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Geh nicht einsam in die Nacht

Geh nicht einsam in die Nacht

Titel: Geh nicht einsam in die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Westoe
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diese Lichtbrücke an, folgte ihrer Bahn, sah sie schweben und wie sie sich in eine schimmernde Milchstraße verwandelte, die sich höher und höher über der Stadt wölbte. Dann schüttelte er den Kopf und kehrte widerwillig zum Zwielicht und den langen Schatten unter den Bäumen zurück. Er machte auf dem Absatz kehrt und ging langsam nach Hause zu seiner Levin, der Impala, Lydia, Björk und dem Haschischversteck unter den Unterhosen im Schrank, heimwärts zu der Mischung aus schlimmen und guten Dingen, die sein Leben war.
    * * *
    In jenem Herbst und Winter ging es für Jouni stetig aufwärts. Er machte seine Reportagen, ohne sich zu überarbeiten. Es kam ihm vor, als hätten sich die Interviewten selbst befragt, als hätte sich die Analyse im Schlaf eingestellt, als hätte es die Beiträge von vornherein gegeben. Und seinen Erfolg spürte er am ganzen Körper. Eine starke Tiefenströmung trug ihn weiter, es spielte keine Rolle, ob draußen die Sonne schien oder ob es dunkel und neblig war, Jouni sprühte förmlich vor Energie und entwickelte schnell ein Selbstvertrauen, das ihn in den Redaktionssitzungen immer kühner handeln, immer provokativere und unkonventionellere Reportagen vorschlagen ließ. Anfangs wunderte es ihn, dass seine Vorschläge ausnahmslos angenommen wurden, aber er gewöhnte sich schnell daran, dass die Dinge so liefen, wie er es wollte. Er erkannte, dass es viele Gründe für seinen Erfolg gab, es lag nicht nur daran, dass er seine journalistischen Aufträge sorgfältig, kompetent und mit einem Quantum Fantasie erledigte, es gab noch andere Faktoren, die sich jedoch schwer bestimmen, schwer in Worte fassen ließen. Trotzdem ahnte er, dass diese untergründigen Ursachen seines Aufstiegs nicht so rätselhaft waren, wie sie erschienen: Es ging um klar erkennbare Dinge, um Charme, Ausstrahlung und Gefährlichkeit, um die Fähigkeit, sich auf seinem Stuhl zurückzulehnen und die langen Beine in perfekt lässiger Art auszustrecken, um die Fähigkeit, sein Anliegen mit natürlicher und fast beiläufiger Autorität vorzubringen. Bei Jounis Aufstieg ging es nicht nur um Scharfsinn und Fleiß, es ging auch um den Mut, zur morgendlichen Besprechung in einem sportlichen Samtjackett und einem karierten Hemd mit zwei offenen Knöpfen aufzutauchen, und darum, welche Ideen er Kantola, Friberg und seinen anderen Vorgesetzten präsentierte und wie er sie präsentierte. Und dann das Unausgesprochene, das Verbotenste: seine Fähigkeit, einem kritisch eingestellten Kollegen aus den Augenwinkeln einen wohltemperiert kühlen Blick zuzuwerfen, nicht offen drohend, aber doch so frostig, dass der Widersacher auf den Gedanken verfallen konnte, dass es da irgendwo eine unausgesprochene Drohung gab, ein fast geflüstertes Wenn ich wollte, könnte ich dir richtig wehtun . Oberflächlich betrachtet sah Jounis neue Welt völlig anders aus als die alte, die neue war diskret und zivilisiert und vertäfelt, sie roch nach Gesetzestexten und Berichten, während die alte nach Asphalt, Eisen und Pisse gerochen hatte. Unter der Oberfläche ging es dagegen genauso zu wie in den harten Vierteln, in denen er aufgewachsen war. Es galt das Recht des Stärkeren. Wer hart und rücksichtslos war und der Versuchung widerstand, Gnade zu zeigen, feierte große Triumphe. Der einzige Unterschied bestand darin, dass der Kampf hier, in dieser Welt, deren Türen ihm nun weit offen standen, verdeckter ausgefochten wurde, er lag unter einer Reihe zivilisatorischer Regeln verborgen, die man lernen musste, ehe man seine Gegner ausschalten und sich bedienen konnte. Aber auch in den Besprechungsräumen und während der Arbeitsessen wurden die gleichen alten Signale ausgesandt, es wurde die gleiche stumme Sprache gesprochen, die er auf Straßen und Hinterhöfen benutzt hatte. Jouni war nicht berechnend: Seine Art, Stärke und Zielstrebigkeit und Wenn-du-dich-mir-in-den-Weg-stellst-bringt-dir-das-nur-Ärger-ein auszustrahlen, kam aus dem Bauch heraus, sie war sein Erbe aus den Stadtteilen seiner Kindheit. In dieser Welt der weißen Hemden und der sorgsam gebundenen Krawatten gab es viel und große Angst, und er nutzte diese Furcht zu seinem Vorteil. Auch die Chefs, vor allem die in mittleren Positionen, waren leicht einzuschüchternde Menschen, die nicht begriffen, wie es ihnen gelungen war, dorthin zu gelangen, so dass sie chronisch fürchteten, ihre Stellungen zu verlieren. Man brauchte ihnen nur in die Augen zu sehen und selbstsichere Ruhe auszustrahlen,

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