Geh auf Magenta - Roman
brauchte, um auch nur einigermaßen gut auszusehen.
»Aber erwarte bitte nicht zu viel, du wirst bestimmt auch noch andere Dinge hier zu erledigen haben. Du willst sie treffen, nehme ich an?«, sagte er.
»Wenn sie keinen Kontakt mit uns wünscht, dann müssen wir das respektieren. Aber wir werden sehen, was unsere kleine Lady denn möchte. – Und, mein Lieber, wie geht’s Mel?«
Bastien stockte, mit Mel sähe es im Moment schwierig aus. In kurzen Sätzen erzählte er dann das Notwendigste zu seiner Trennung, die väterliche Antwort kam wieder nach einer längeren Pause: »Du solltest nicht kapitulieren. Es hört sich danach an, dass sie gerade eine Phase durchlebt, in der Sicherheit eine besondere Rolle spielt. Zu Ungunsten der Aufregung deiner Gegenwart, sie wird das früher oder später feststellen. Aber du darfst nicht den Respekt vor ihr verlieren. Dann wärst du es schließlich, der es beendet, nicht sie. Denk darüber nach. Du willst dir später ja schließlich nichts vorwerfen. Man hat immer die Wahl«, sagte Frings lapidar.
Sie verabschiedeten sich, Bastien dachte sofort nach, Frings war ein wichtiger Sammler, er hatte seine Bilder schon zu Studentenzeiten gekauft, immer regelmäßig, immer cash, nicht selten war er dafür nach Köln gefahren. Allerdings war er einer von der sehr korrekten Sorte, es war nicht damit zu rechnen, dass er das geliehene Geld in Form von Bildern erstatten konnte, nicht bei dem. Er überlegte unkonzentriert weiter, bei wem er sich nun wiederum Geld leihen konnte.
Offensichtlich lebte Mila Frings jetzt in Berlin. Er hatte dieses Mädchen immer faszinierend gefunden, ihre dunklen, großen Augen, mit denen sie ihn anblickte während seiner Besuche in Frings’ Haus. Er hatte damals immer das Gefühl, dass sie etwas ganz Besonderes war, obwohl sie kaum ein Wort miteinander gewechselt hatten; sie mochte zu der Zeit dreizehn, vierzehn Jahre alt gewesen sein, heute also fünfundzwanzig oder sechsundzwanzig. – Und sie lebte jetzt in Berlin. Er empfand eine Aufregung bei dem Gedanken. Insgeheim hatte er damals einige Portraits von ihr gemacht und sie nie vergessen.
Er konnte Kirsten wegen des Geldes fragen, sie hatte ihm schon einmal geholfen. – Aber vielleicht war es gerade deshalb keine gute Idee?
Er wählte ihre Nummer und schrieb eine SMS: Vielleicht morgen Abend auf einen Wein im Dry? Die Antwort kam sofort: Klar. Um 8? Freu mich. Er schrieb zurück: Freu mich auch. Es verging eine kurze Zeit, dann zeigte sein Handy eine weitere SMS von ihr an: Du, es tut mir leid, ich kann doch nicht, sei mir nicht böse. K.
Er setzte sich wieder in den Sessel, fuhr mit der Hand über das weiche Leder und dachte an dunkle, große Augen.
Mila.
7
Auch wenn Mel sich bei ihren Freundinnen inzwischen heimlich über Thomas’ doktrinäre Art beklagte, konnte sie doch nicht umhin, diese zu genießen. Die Dichte der täglichen Anweisungen zu diesem und jenem hatte etwas Bequemes, sie hatte nicht zu denken und zu agieren, er nahm ihr das mit einem schlichten follow me großzügig ab; wie es schien, auch ohne eine Rechnung zu stellen, was das Pekuniäre wie ihre laufenden Kosten anbelangte. Natürlich war diese Bequemheit paradox, da sie auf der anderen Seite ihre Freiheit und Selbstbestimmung vermisste. Das veranlasste sie, diese Situation als einen temporären Urlaub von sich selbst zu deklarieren. Mit Bastien hätte es einen solchen Urlaub nie gegeben, er hatte sie immer gefordert, zumeist zum Denken und zum Reden. Sicher, sie hatte das immer als anstrengend empfunden, besonders ihren damaligen Wettlauf von Selbstbestimmung gegen Selbstbestimmung, Freiraum gegen Freiraum, mit dem Ergebnis der puren Erschöpfung. Vielleicht, so dachte sie, sei es nun einmal ein weibliches Recht , sich als schwach zu begreifen. Moderne Frau hin, moderne Frau her, alles zu seiner Zeit.
Sie strich den Bettbezug glatt, entfernte hier und da einige Fussel und ging in die Küche. »Wie war dein Tag?«
»Ganz OK«, antwortete Thomas und winkte mit einem Holzlöffel. Er hob einen Deckel an und schaute prüfend in den Topf. Sie umarmte von hinten seine Brust und schmiegte ihren Kopf an seinen Rücken. »Ich habe dich vermisst.«
Er drehte sich um und küsste sie. »Ich dich auch. Wie geht’s ihm?«
»Er ist gegen einen Bus gefahren.«
»Wirklich? Und –«
»Es ist nichts, nur ein paar Schürfwunden.«
»Gut«, sagte Thomas. »Bei ihm weiß man ja nie so genau, was los ist. Ihr habt euch verstanden?«
»Er
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