
»Klingt anstrengend.«
»Sei nicht sarkastisch. Das ist nicht lustig.«
»Sollte es nach den ersten Wochen aber doch noch sein, oder? Lustig, meine ich, lebenslustig. Weil man doch frisch verliebt ist, wie du sagst.«
»Das bin ich auch.«
»Wie ist das, wenn man in einen Taschenrechner verliebt ist? Stelle ich mir komisch vor, wenn diese bunten Knöpfe mir sagen, was ich alles kann, darf und will – und wann. Habt ihr Termine? Gibt’s eine Stechuhr?«
»Lass das.«
»Der Typ hat Angst, das ist alles. Alle, die so fix planen, haben Angst; und mit dem Planen haben sie das im Griff, denken sie jedenfalls. Hat er denn seine Portugiesin für dich aufgegeben oder läuft die noch nebenbei?«
»Was für eine Portugiesin?«
»Können auch zwei oder drei sein. Die trifft er immer in Charlottenburg, in so einer Bar. – Und sagt dir dann bestimmt, dass er noch so viel Unerledigtes zu tun hätte, oder?«
»Jetzt wirst du richtig fies. Ich kann auch gehen, wenn du das willst –«
»Schon gut. Es stimmt aber.«
»Nein.«
»Zumindest stimmte es.«
»Jetzt bist du nicht besser als –«
»Als er? Richtig, Freunde verrät man nicht, das hatte ich ganz vergessen.«
»Darum ging es nicht. Und das wollte er auch nicht.«
»Der Arme.«
»Weißt du, ich kann nicht erwarten, dass du das verstehst, ich verstehe es ja selbst kaum. Es ist einfach dieses – Gefühl, was soll ich denn machen? – So, als wenn man eine vertrocknete Blume wieder begießen würde; all das, was ich mir immer gewünscht habe, die Familie zu leben, mit allem, was dazugehört, das geht jetzt mit ihm, verstehst du? Im Gegensatz zu dir.«
»Ich war immer für euch da.«
»Nein.«
»Doch.«
»Du verstehst mich nicht. Nicht einmal jetzt.«
»Was verstehe ich denn nicht? Es liegt eh in der Vergangenheit, und solange du keine Zukunft aufmachst, ist es völlig egal, was ich verstehe oder eben nicht, dann ist’s nur museal, mehr nicht.«
»Du verstehst mich also nicht?«
»Du fragst, ob ich jetzt verstehen kann, dass ich dich damals nicht verstanden habe?«
»Nein. – Ob du meine Reaktion auf dich verstanden hast.«
»Genau. Darauf, dass ich dich früher nie verstanden habe, das meinst du?«
»Daran ist eigentlich nichts Kompliziertes. Ich möchte nur wissen, ob du mich jetzt begreifst. – Dass alles eine Reaktion ist, auf etwas, das vorher mit uns, durch uns, hätte stattfinden müssen.«
»Also eine Reaktion auf etwas, das es vorher nicht gab?«
»Ich –«
»Was?«
»Das ist es ja. Mit ihm ist es alles so deutlich, klar, mit uns immer so wie, ja – wie in irgendwelchen Fallstricken oder Schlingpflanzen, wir springen da so lange herum, bis sich jeder mit dem Unverständnis des anderen stranguliert hat, so ungefähr, man weiß nicht mehr, worum es eigentlich geht.«
»Das Wesen der Kommunikation ist autoreferentiell, sie dient in erster Linie sich selbst.«
»Du und deine Sprüche. Daran hat sich nichts geändert.«
»Wieso? Indem man miteinander sinnlos kommuniziert,
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