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Geh nicht einsam in die Nacht

Geh nicht einsam in die Nacht

Titel: Geh nicht einsam in die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Westoe
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Gesprächsthema. »Du hast natürlich gehört, dass The Bukka Men groß herausgekommen sind? Sie treten in meiner Fernsehshow auf, wenn sie in zwei Wochen losgeht.«
    Ariel schluckte den Köder: »Du meinst Eskelinens Band?«
    »Ja, genau«, sagte Jouni. »Ihre LP ist im Juli erschienen. Ist ein Riesenerfolg. ›Pilgrimage‹. Sie klingen ein bisschen wie Cream.«
    »Gut für Jugi«, murmelte Ariel. Dann erhellte sich seine Miene. »P-Procol Harum waren letzten Donnerstag hier. Im Gröna Lund. Ich war da. Aber sie waren nicht so gut, wie ich dachte.«
    »Oh verdammt, du hörst die also auch«, grinste Jouni. »Terhi hat mir mit der Single den ganzen Sommer die Ohren zugedröhnt.«
    »Ich hab seit Monaten keine Platten mehr gehört«, erwiderte Ariel niedergeschlagen. »Anfang des Sommers habe ich mit ein paar Schweden rumgehangen, da habe ich welche gehört. Hast du Hendrix gehört?«
    »Irgendein Stück habe ich sicher mal gehört«, meinte Jouni ein wenig zögernd. »Ich interessiere mich nicht mehr so für Musik. Es gibt wirklich Wichtigeres.«
    »Alle reden über ihn«, fuhr Ariel fort, Jounis Bemerkung schien er überhört zu haben. »Aber ich habe mit ihm g-geredet, bevor er berühmt wurde! Auf der Bore III .«
    »Auf der Bore III ?« Jouni sah Ariel mit einem leichten Grinsen auf den Lippen an und dachte: Wie viel raucht der Typ eigentlich? Und was nimmt er sonst noch alles?
    »G-Grins nicht so«, sagte Ariel. »Es ist wahr! Als ich hergefahren bin. Ich habe auf der Levin für ihn gespielt, und er hat gesagt, dass ich gut bin! Da kannst du dich und deine F-Françoise Dor-lé-ac vergessen!« Ariel sprach den französischen Namen übertrieben korrekt und affektiert aus, aber sein Grinsen erstarrte, als er sah, wie Jounis scherzhafte Skepsis verschwand und etwas anderem wich.
    »Dorléac ist tot, Ariel«, sagte Jouni. »Sie hat sich im Juni tot gefahren.« Er spürte erneut das lähmende, eisige Gefühl im Körper, wie jedes Mal, wenn er sich an den Nachmittag im Restaurant Fiskartorpet erinnerte, als draußen der Schnee wirbelte, jedes Mal, wenn er sich daran erinnerte, wie sie sich im Chez Marius gegenübergesessen hatten, jedes Mal, wenn er daran dachte, wie sie neben ihm durch den Esplanadenpark gegangen war und die Ledermütze bis zu den Augen heruntergezogen hatte. Er ertrug es nicht, an sie zu denken, und er sah, dass sein schneidender Kommentar Ariel verwirrt und eingeschüchtert hatte. Deshalb fragte er schnell:
    »Weshalb haben sie Hurme eigentlich eingelocht? Hat er jemanden abgemurkst?«
    Es dauerte einige Sekunden, bis Ariel antwortete. »Nee«, sagte er dann und senkte die Stimme: »Sch-Schmuggel.«
    Es waren mehr Menschen ins Grigg’s gekommen, zwei von ihnen hatten sich an die Theke gesetzt, und Ariel musterte sie besorgt. Dann meinte er mit noch leiserer Stimme: »Ich kann hier nicht reden. Es ist zu gefährlich.«
    »Dann gehen wir woandershin«, erwiderte Jouni.
    Sie gingen zum Stureplan, nahmen anschließend die Birger Jarlsgatan, bogen jedoch unmittelbar danach rechts in den Park Humlegården. Unerschrocken kreuzten sie zwischen den Autos und Bussen, die immer noch vorsichtiger fuhren als sonst. Schaute man in die Fahrzeuge, sah man, dass viele Fahrer ein hochkonzentriertes und gleichzeitig etwas unsicheres Gesicht machten: Es war nicht leicht, sich an die neuen Bewegungsmuster und Ausweichregeln zu gewöhnen.
    Jouni trug den Gitarrenkoffer, und während sie so spazierten, erzählte Ariel ihm freimütig von seinen Schmuggelaktivitäten. Er beschrieb seine erste Reise nach Stralsund und erzählte von seiner Flucht auf die Ebene und dem Morgen dort. Er erzählte von der zweiten Reise, die sie einige Wochen später in derselben Besetzung, aber ohne den Direktor, unternommen hatten. Sie waren weit nach Norden gefahren, »wahrscheinlich waren wir schon irgendwo in der Nähe Ålands«, meinte Ariel, und hatten sich auf offener See mit einem finnischen Boot getroffen. Der finnische Kutter war mit Spezialkränen ausgestattet gewesen, und sie hatten bei ziemlich hohem Seegang 3 000 Liter russischen Wodka auf das Deck der Albatros gehievt. Die Kistenstapel hatten sie festgezurrt und Planen über sie geworfen, und dann war die Albatros nach Süden zurückgefahren, und alles war wie geplant gelaufen. Doch eine Woche später hatte sich eine Mannschaft, die aus dem Ringer, Hurme, Virta und einem Schiffer namens Berglund bestand, nur ein paar Seemeilen vor der gotländischen Küste mit einem finnischen

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