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Geh nicht einsam in die Nacht

Geh nicht einsam in die Nacht

Titel: Geh nicht einsam in die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Westoe
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Englisch sprach: Sein Akzent war gröber, wahrscheinlich britisch. Aber Ariel verstand nicht, worüber sich die Männer unterhielten, er schnappte nur einzelne Worte auf. Jimi Hendrix sah in Wirklichkeit kleiner und schmächtiger aus, und den anderen kannte Ariel nicht, jedenfalls war es weder Mitchell noch Redding, denn dieser Mann hatte ziemlich kurze Haare und trug ein ganz gewöhnliches kariertes Flanellhemd. Ariel dachte fieberhaft nach. Kurz darauf stand er auf und ging in den Korridor hinaus. Er wartete ein paar Minuten, kehrte zurück und versuchte, wie jemand auszusehen, der sich gerade erleichtert hatte. Lässig warf er sich auf einen Stuhl, der Hendrix und dem anderen um einiges näher stand. Jetzt hörte er besser.
    »Irgendwo außerhalb der Stadt. Ein rundes Haus in der Nähe eines Strands, ich glaube, es war ein Hotel, Red Room oder so ähnlich«, sagte Hendrix. Er nuschelte ein wenig, aber Ariel war sich nicht sicher, ob er getrunken hatte oder ob es einfach seine Art war zu sprechen. »Anyway«, fuhr Hendrix fort, »wir kamen nicht rein. Chas war schon da und versuchte, mich und die Ladies reinzuschleusen. Aber es ging nicht. Der Typ an der Tür hatte ein Face wie ein Schwein und verstand kein Wort Englisch. Er hatte so viel Schiss, dass er sich fast in die Hosen gemacht hätte.«
    »Weil du schwarz bist, natürlich«, sagte der andere.
    »Ja, klar«, bestätigte Hendrix. »Oder wegen den Bräuten. Weißt du, das waren ein paar stone-cold crazy chicks.«
    »Und wo hattest du die aufgegabelt?«, fragte der andere.
    Hendrix warf einen kurzen Blick auf Ariel und sagte: »Das weiß ich nicht mehr. Ich war ziemlich high.«
    Der andere hatte eine Zeitung vor sich, und während er sich unterhielt, blätterte er zerstreut darin. Nun zeigte er auf ein Foto in der Zeitung und sagte: »Ich glaube, hier steht, dass Jayne Mansfield diese Woche in Stockholm ist, genau wie wir. Sogar am selben Ort, Gröna Lund.«
    »Jayne Mansfield? Ich hab mal auf einer Single von ihr die Leadgitarre gespielt«, sagte Hendrix. »Aber das weiß sie bestimmt nicht mal. Weißt du, wenn ich manchmal daran denke, was ich schon alles gemacht habe, nur um Essen auf dem Tisch zu haben …«
    »Glaubst du diesen Quatsch, dass sie einen IQ von einhundertsechzig hat und mit dem Satanisten LaVey zusammen gewesen ist?«
    »Nay, man«, antwortete Hendrix. »Die Leute lieben es, Bullshit über andere zu verbreiten. Aber warum soll sie nicht clever sein, obwohl sie große Titten hat. Ich bin ja auch ziemlich clever, obwohl ich ein großes Ding habe.« Er warf einen weiteren und forschenden Blick auf Ariel und fuhr fort: »Wollen wir gehen? Ich muss ein paar Stunden pennen.«
    Ariel hatte viele Minuten überlegt, wie er Jimi Hendrix ansprechen sollte. Er verfluchte sich dafür, dass er den schweren Gitarrenkoffer in die Gepäckaufbewahrung gegeben hatte: Mit der Levin hätte er sich Hendrix nähern können, doch nun, mitten in der Nacht, war der Ausgabeschalter geschlossen. Irgendetwas wollte er trotzdem darüber sagen, wie fantastisch das Konzert gewesen war und dass er selbst Gitarre spielte und von etwas Ähnlichem geträumt hatte, von einem stärkeren und sensibleren Sound, der mehr ausdrücken sollte, unendlich viel mehr als die Popmusik bis dahin hatte ausdrücken können. Und jetzt wurde die Zeit knapp, denn Hendrix und der andere waren bereits aufgestanden und wollten gehen.
    »J-J-J …«, setzte Ariel an, blieb aber stecken und brachte das Wort you nicht heraus. Er suchte nach einem anderen ersten Wort mit einem Vokal am Anfang und nahm einen neuen Anlauf: »A-A-A.«
    Im selben Moment kamen Hendrix und der andere an seinem Tisch vorbei, und Hendrix sah ihn mit freundlichen, aber müden Augen an. Der Satz, den Ariel sich zurechtgelegt hatte, lautete I was in your concert , aber er kam nie dazu, Hendrix anzusprechen, denn der Gitarrist klopfte ihm freundlich auf die Schulter und sagte: »Immer schön cool bleiben, mein Junge.«
    Damit verschwanden Hendrix und der andere im Korridor wie zwei Trugbilder, als hätte es sie nie gegeben. Ariel blieb in dem stillen Café sitzen, sah die dunkelblaue Farbe des Meeres verblassen, sah das Wasser im Morgenlicht glitzern, erst glitzerte es silbern und bald darauf, als sich die Sonne hochgekämpft hatte, golden.

7
    IN JENEN JAHREN HIELTEN sich etwa zweihundert Finnen, vor allem Männer, aber auch ein paar Frauen, in der Gegend um Slussen in der Stockholmer Innenstadt auf. Slussen war eine

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