Geh nicht einsam in die Nacht
Sterlings, und kurz vor Geschäftsschluss versuchte er in einem Laden in der Drottninggatan, einen Plattenspieler zu stehlen, wurde aber erwischt. Die Mods waren über diese Art von Aufmerksamkeit wenig erfreut, und so begann ein Prozess, im Laufe dessen Ariel bei ihnen schnell zu einer unerwünschten Person wurde. Marga behauptete plötzlich, er sei seltsam, und nannte ihn einen verdammten Finnen, und kurz darauf nahm Ronny den Platz auf ihrer fleckigen Matratze ein und stierte ihn immer bösartiger an. Ariel bekam Angst und steuerte erneut Slussen an, wo Hurme ihn wie einen verlorenen Sohn mit offenen Armen empfing. Er arbeitete wieder als Schnapsdealer, hing bei Hurme in Bandhagen herum, lehnte aber immer öfter die Schnapsflaschen ab, die in Hurmes kärglich eingerichteter Bleibe zirkulierten. Stattdessen zog Ariel seine kleine Maiskolbenpfeife heraus und verkündete, er werde sich stattdessen eine kleine Bombe gönnen. Das interessierte niemanden, denn dies waren Kreise, in denen man jedes Rauschmittel benutzen durfte, ohne dass sich irgendwer einmischte: Manche nahmen Amphetamine und schliefen so gut wie nie.
In der dritten Juliwoche vertraute Hurme Ariel an, dass er ihn als Handlanger für einen Job im Ausland empfohlen und der Ringer seine Zustimmung signalisiert habe. Der Job werde anständig bezahlt und sei ein Kinderspiel, erläuterte Hurme, es komme lediglich darauf an, die Anweisungen zu befolgen und keine Fragen zu stellen. Außerdem sei es wichtig, vorher und hinterher die Schnauze zu halten, ergänzte Hurme warnend, würde Ariel das hinbekommen? »K-Klar, kann ich die Gitarre bei dir l-lassen?«, antwortete Ariel und nahm den Job an. So kam es, dass er Gotland und das Meer vor Stralsund sah und Neues über seinen toten Vater Lennart erfuhr.
Das Konzept war simpel. Als Hurme beschrieb, wie alles ablaufen sollte, war Ariel benebelt von Haschisch und Wein, kapierte aber dennoch, wo es langging. Der Ringer und ein ebenso geheimnisvoller Boss, der Johtaja , der Direktor, genannt wurde, benutzten die Fischerhäfen im Südosten Gotlands, um Wodka, Zigaretten und Drogen zu schmuggeln. Die Bosse verbargen sich hinter mehreren Strohmännern, man kontaktierte gotländische Fischer über Bekannte von Bekannten von Bekannten und ließ ihre Boote die südliche Ostsee hinab oder zur Mündung des Finnischen Meerbusens hinauffahren und nicht näher spezifizierte »Waren« abholen. Den weniger seriösen Schiffern gegenüber gab man gelegentlich zu, dass es sich um Wodka und Zigaretten handelte, aber dass sich in der Fracht auch Narkotika befanden, verriet man keinem: Der Stoff war selbst unter Kriminellen umstritten, und das Risiko, dass jemand singen würde, war groß. Die Fischerboote kehrten immer nachts zurück, woraufhin die Fracht in einen wartenden Liefer- oder Lastwagen umgeladen wurde, der anschließend die Morgenfähre nach Stockholm nahm. Die Kontrolle der Fähren zwischen Gotland und Stockholm war im Vergleich zu den Zolleinsätzen gegen die Finnlandfähren und Passagierschiffe, die zwischen der Westküste und Norwegen, Dänemark und England verkehrten, ein Witz.
Um zu überwachen, dass alles mit rechten Dingen zuging und die Schiffer nicht versuchten, Geschäfte auf eigene Rechnung zu machen, entsandten der Direktor und der Ringer immer einen ihrer zuverlässigsten Männer. Hullu-Hurme gehörte zu ihnen, und die anderen Mithelfer waren aus dem gleichen Holz geschnitzt wie er: Es waren Männer, die nur einmal in Aktion treten mussten, um eine besinnungslose Furcht zu wecken, die sich anschließend in bedingungslosen Gehorsam verwandelte. Darüber hinaus entsandte man zwei oder drei Handlanger, und Ariel wurde einer von ihnen. Auch unter den Handlangern sollte es möglichst einen Rohling geben, einen skrupellosen Schläger, dem in der Regel jedoch die sadistische Raffinesse Hurmes und der anderen Bosse fehlte. Die restlichen Handlanger konnten dann ruhig lammfromm sein, selbst ein weichlicher Träumer wie Ariel kam in Frage, immerhin gehörte er nicht zum Abschaum, da er sich nicht um den Verstand gesoffen hatte, zumindest noch nicht.
Die erste Fahrt sollte nach Stralsund gehen. Dem Fischer, dessen Boot das Kennzeichen VY 218 hatte und Albatros hieß, hatte man 4 000 Kronen dafür versprochen, »ein paar Kisten« abzuholen. Sein Vorgänger, der im Frühjahr an einem Herzanfall gestorben war, hatte die Fahrt immer von Ronehamn aus angetreten. Der neue namens Woldemar Olsson benutzte den nördlicher
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