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Geh nicht einsam in die Nacht

Geh nicht einsam in die Nacht

Titel: Geh nicht einsam in die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Westoe
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die Lippen und nahm rasch einen Schluck.
    »Den Weinbrand? Den hab ich einem Typen in der Vasagatan abgekauft«, sagte Jouni.
    »Oh Scheiße«, meinte Ariel und verzog das Gesicht, »ich dachte, der wäre aus dem Alkoholladen. Bist du s-sicher, dass das Originalstoff ist? Außerdem habe ich das Radio gemeint und nicht die Flasche.«
    »Das Radio habe ich Kasurinen abgekauft«, sagte Jouni und schraubte an den Knöpfen, um einen Sender zu finden. Als ihm das nicht gelang, schaute er auf und fügte hinzu: »Er hatte es gerade geklaut.«
    »Und wo?«, wollte Ariel wissen. Jetzt hatte auch Adriana die Augen geöffnet.
    »Im Funk und Fernsehen, Antikainens Geschäft«, sagte Jouni.
    »Du bist echt bescheuert, Jouni«, sagte Adriana. »Jetzt hast du dich zum Hehler gemacht.«
    »Von Gesetzen hast du wirklich keine Ahnung«, konterte Jouni ruhig. »Hehlerei liegt vor, wenn man Diebesgut versteckt und verkauft, und nicht, wenn man es kauft. Ich kann immer sagen, dass ich im guten Glauben gehandelt habe.«
    »Hoffentlich weiß die Polizei nicht, dass Kasurinen und du einmal zur selben Gang gehört habt«, entgegnete Adriana. »Ich kapiere nicht, warum du es ihm abkaufen musstest, kannst du es dir wirklich nicht leisten, dir ein Radio zu kaufen?« Sie wandte sich Ariel zu, der hinter der Ledertasche hockte und einen weiteren Schluck aus der Schnapsflasche nahm, und fauchte ihn an: »Und musst du immer so verdammt saufen!«
    »Natürlich kann ich mir es leisten«, antwortete Jouni lässig, »ich hatte eben einfach Lust auf ein gestohlenes.« Er lächelte Adriana neckisch an, die ihm die Zunge herausstreckte und sein Lächeln erwiderte. Jouni schaltete das Radio ein und sagte:
    »Die Popparade fängt gleich an, ich werde mal sehen, ob ich den zweiten Sender hereinbekommen kann.«
    Er drehte an den Knöpfen, aber aus dem Radio drang weiterhin nur Rauschen. »Verdammt, ich hab doch neue Batterien eingelegt und alles!«
    »Die Popparade kann man sich eh nicht anhören, da läuft doch nur M-Mist«, sagte Ariel. Er legte sich wieder rücklings ins Gras, wandte das Gesicht der Sonne zu und seufzte zufrieden. Jouni verlor dagegen die Geduld mit dem widerspenstigen Radio und ließ seine Wut an den Damen der Heilsarmee aus, die immer wieder ihr Lied von der Perlenpforte sangen: Sie waren jetzt erneut bei dem Vers vom Himmel der tröstet und erquicket angekommen, den sie bereits bei Jounis Ankunft gesungen hatten.
    »Könnt ihr jetzt bitte mal das Maul halten!«, grölte er. Er stand auf, machte ein paar Schritte auf die Heilsarmisten zu und rief noch lauter: »Wenn der Himmel genauso langweilig ist wie euer Lied, werden sich die Leute lieber für das andere Hotel entscheiden!«
    Die Frau mit der Gitarre hörte auf zu spielen und sah Jouni ernst an. Sie trat ein paar Schritte vor und sagte laut, aber freundlich:
    »Gott wird sich Ihrer Seele erbarmen, junger Mann!«
    »Bilden Sie sich bloß nichts ein«, entgegnete Jouni. »Diese Seele bekommt er nicht! Die will nur Hitze und keine Erquickung haben!«
    Die Frau schaute traurig und schüttelte bedauernd den Kopf. Sie gab den beiden anderen ein Zeichen, schlug mit dem Daumen ein D-Dur-Arpeggio an, und schon ging das Lied weiter: Sie sangen die unterbrochene Strophe über Trost und Erquickung noch einmal von vorn. Da packte Jouni die Wut. Er eilte mit schnellen Schritten zu dem singenden Trio, entriss der Anführerin die Gitarre, zog das Schulterband unsanft über ihren Kopf, lief vor den Augen einer verblüfften Allgemeinheit mit der Gitarre davon – selbst die umnebeltsten Säufer rissen erstaunt die Augen auf –, gab sie Ariel und sagte: »Hier, geh zu ihnen und zeig den Hühnern mal, wie man richtig spielt!«
    Ariel und Adriana sahen Jouni ungläubig an.
    »Was ist denn heute mit dir los?«, erkundigte sich Adriana. Ringsum murmelten die Menschen leise, und viele schüttelten den Kopf, aber niemand wagte einzuschreiten. Einige Meter entfernt standen die Heilsarmisten und blickten ängstlich in ihre Richtung. Eine der Sängerinnen packte zwei Bibeln und eine Menge dünnerer Schriften in einen Sperrholzkoffer, aber es war eindeutig erkennbar, dass sie ohne die Gitarre nicht aufbrechen wollten.
    »Du bist doch nicht mehr ganz bei Trost«, sagte Ariel, »den Betschwestern eine Gitarre zu klauen! W-Was kommt als Nächstes, willst du in ein K-K-Kloster fahren und eine Nonne entführen?« Er stand auf und ging zu den Heilsarmisten. Die Gitarre hielt er so zärtlich im Arm, wie man ein Kind

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