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Geh auf Magenta - Roman

Geh auf Magenta - Roman

Titel: Geh auf Magenta - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frankfurter Verlags-Anstalt
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allerbesten.«
    Sie fragte sich, ob er wusste, dass der allerbeste mit Sicherheit seine Verhältnisse übersteigen würde, lächelte zurück und streichelte seine nackte Brust. Acun würde natürlich Silvester mit ihr feiern wollen, wahrscheinlich hatte er schon Karten für eine Gala im Adlon oder sonst wo bestellt. Sie sah Rob lange an und drehte sich dann zur Seite. Könnte sie sich für ihn ändern?
    Sie bezweifelte das.
    *
    Der Postbeamte klebte gewissenhaft den Streifen mit dem Barcode auf den Umschlag, das mache dreiundzwanzig Euro vierzig. – Sicher, das wäre nicht gerade billig, aber so ein persönliches Einschreiben sei schon arbeitsaufwendig, die Leute seien eben nicht immer zu Hause und die Post sei dann verpflichtet, mehrere Zustellversuche zu unternehmen. Und gerade jetzt zwischen den Feiertagen, wenn alle Urlaub hätten, also, dreiundzwanzig Euro vierzig, bitte. Mila legte das Geld wortlos auf den Schalter und sah den Mann kalt an; er nahm die Scheine und hantierte in seiner Wechselkasse, so, das wären jetzt sechs Euro sechzig zurück, der Brief wäre dann morgen vor zehn Uhr beim Empfänger; im Übrigen wünsche er auch einen guten Rutsch und ein schönes neues Jahr. Er lächelte weiter, und sie dachte einen Moment lang daran, ihm seine Barcode-Rolle in den Mund zu stopfen und mit der Faust nachzuhelfen.
    Wortlos ging sie dann zum Ausgang, die Straßen waren wieder von Schnee bedeckt.
    *
    Mel sah staunend an den bis zu neun Stockwerken hohen Gebäuden hoch und fragte, was diese fragil aussehenden Lehmziegel zusammenhielt. Hilal erklärte ihr, dass die Ziegel ja nur eine Fassade seien, die Konstruktionen selbst bestünden aus Holz und seien teilweise über neunhundert Jahre alt. Und die Höhe der Häuser hätte sich aus Platzmangel ergeben, da Ackerland in dieser Gegend bei weitem kostbarer gewesen sei. So wäre es eben zu diesem Chicago der Wüste gekommen, sagte er.
    Thomas lugte neugierig in einen der Hauseingänge, und Hilal bat ihn mit höflichen Worten, das besser nicht zu tun. Es handle sich im Übrigen auch nicht um einen Hauseingang, sondern um einen der Mawad, das seien vom Wohnbereich abgetrennte Gänge, die es den Frauen ermöglichen, sich ungesehen durch den ganzen Ort zu bewegen. Aber jetzt würden sie etwas ganz Besonderes sehen, man müsse nur etwas gehen. Nach einigen hundert Metern durch schmale Gassen stoppte er vor einer hohen Wand; das sei ein Teil der Stadtmauern Shibams, die Kletterei sei etwas anstrengend, aber dort oben könne man die ganze Stadt umrunden und habe einen wundervollen Blick. Er ging eine steile Treppe hoch, hinter ihm ging Mel, dann folgte Thomas und der etwas streng dreinschauende Yassin.
    Hilal war ihnen als Führer zur Seite gestellt worden, das gehöre zum Service, sagte man ihnen, im Übrigen sei Hilal einer der Besten seines Fachs. Yassins Begleitung wäre hingegen Pflicht, seit einiger Zeit sei es vorgeschrieben, dass Ausländer nur noch in Begleitung eines Armeeangehörigen das Land bereisen dürften. Mel empfand das als recht beruhigend; Yassin strahlte eine professionelle Autorität aus, und seine Uniform stand ihm einfach gut. Der Dritte im Bunde war der Fahrer ihres Landrovers, ein schweigsamer Mann, dessen komplizierten Namen sie nicht behalten konnte.
    Sie folgten Hilal weiter die unzähligen Stufen hinauf, schließlich standen sie auf der Mauer und überblickten das Land vor ihnen. Diese grünen Parks entlang der Mauer, sagte er, das seien die berühmten Palmengärten, die hätte es schon zur Gründungszeit Shibams gegeben. Und genau dorthin würden sie jetzt gehen.
    Es waren in der Sonne bestimmt an die vierzig Grad, das Besteigen der Treppe war anstrengend gewesen, so dass ihnen der Schweiß in Strömen über den Körper lief. Hilal versicherte ihnen, dass die Gärten über ausreichend Schatten verfügten, und sie seien wirklich sehenswert. Mel bemühte sich, ihren Sonnenbrand auf dem Rücken zu vergessen, und ging ihm tapfer nach. Die Gärten hielten dann, was er versprochen hatte, paradiesische Haine reihten sich aneinander, man konnte sich hier wirklich wie in einem orientalischen Märchen fühlen. Auch Thomas schien das zu denken, er ging entrückt durch die Anlage und machte ein Foto nach dem anderen, was Mel als eine touristische Attitüde empfand.
    Die Nacht verbrachten sie in einem der wenigen Hotels der Stadt. Eine Nacht, die sich als sehr lang herausstellen sollte, da die Klimaanlage nicht funktionierte und an Schlaf kaum zu denken

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