Geheimakte Proteus
eine geschlossene Tür zu. Wieder ein Stöhnen. Sie stand steif und reglos da, lauschte, die Hand auf halbem Weg zur Türplatte. Die sonst rote Anzeigeplatte war schwarz, und das bedeutete, dass die Tür nicht versperrt war.
Tristan war da drinnen … veränderte sich. Sie konnte sich nur ausmalen, wie das aussehen musste. Dabei brauchte sie bloß die Türplatte zu berühren und würde zusehen können. Würde sie jemals wieder eine solche Gelegenheit bekommen? Es könnte schrecklich sein, faszinierend.
Sie zog die Hand zurück. Nein … wenn Tristan gewollt hätte, dass sie es sah, hätte er vor ihr gefluxt.
Lani ging ins Wohnzimmer zurück. Und wartete.
13
Verschwitzt und müde saß Tristan auf der Bettkante und trank aus einem frischen Konzentratbehälter. Drei Fluxe in acht Stunden … eine Belastung, die an seinem Körper nicht spurlos vorübergegangen war. Es war ein Gefühl, als würde jede einzelne Zelle in seinem Körper protestieren.
Und es war noch nicht vorbei. Möglicherweise würde es notwendig sein, zur ersten Masque des Tages zurückzufluxen – zu der, die Lani Trev nannte. Wenn er sie finden konnte.
Ein großes Wenn – ein wichtiges Wenn. Aber wenn ihm das nicht gelang, würde er vielleicht Flagge Quarter nicht mehr verlassen können.
Tristan leerte den Konzentratbehälter, stand dann auf und vergewisserte sich durch einen Griff an seinen Schenkel, dass das Transportpflaster noch da war. Ja, die Probe von dem Katzenauge war noch da.
Sein Blick fiel im Spiegel auf seinen neuen Körper. Gut, wieder ein Mann zu sein, einen kräftigen, mesomorphischen Körperbau zu haben. Er würde ebenso wie Eels Dohan Lee werden, aber nicht so massig – Kampfmimiks wurden speziell auf Masse gezüchtet. Er seufzte. Die geniale Teresa Goleman, die inzwischen nicht mehr unter den Lebenden weilte, hatte die Gesetze der Genetik neu geschrieben, aber an der Erhaltung der Masse hatte sie nichts ändern können. Überschüssige Masse konnte entlang der langen Knochen gelagert werden, aber wenn ein Genotyp mehr Masse erforderte, als ein Mimik besaß … nichts zu machen.
Doch für den Augenblick war das ohne Belang. Falls er nicht in die Arena geriet, würde niemandem etwas auffallen, da war sich Tristan ziemlich sicher.
Wenigstens schien diese Schablone psyckerfrei zu sein. Entweder war sie gut geschrubbt, oder Eel hatte sie schon so lange in seinem Besitz gehabt, dass sich alle Persönlichkeitsüberreste verflüchtigt hatten.
Er fand einen schwarzen Jumpsuit in Eels Kleiderschrank und schlüpfte hinein. Zunächst war der Jumpsuit zu weit, aber das Smartfabric passte sich schnell den neuen Körperformen an. Er schnappte sich den roten Clingsuit, den er vor dem Flux abgelegt hatte, drückte die Türplatte und ging ins Wohnzimmer.
Lani sprang von ihrem Stuhl in die Höhe und trat ein paar Schritte zurück, das Gesicht totenbleich, die Augen geweitet.
»Das sind doch Sie, oder?«, rief sie und streckte dabei die Hand aus, wie um ihn abzuwehren. »Bitte. Sagen Sie mir, dass Sie es sind!«
»Ja, ich bin es.« Was war denn nur mit ihr los?
»Nein! Sagen Sie mir Ihren Namen.«
»Mein Name? Tristan. Und ich bringe Ihnen Ihren Clingsuit zurück.«
Sie schloss die Augen und atmete tief durch. »Bitte, tun Sie das nicht!«
»Was soll ich nicht tun? Sie wussten doch, dass ich in die Dohan-Lee-Schablone fluxe. Wen hatten Sie denn erwartet?«
»Ich weiß nicht. Ich hatte noch nie mit einem Mimik zu tun. Gerade noch sind Sie Trev, dann sind Sie ich, und jetzt sind Sie der Mann, den wir ins Hinterzimmer getragen haben. Einen Augenblick lang dachte ich, er sei zurückgekommen, um -«
»Aber dann müsste er ja im Neutralzustand sein.«
»Ich weiß, ich weiß, aber das ist alles so furchtbar verwirrend.«
Tristan musste lächeln. »Willkommen in meiner Welt.«
Er griff nach Eels Garderobe, legte die beschreibbare Schablone mit Lanis Genom zu den anderen und sah sich dann um, ob Eel vielleicht irgendetwas hatte, das er brauchen könnte. Er kam sich vor wie ein Dieb.
Besonders widerwärtig war es ihm, Eels Garderobe zu nehmen. Als Arenakämpfer besaß Eel sicherlich ein ganzes Sammelsurium von Schablonen und vermutlich auch Duplikate davon. Trotzdem – einen Mimikkollegen seiner Werkzeuge zu berauben und ihn einfach im Neutralzustand liegen zu lassen … so etwas gehörte sich nicht.
Er steckte die Garderobe ein und nahm sich fest vor, eine Möglichkeit zu finden, um sie zurückzugeben. Um das Bild zu
Weitere Kostenlose Bücher