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Geh auf Magenta - Roman

Geh auf Magenta - Roman

Titel: Geh auf Magenta - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frankfurter Verlags-Anstalt
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beweist man Sein , man ist sich nah, das zählt doch. Sinnlose Worte sind wie Wohnzimmereinrichtungen, da gibt’s eine Sitzecke, die nie benutzt wird, ein Sofa, auf dem man nur auf einer Seite sitzt, herumstehende Vasen, ein Bücherregal mit Lexika, in denen man nie nachschlägt, so etwas. Aber ohne all das wäre es kein gemütliches Wohnzimmer, man braucht es eben irgendwie doch. So wie das Reden.«
    »Das ist Unsinn.«
    »Das meiste ist Unsinn. Bei allen. Und alles wird vom Unsinn zusammengehalten.«
    » Wir reden nur Unsinn, wirklich.«
    »Nur Thomas nicht, der ist besser, oder wie war das eben – so deutlich, so klar . Dann stimmt ja alles.«
    »Nein. Ich sehe schon, was da nicht stimmt.«
    »Da stimmt also einiges nicht, und trotzdem machst du weiter?«
    »Ich muss.«
    »Man muss gar nichts.«
    »Willst du mich nicht verstehen? Ich kann das nicht stoppen, es muss sich von selbst lösen, nicht von außen. Ich kann nicht einfach sagen, aus, Schluss, das war’s . Das geht nicht.«
    »Und warum nicht?«
    »Weil ich es dann immer mit mir herumtragen würde, es wäre nie aus.«
    »Also möchtest du eigentlich, dass es vorbei ist?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Warum denn – wenn es dir so guttut, wie du sagst?«
    »Ich weiß es einfach nicht.«
    »So etwas weiß man.«
    »Nein, nicht immer.«
    »Doch.«
    »Aber dass du mich vorher loswerden wolltest, wusstest du genau.«
    »Ich wollte dich doch nicht loswerden, was redest du da?«
    »Und wie nennt man das dann? Entfernen, subtrahieren, eliminieren, wegspülen – loswerden klingt daneben doch gar nicht so schlecht.«
    »Das stimmt nicht.«
    »Doch.«
    »Ich war verletzt.«
    »Ich auch.«
    »Nein. Du bist jetzt verletzt. Ich war es vorher.«
    »Also geht’s darum, wer der Erste ist? Ich war ganz sicher vor dir verletzt. Weil du nicht mitwolltest. Dann habe ich es getan, und du hast die Beleidigte gespielt. Sonst nichts.«
    »Ich war nicht beleidigt. Ich war verletzt .«
    »So wie ich. Vorher und nachher.«
    »Nein. Du warst nur nachher verletzt. Du wolltest gar nicht, dass ich mitkomme, gib’s einfach zu. Wegen der Nutte.«
    »Sie ist keine Nutte. Und außerdem auch kein alter Freund. Weißt du eigentlich, was du mir angetan hast?«
    »Du mir auch.«
    »Und was erwartest du von mir?«, fragte er.
    »Ich kann nichts erwarten. Vielleicht nur, dass du mich nicht ganz aufgibst. Vielleicht auch, dass du mein – Freund bist. Gerade jetzt. Und an meiner Seite stehst, mir einfach die Zeit gibst. Kennst du diese Stelle bei Musil? Dass die eigentliche Entscheidung erst nach der Entscheidung kommt?«
    »Nein.«
    »Aber es stimmt.«
    »Und was stellst du dir unter Freund vor?«
    »Es ist – ich habe manchmal richtig Angst vor ihm. Er bestimmt einfach alles, den nächsten Schritt, den übernächsten, den in hundert Jahren. Alles läuft so, wie er es für richtig hält. Und da ist sonst niemand, mit dem ich –«
    »Darüber reden kann? Mit mir willst du darüber reden?«
    »Du bist der Einzige. Du verstehst das.«
    »Ich verstehe das?«
    »Ja.«
    »Wir sind jetzt also Verschwörer und Verbündete?«
    »So meine ich das nicht.«
    So meinte sie es schon, dachte er; es war ein Warmhalten , aber genau darin mochte eine Chance für ihn liegen, der Weg der Größe schien erste Früchte zu tragen. Natürlich könnten sie Freunde sein, sagte er. Auch wäre das eine Sache der Ehre, und er würde sie sicher nicht mit ihrem Problem allein lassen, sie könne auf ihn zählen. Vielleicht sei es sogar gut, dass sie einmal diese Erfahrung machen würde, allein schon, um neu wertzuschätzen, was sie seinerzeit aneinander hatten. Und diese Erfahrung könne eine Art Läuterung sein, am Ende wäre es vielleicht für sie beide gut. Er könne ihr eben nur alles Gute wünschen und würde natürlich an ihrer Seite stehen, aber das ginge nur, wenn sie ihn auch teilhaben ließe. Der Abstand, so wie bisher, würde nur dafür sorgen, dass sie noch weiter auseinanderdriften würden. Irgendwann wäre dann ein irreparabler Punkt erreicht, und sie hätten sich für alle Zeiten verloren. Der letzte Satz trieb ihr einige Tränen in die Augen, sie wolle das auf keinen Fall und sie würde ihn ab jetzt über alles informieren, er dürfe sie nur nicht aufgeben, das müsse er versprechen. Sie wischte die Tränen nervös ab. Es sei ja auch so, dass sie ihn sehr vermissen würde, die Intensität, einfach alles. »Ich freue mich doch, wenn ich dich teilhaben lassen kann, wirklich, wir können jeden Tag telefonieren

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