Geheimakte Proteus
vorbei.
Fast zu Hause, dachte er.
»PDA«, flüsterte er – er hatte es aufgegeben, nach Regis zu rufen.
Ein eckig wirkender Mann mit einem weißen T-Shirt, dunkler Weste und einem flachen Filzhut wurde flackernd sichtbar.
»Hey-hey, Tristy- boy! Was kann ich für dich tun, alter Kumpel?«
Tristan seufzte. Wieder ein alter Avatar. Würde sein PDA jeden Einzelnen aufrufen, den er jemals gehabt hatte?
»Such mir die nächste Rohrbahnstation.«
Der Plan der Freizone erschien. Wie üblich war er der rote Punkt. Ein grüner Punkt begann am südwestlichen Rand der Karte zu blinken. Die Karte weitete sich aus, bis er seine unmittelbare Umgebung auf Schirmbreite sehen konnte.
»So, das wär’s, Kumpel. Luftlinie lumpige 0,4 Kilometer bis zur nächsten Einfahrt. Auf der Straße sind es 0,75 Kilometer. Überhaupt kein Problem.«
»Großartig.«
Er musste also bloß die Rohrbahnstation erreichen, und dann würde er innerhalb weniger Minuten wieder in Kaze Quarter sein.
Eine wahrhaft erstaunliche Leistung. Vielleicht würde er Lani wirklich wieder zu sehen bekommen. Und vielleicht würde er dann ein freier Mimik sein, wenn er sie wiedersah, sich kaum von einem Menschen unterscheiden -
»Das ist alles – aber lass die Karte da.«
»Ganz wie du willst, Tristy- boy!«
Tristan ging auf die Straße zu und bog nach links. Während er sich durch den dichten Fußgängerverkehr der Freizone kämpfte, mitten in der Schar vergnügter Menschen, die jetzt aus dem Theater strömten, das er gerade verlassen hatte, benutzte er die Kartenprojektion, um die kürzeste Route zu finden.
»Sein Schweber ist leer, Sir.«
»Verdammt!«, murmelte Streig.
Alles war so gut gelaufen, und jetzt …
»Finden Sie ihn«, sagte er. »Mir ist völlig egal, wen Sie verstümmeln, foltern oder töten müssen, um das zu schaffen. Finden Sie ihn!«
»Ja, Sir. Wir werden ihn wieder in Flagge haben, ehe -«
»Nein, Sie retrogenomischer Plasmid! Sie rühren ihn nicht an! Er darf nicht einmal merken, dass Sie ihn entdeckt haben. Finden Sie ihn, und dann kommen Sie zu mir. Den Rest erledige ich.«
Tristan arbeitete sich durch die Freizone, kam schnell voran, als er plötzlich jemanden sagen hörte: »Hey, was machen diese Mistkerle hier?«
Tristan sah in die Richtung, in die der Mann zeigte, und erstarrte. Ein Schweber der Flagge-Polizei hing in zehn Metern Höhe hinter ihm über der Straße. Die Leute schimpften, drohten dem Polizeifahrzeug mit erhobenen Fäusten, aber die Polizisten in dem Schweber achteten nicht auf sie, sondern fuhren fort, die Straße abzusuchen, musterten die Gesichter unter ihnen.
Tristan wandte sich ab und eilte noch schneller auf die Rohrbahnstation zu. Nicht zu schnell. Nur zügig.
Ich kümmere mich um meine Angelegenheiten.
Und was ist, wenn sie die Rohrbahnen überwachen?, fragte er sich.
Die Sicherheitskräfte von Flagge hatten in der Freizone keinerlei Zuständigkeit. Aber da die Freizone über keine nennenswerte Polizei verfügte, und da er keinen privaten Sicherheitsdienst unter Vertrag hatte, der diese Schläger daran hindern würde, ihn festzunehmen und nach Flagge Quarter zurückzuschleppen …?
Freizonler hassten traditionsgemäß alle Sicherheitskräfte und alle Gloms. Sie würden sich zusammenrotten und schreien und drohen, wenn sie sahen, dass die Polizei von Kaze oder Flagge jemanden festnahm, aber sie waren weder tapfer noch dumm genug, Leib und Leben für jemanden aufs Spiel zu setzen, den sie nicht kannten.
Tristan hatte die nächste Kreuzung halb erreicht, als er dicht hinter der Kreuzung einen zweiten Straßenschweber sah, der auf ihn zukam.
Ohne sich äußerlich etwas anmerken zu lassen, bog er in die schmale Seitengasse zu seiner Linken und schlüpfte in die ihm Sicherheit verschaffende Dunkelheit. Er hielt das für eine recht kluge Maßnahme, aber als er sich umsah, bemerkte er eine in einen Umhang gehüllte Gestalt, die ihn von der anderen Straßenseite her fixierte.
Als die Gestalt erkannte, dass er auf sie aufmerksam geworden war, drehte sie sich um und entfernte sich schnell.
Hatte man ihn entdeckt? Was war der Sinn dieses Umhangs? Eine Sekte vielleicht? Ein Imagist?
Das war das Letzte, was er jetzt brauchen konnte.
Tristan hastete durch die Seitengasse und versuchte jede Tür, an der er vorbeikam … doch alle waren abgeschlossen. Und kein einziges Fenster.
Und dann endete die Gasse plötzlich – eine Sackgasse.
Der Lichtschein aus ein paar erleuchteten Fenstern im ersten
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