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Geh nicht einsam in die Nacht

Geh nicht einsam in die Nacht

Titel: Geh nicht einsam in die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Westoe
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steif und distanziert gegrüßt, und sobald er Ariel ansah, legte sich unweigerlich eine zugeknöpfte Miene auf sein Gesicht. Jetzt schaute er bedauernd.
    »Darauf bin ich nicht vorbereitet. Ich glaube nicht, dass ich passende Kleider dahabe.«
    »Ach, Quatsch«, sagte Adriana gespielt beiläufig, »irgendetwas wirst du schon haben. Oder Ari trägt seine eigenen Kleider. Komm, Ari, komm her, wir probieren es aus.«
    Komm, Ari, komm . Ariel sah erneut die Bilder in seiner Erinnerung vor sich und spürte ein Kribbeln im Magen und ein Zucken in seinem Schwanz in der schmutzigen Jeans. Er ging zu Adriana und setzte sich auf die äußerste Kante des Diwans, seine Hände ruhten unbeholfen im Schoß.
    »Zieh den Pullover aus«, sagte Adriana. Ariel trug einen dunkelblauen Wollpullover mit V-Ausschnitt und Mottenlöchern an Bauch und Rücken. Die Mottenlöcher waren groß, und unter ihnen leuchtete Ariels Lieblingshemd, das gelbbraun gestreifte, dessen formloser Kragen aus dem Halsausschnitt lugte.
    »Großer Gott«, sagte Karnow, als er das gelbbraune Kleidungsstück in all seiner verblichenen Pracht erblickte, »ich schaue mal nach, ob ich nicht doch was dahabe.«
    Er ging in ein Nebenzimmer und wühlte in einer Abstellkammer. Ariel versuchte Adrianas Blick einzufangen, was jedoch nicht einfach war, sie hatte eine Hand zum Mund gehoben, kaute auf dem Zeigefingernagel herum und sagte:
    »Hör mal, Ari, wo ist eigentlich das orangene Hemd? Das hast du schon lange nicht mehr angehabt.«
    Ariel schwieg einen Moment und sagte dann:
    »Ich hab es v-verkauft.«
    Adriana hörte, dass in seiner Stimme Scham mitschwang. »Und wem?«, fragte sie schneidend. »Und warum? Um Geld für Stoff zu haben?«
    »An Alex Karjagin«, murmelte Ariel. »Er mochte es.«
    »Tja, dann hoffe ich, dass du einen guten Preis dafür bekommen hast«, sagte Adriana und legte den Kopf ein wenig schief. »Ich hoffe, das war es wert.«
    Karnow kehrte mit einem ockerfarbenen Hemd, einem weißen Polo-Shirt und ein paar anderen Kleidungsstücken zurück. Er sah Ariel ausdruckslos an und zuckte mit den Schultern. »Probier die mal an«, meinte er und warf Ariel die Sachen zu.
    Während Ariel das weiße Polo-Shirt anzog, ging Karnow in eine andere Ecke des Studios und legte eine Platte auf. Ein schneller, Country und Western-artiger Rhythmus, eine quecksilberne und schrille Mundharmonika, eine hell klingende Gitarre, dann setzte der Gesang ein. The guilty undertaker sighs, the lonesome organ grinder cries … Während sich Blonde on Blonde auf dem Plattenteller drehte, machte Karnow Bilder von Adriana und Ariel, bis zu den letzten Tönen von Stuck Inside Of Mobile fotografierte er, war aber mit keiner einzigen Aufnahme zufrieden: In seine Stirn hatte sich eine tiefe Falte gegraben, und zwischendurch murrte er unzufrieden vor sich hin. Zum Abschluss schoss Karnow – es war Adrianas Idee – eine Reihe von Fotos, auf denen Ariel mit nacktem Oberkörper dastand, während Adriana sich in anmutigen Posen um ihn herum drapierte. Ariel gefiel es, Adrianas warme Finger auf seiner Schulter, dem Brustkorb, sogar um seine Hüften zu spüren. Auch Adriana schien sich dabei wohlzufühlen, ihre Anspannung und Enttäuschung darüber, dass Ariel das geschenkte Hemd verkauft hatte, waren wie weggeblasen, sie lachte und scherzte und schien nichts dagegen zu haben, flirtende und raffinierte Posen einzunehmen. Karnow dagegen wurde immer ärgerlicher. Seine Lippen waren dünner und seine Miene war zugeknöpfter als je zuvor, und er beschwerte sich laufend darüber, dass Ariel einen viel zu blassen Teint habe und schläfrig aussehe, obwohl es später Nachmittag sei, und zu allem Überfluss gab es auch noch einen Pickel auf seiner linken Schulter, einen großen, roten Klecks, an dem Adriana unbedingt liebevoll kratzen musste. Als sie sich umgezogen hatten und gehen wollten, würdigte Karnow Ariel nicht einmal eines Kopfnickens und berührte auch Adriana nicht so selbstverständlich und vertraulich wie sonst.
    Sie sahen Cul-de-Sac im Corona. Nach dem Film warteten sie auf die Straßenbahn ins Zentrum. Bis Weihnachten waren es noch gut zwei Wochen, aber es lag bereits viel Schnee, und es war kalt: Als sie an der Haltestelle warteten und sich unterhielten, dampfte es aus ihren Mündern, und Ariel hätte am liebsten die Zeitrechnung gestoppt, hier und jetzt den Augenblick eingefroren.
    »Was bedeutet der Titel?«, fragte er, in erster Linie, um überhaupt etwas zu sagen.
    »Cul-de-Sac? Das

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