Geheimakte Proteus
schätze ich«, sagte Gabby. »Dieses Gaunerpack holt auf, Partner.«
Tristan hatte vergessen, dass sein PDA noch aktiviert war.
Er wollte ihn gerade abschalten, als er einen weiteren Schweber unmittelbar vor sich entdeckte, der mit blitzenden Lasern auf ihn zugeschossen kam, als ob er vorhätte, ihn zu rammen.
»Du machst wohl auf verrückt, was?«, murmelte Tristan. Er war jetzt in Kampfstimmung. »Dann zeige ich dir, was wirklich verrückt ist.«
Er klappte seine Zieloptik aus, visierte den heranbrausenden Schweber an und begann, selbst den Abzug zu betätigen, als sie einander näher rückten.
Seine Laserschüsse waren genauso ungezielt wie die der anderen auch – er war nie ein besonders guter Schütze gewesen –, aber er drückte ständig ab und erfüllte den Luftraum vor sich mit tödlichen Lichtblitzen.
Näher … näher …
Tristan hatte nicht vor, den Kurs zu wechseln.
Das musste dem anderen Piloten schließlich klar geworden sein, und er bog in letzter Sekunde ab.
»Vielen Dank!«, flüsterte Tristan.
Er atmete aus und merkte erst jetzt, dass er die Luft angehalten hatte. Das war verdammt knapp gewesen. Er war schließlich nicht hier, um seinen Mut zu demonstrieren. Er hatte eine Virenprobe und eine Datameisterschablone bei sich, die er abliefern sollte. Das war sein Auftrag – das war der Grund seines Hierseins.
Aber er würde sich unter keinen Umständen lebend fangen lassen.
Eine Gruppe von Schwebern tauchte unmittelbar vor ihm auf. Zu viele für irgendwelche Heldentaten. Er sah sich gezwungen, in eine nach Westen führende Straße einzubiegen.
»Du solltest jetzt aufpassen, Partner«, sagte Gabby. »Ich schätze, die wollen dich in die Enge treiben.«
»Aus!«, rief Tristan, der inzwischen eine freie Querstraße gefunden hatte und wieder nach Süden jagte.
Er kämpfte gegen den Impuls an, höher zu steigen, wo er sich keine Sorgen um Beschuss aus Seitenstraßen zu machen brauchte – wo sie ihn direkt angreifen mussten. Aber er wusste auch, dass der Grenzwall nicht mehr weit entfernt sein konnte, und dort würden sicherlich starke Batterien auf ihn warten und vermutlich auch ein paar intelligente Flugkörper. Hoch oben und allein würde er dort die perfekte Zielscheibe darstellen.
Also ging er fast auf Straßenniveau, wurde dabei aber nicht langsamer. Die Zähne zusammengebissen, starr nach vorn blickend, den Joystick in der schweißnassen Hand, ihn immer wieder hin und her bewegend, links, rechts, vor und zurück, wich Tristan dem Boden- und Luftverkehr mit der Geschwindigkeit einer Gewehrkugel aus. Das Plärren der Hupen und die weißen Gesichter, die ihn anstarrten, erschreckt, wütend oder beides, mit offenen Mündern hinter den Fenstern der Fahrzeuge, die er anstieß und aus dem Weg drängte, nahm er nur undeutlich wahr.
Noch tiefer – die Bodenpartie seines Schwebers scharrte über das Pflaster, und er sah eine Mutter, die einen Kinderwagen unmittelbar vor ihm über die Straße schob. Ihr entsetztes Gesicht wurde zu einer Grimasse des Schreckens, und Tristan schrie, riss den Schweber in eine 360-Grad-Rolle, verfehlte sie nur um Millimeter.
Ich werde es nicht schaffen, dachte er. Ich komme da nie raus.
Zu tief, das war nicht gut, ein wenig höher, und dann ein Passagier-Shuttle, das um eine Ecke bog, geradewegs auf ihn zu. Er sah, wie die Passagiere sich duckten, um Deckung zu suchen, als er den Schweber auf die Seite kippte und versuchte, sich vorbeizuzwängen. Beinahe hätte er es geschafft, aber dann streifte die Fensterverkleidung an seiner Beifahrerseite die obere hintere Ecke des Shuttle und riss ab. Wind pfiff durch den Riss herein.
Plötzlich wurde der Verkehr dünner, und die Gebäude begannen, kleiner zu werden, Hochbauten wichen halb hohen Gebäuden und wenig später den hässlichen Flachbauten von Lagerhäusern. Und dann war die Mauer unmittelbar vor ihm, und er wusste, dass sie dort auf ihn warteten. Aber würden sie auch schießen? Schließlich würde er dann nicht bloß Zivilisten rings um sich haben, sondern auch Leute von der Polizei würden in der Schusslinie sein. Nach allem, was er bis jetzt gesehen hatte, war Tristan sich keineswegs sicher, dass sie nicht schießen würden. Er konnte nur hoffen.
Nicht, dass es jetzt noch etwas zu bedeuten hatte. Er hatte sich festgelegt – er würde entweder über die Mauer fliegen oder gegen sie prallen.
Plötzlich musste er an Lani denken, an das Versprechen zurückzukehren, das er ihr gegeben hatte. Wenn ich tot
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