Geh nicht einsam in die Nacht
letzten Satz gegeben hatte, und ihn gefunden:
»Nicht vorwerfen! Vorbereiten! Wie Sie machen, wenn Sie Ihre Rolle vorbereiten?«
Fräulein Dorléac hatte sich ein weiteres Mal gesammelt, zum Mikrofon vorgelehnt und eine lange und wogende Erklärung auf Französisch abgegeben. Jouni hatte während ihrer Antwort durchgeatmet und seine nächste Frage vorbereitet:
»Was lieben Sie, in Eisen zu legen, wenn Sie allein sind?«
»In Eisen legen?«, hatte Fräulein Dorléac gefragt und unverhohlen gekichert.
»Sie sprechen von jetzt an Englisch, Mr. Manner«, hatte Eaton-Jones erklärt, »sonst geht Mademoiselle.«
Das restliche Interview war ziemlich gut verlaufen. Jounis Englisch war fast so gut wie sein Französisch schlecht war, und Fräulein Dorléacs Englisch war auch nicht zu verachten gewesen. Es hatte sogar den Ansatz eines persönlichen Kontakts zwischen ihnen gegeben, jene Art von Vertrautheit, die sich zwischen Interviewer und Interviewtem ergeben kann, wenn es gut läuft. Bis sie sich verabschieden wollte und Jouni erneut beschloss, der französischen Sprache seine Ehre zu erweisen:
»Zur Besichtigung!«, hatte er gesagt und Fräulein Dorléacs Hand genommen und an seine Lippen geführt. Das war der Moment gewesen, in dem die Schauspielerin endgültig ihre Selbstbeherrschung verloren hatte. Sie hatte laut gelacht, und als sie einmal angefangen hatte, schienen bei ihr alle Dämme zu brechen: Sie hatte vor Lachen gequiekt, während Jouni seine Ausrüstung einpackte, und immer noch hilflos gekichert, als er dem grinsenden Eaton-Jones säuerlich zugenickt hatte und gegangen war.
Trotzdem – und das sagt sicher etwas über seine Offenheit und Neugier – saß Jouni nun, nur wenige Tage später, erneut Fräulein Dorléac gegenüber. Sie trafen sich zu einem frühen Abendessen im Chez Marius, und Jouni bestellte ein Steak mit Pfeffersauce, während Fräulein Dorléac sich nach Fisch erkundigte und Lachsfilet mit einer Sauce Hollandaise bekam. Diesmal kam Jouni kein Wort Französisch über die Lippen, wohingegen Fräulein Dorléac sich jedes Mal lebhaft mit dem Kellner unterhielt, wenn sich dieser ihrem Tisch näherte, und dann verstand Jouni kein Wort. Die restliche Zeit fiel es ihnen dagegen verblüffend leicht, sich auf Englisch zu unterhalten, vor allem, wenn man bedachte, dass Fräulein Dorléac fast ein Weltstar war – Jouni hatte inzwischen gründlichere Nachforschungen angestellt und erkannt, dass seine Verabredung auf dem besten Weg war, ganz groß herauszukommen – und die Fremdsprache in französischer Manier aussprach, mit rollendem R und der Betonung auf der letzten Silbe der Worte. Jouni hatte Ariel angerufen (er hatte ihn von der Arbeit angerufen, da er ja schlecht über Fräulein Dorléac sprechen konnte, wenn Terhi ihn hörte) und ihm erzählt, mit wem er dinieren würde. Er hatte sich einen triumphierenden Tonfall gegönnt, und Ariel war neidisch geworden, hatte ungläubig geschnaubt und gesagt, Wer’s glaubt, wird selig, Jone . Immerhin hatte Ariel erst vor ein paar Monaten Françoise Dorléacs letzten Film gesehen, und selbst wenn sich Dorléac – wider Erwarten – in Helsingfors aufhalten sollte, um einen Agententhriller zu drehen, ging sie bestimmt nicht mit jemandem wie Jouni Manner im Marius essen, ennemmin oriillekin lasvaa tissit – eher wachsen einem Hengst Titten. »Na, dann komm eben vorbei und sieh selbst, verdammt!«, hatte Jouni erwidert, und seine Stimme war voller Übermut gewesen, »wir setzen uns ans Fenster, geh einfach irgendwann nach sechs auf der Straße vorbei.« Als er und Fräulein Dorléac nun dort saßen und mit ihren Weingläsern anstießen, warf Jouni von Zeit zu Zeit verstohlene Blicke über ihre Schulter auf die Mikaelsgatan hinaus, aber von Ariel war nichts zu sehen. Terhi hatte Jouni mitgeteilt, er werde mit einem Informanten essen. Er arbeitete an einem Beitrag über die Geldgier von Versicherungen und hatte sie angelogen, als er von der Arbeit heimkam und sich in seinen Anzug warf, um in die Stadt zurückzufahren. »Ein ehemaliger Versicherungsagent hat mir versprochen auszupacken«, hatte er weitergesprochen, »das wird eine Riesensache.« »Und warum bespritzt du dich mit einer halben Flaschen Tabac Original, wenn du mit einem Versicherungsagenten essen gehst?«, hatte Terhi gesagt. Darauf war Jouni keine passende Antwort eingefallen, und er hatte nur gemurmelt, dass er noch den Bus verpassen werde, und war hinausgeeilt.
Da saßen sie nun also,
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