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Geh auf Magenta - Roman

Geh auf Magenta - Roman

Titel: Geh auf Magenta - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frankfurter Verlags-Anstalt
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ihnen und dem Fahrer an, im Wagen sitzen zu bleiben, und stieg mit Yassin aus.
    Das Gespräch der beiden mit den Einheimischen zog sich in die Länge, was Thomas zunehmend nervte, es könne ja nicht so schlimm sein, den blöden LKW etwas zur Seite zu schieben. Er öffnete ungeduldig die Tür.
    »Lass das doch«, sagte Mel.
    »Die reden noch bis morgen. Wir schieben jetzt einfach den LKW vor, und dann geht’s weiter. Bei dieser Hitze geht man doch ein.«
    Er stieg aus und ging zu der Gruppe hinüber, Mel blieb sitzen. Man redete nun mit Händen und Füßen, die Leute waren offenbar nicht gewillt, den LKW vorzusetzen. Thomas schien Hilal deutlich zu machen, dass er nicht vorhabe, noch länger hier herumzustehen, woraufhin dieser erneut auf die Einheimischen einredete. Mel schaute skeptisch auf die Szenerie, die Leute gefielen ihr nicht sonderlich. Ihre Kleidung bestand aus Lumpen, und ihre Gesichter wirkten verhärmt und abstoßend; wenn sie sprachen, sah man, dass kaum einer von ihnen noch Zähne hatte.
    Hilal redete weiter auf den Wortführer der Gruppe ein. Mel sah, wie er zuckte, jemand hatte ihm ins Gesicht geschlagen. Dann nahm sie das Gewehr wahr und erstarrte. Ein seitlich stehender Mann zog es unter seiner Kleidung hervor und stieß den Schaft mit voller Wucht in Hilals Gesicht, sein Blut spritzte in die Luft vor ihm. Der Mann schlug nochmals auf den Zusammensinkenden ein, drehte dann das Gewehr herum und zielte auf Yassin, der schnell die Arme hob. Mel hörte den Knall, Yassin sackte mit blutüberströmtem Kopf zu Boden. Er robbte noch einen Meter weiter, bis jemand herantrat und auf seinen Nacken zielte, er blieb verkrümmt liegen. Sie saß in Schockstarre da, wie aus weiter Ferne hörte sie die schreiende Stimme des Fahrers. Der Motor heulte auf, er gab Vollgas und riss den Wagen herum. Sie blickte starr aus dem Rückfenster, der Mann mit dem Gewehr richtete es auf den Kopf des am Boden liegenden Hilal, sie hörte wieder den Schuss. Andere hielten den schreienden Thomas fest, man schlug ihm mehrmals ins Gesicht, dann war durch den aufgewirbelten Staub nichts mehr zu sehen.
    Der Fahrer schrie und weinte abwechselnd, manchmal hielt er das Lenkrad nicht richtig fest und kam von der Straße ab. Mel saß apathisch auf dem Rücksitz und konnte an nichts denken, auch nicht an Thomas.
    *
    Bastien hatte den Akt inzwischen an die Frontseite des Ateliers gestellt. Dort konnte er das Bild immer sehen, ob er nun in der Küchenzeile stand, an der Staffelei oder am Rechner saß. In regelmäßigen Abständen verbesserte er kleinere Stellen; an ihrem Blick feilte er besonders, in diesem Moment versah er die Lider mit einem leichten Schatten, was ihr einen wohlwollenden Ausdruck verlieh. Auch die Mundwinkel gestaltete er etwas weicher und zog sie leicht nach oben, so dass sie ihn freundlich anlächelte; was sie denn jetzt vorhätten, fragte sie. Er erklärte ihr, dass sie auf jeden Fall zurück zum Krater müssten, dort sei die Antwort auf alles zu finden. Denn wenn diese Insel wirklich nicht existieren würde, müssten sie herausfinden, wer sie denn eigentlich seien, erst dann könnten sie gehen. Sie sagte, dass sie sich auch vorstellen könnte, für immer hierzubleiben, mit ihm, es sei doch so schön, zwischen all den Blumen. Er sagte, auch er könne sich das vorstellen, aber wenn sie erst wieder im Krater wären, könnten sie zu noch wunderbareren Orten gelangen, sie müsse ihm nur vertrauen, er hätte da so ein Gefühl. Natürlich vertraue sie ihm, aber er solle jetzt nicht zu stark auf die Leinwand drücken, das tue weh. Er beendete das Verwischen der Blüten im Hintergrund und griff wieder zu einem feinen Haarpinsel, den hatte sie am liebsten.
    Das Handy läutete, er ließ sich Zeit, aber der Anrufer schien beharrlich zu sein; schließlich meldete er sich. Eine unbekannte Stimme fragte zuerst nach seinem Nachnamen – ob man richtig verbunden sei.
    »Ja, das stimmt«, bestätigte Bastien. »Worum geht es?«
    Der Anrufer stellte sich als Steilmann vor, Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes. »Und Sie sind der Lebensgefährte von Frau Melanie Richter, das ist so weit korrekt?«
    »Ja. Was ist mit ihr?«, fragte Bastien vorsichtig.
    Nun, dann wüsste er sicherlich, dass Frau Richter derzeit im Jemen sei, sagte Steilmann, sie hätte darum gebeten, dass man mit ihm in Kontakt treten solle, es hätte einen Zwischenfall gegeben. Nach Bastiens nervöser Frage, was denn passiert sei, bat Steilmann um absolute Diskretion in der

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