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Geh nicht einsam in die Nacht

Geh nicht einsam in die Nacht

Titel: Geh nicht einsam in die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Westoe
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müssen, morgen vielleicht. Ariel schien jedoch nicht die Absicht zu haben, Jouni bloßzustellen, er sagte nur: »Ein Album … wir sollten ein Album aufnehmen.« Stenka wand sich, und sein Blick flackerte rastlos, als er antwortete: »Eine LP? Das … ich habe schon lange nicht mehr mit Untamo geredet. Und mit den anderen Jungs von Sonovox auch nicht, ehrlich gesagt. Aber die nächsten Wochen ist noch Urlaubszeit, dann sehen wir weiter.« Er entdeckte einige Mitglieder von Morning Crowd, die am anderen Ende des langen Balkons durch die Tür traten. Sie waren in Gesellschaft von Jugi Eskelinen und zwei blonden Mädchen in Jeans und ärmellosen Blusen. Stenka winkte ihnen eifrig zu. »Entschuldigt mich, ich will nur … wir reden später weiter«, sagte er schnell und zog mit Adriana ab.
    Diesmal legte sich Jounis Schüchternheit wesentlich schneller als bei der Party im Mai. Vielleicht wollte er auch nur nicht Gefahr laufen, auf noch einer Fete bei einem benebelten Ariel hängen zu bleiben: Jedenfalls verschwand Jouni Uolevi Manner nun mit einem Eifer und einer gewinnenden Art im Getümmel, die ihn selbst erstaunte. Ariel blieb in seiner Balkonecke, in der er noch Gitarre spielte, als Jugi Eskelinen eine gute halbe Stunde später zu ihm stieß. Ariel versuchte, die Akkorde und die Melodie zu finden, die ihm noch für den Song fehlten, den er Jouni versuchsweise vorgesungen hatte, und war nicht sonderlich gesprächig: Seine Wodkaflasche war schon leer, und die Branntweinpulle nur noch halb voll. Jugi Eskelinen hatte den Sommer über Musiker für ein Bandprojekt gesucht. Er hatte bereits einen Sänger, einen Bassisten und einen Schlagzeuger, aber ihm fehlten noch ein Organist und ein zweiter Gitarrist. Jugi wollte, dass die neue Gruppe mit dem vorläufigen Namen The Bukka Men sowohl Blues als auch Pop spielen sollte, aber auf eine erdigere und bissigere Art, als sie bisher jemand gespielt hatte, auf eine Art, die man am ganzen Körper spürte. Er hatte mit Alex Karjagin gesprochen und versucht, ihm auf den Zahn zu fühlen, ob Alex sich möglicherweise vorstellen könne, Instinct zugunsten eines neuen und ehrgeizigen Projekts zu verlassen? Jugi hatte erkennen müssen, dass Alex ein loyaler Mensch war, der seine Popband fast so sah wie ein Soldat im Krieg seine Einheit. Danach hatte Jugi mit Willehard Halén von Morning Crowd gesprochen, aber bei ihm war es das Gleiche: kaveria ei jätetä , einen Kameraden lässt man nicht im Stich. Daraufhin war ihm Ariel Wahl eingefallen, mit dem man nur schwer ins Gespräch kam und der zudem schwer einzuschätzen war, sich bei den Plattenaufnahmen im Mai jedoch als ein guter Musiker erwiesen hatte.
    Ariel stand nicht einmal auf, um ihn zu begrüßen, und blieb während ihres gesamten Gesprächs an die Balkonwand gelehnt sitzen und spielte ununterbrochen Gitarre.
    Jugi versuchte, an ihre gemeinsame Leidenschaft zu appellieren. »Das ist eine Levin«, sagte er. »Wo hast du die her?«
    »Mein Alter hat sie mir da gelassen«, antwortete Ariel kurz angebunden und spielte weiter.
    »Dein Alter war Gitarrist?«, versuchte Jugi es weiter.
    »Weiß der Teufel«, murmelte Ariel. »Meine Mutter behauptet, dass er Trompete gespielt hat.«
    »Wie bitte?«, fragte Jugi höflich.
    »Trompete. Er war Trompeter«, murmelte Ariel nur unwesentlich lauter. »Er ist bei einem Autounfall gestorben. In Schweden.«
    »Und warum dann die Gitarre?«, hakte Jugi nach.
    »Was weiß ich. V-Vielleicht war er ja hochbegabt«, meinte Ariel und lächelte schief und in sich gekehrt. Jugi beschloss, Ariels seltsames Verhalten zu ignorieren, und erzählte ihm energisch von The Bukka Men. Ariel schien eher zerstreut zuzuhören, aber seine Antwort war überraschend klar.
    »Ich weiß, wie gut du bist«, sagte er Jugi. »Und ich weiß, dass deine Band groß herauskommen wird. Aber ich will nur meine eigenen Lieder s-spielen. Für eine Band bin ich nicht geschaffen.«
    Als Ariel Jugi Eskelinens Angebot ablehnte, stieß Jouni in einem anderen Winkel der Wohnung auf Adriana. Ihre sonnige Laune war wie weggeblasen. Der Absatz ihrer rechten Sandale war abgebrochen, sie humpelte und schaute sich ununterbrochen um.
    »Irgendwo Waenerberg gesehen?«, fragte sie beiläufig aus dem Mundwinkel, als sie Jouni sah, der den Kopf schüttelte und in ihre braunen Augen schaute. Adriana nannte Stenka in letzter Zeit »Waenerberg«, wenn er nicht dabei war, sie hatte im Frühjahr damit angefangen und versuchte so wahrscheinlich zu

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