Geheimauftrag: Liebe
mir nie gesagt. Er, Howard und Granville wussten, dass ich es nicht billigen und nicht dulden, sondern sie zwingen würde, die Sache zu beenden. Deshalb wurde ich nicht eingeweiht.«
»Sie haben auch mir oder sonst jemandem nichts verraten«, warf Penny ein.
Nicholas nickte. »Ich habe es vergangenen Dezember herausgefunden, als ich ihn zufällig im Priesterversteck entdeckte, wie er gerade seine Pillendosen bewunderte. Natürlich war eine solche Sammlung verdächtig und musste erklärt werden. Auf diese Weise erfuhr ich davon.«
Charles zögerte kurz: »Ihr Vater hat sich aus dem Ministerium 1806 zurückgezogen?«
Ohne die Augen zu öffnen, nickte Nicholas erneut. »Da war ich bereits dort tätig und weit genug oben in der Hierarchie, um regelmäßig Depeschen und Ähnliches mit nach Hause nehmen zu müssen, um sie für den Minister zu analysieren.« Er seufzte. » Und eine Weile, fast noch ein Jahrzehnt, hat er heimlich einen Blick in diese Unterlagen geworfen, um Material für weitere Informationen zu bekommen. Ich habe nie Verdacht geschöpft …«
»Warum auch?« Charles ging auf und ab. »Als Gimby getötet wurde, da hätten Sie eigentlich wissen müssen, um was es ging. Warum sind Sie nicht einfach abgereist?«
Nicholas verzog den Mund. »Granville lebte nicht mehr und Howard auch nicht. Die Franzosen kennen mich zwar nicht, aber ich bin davon ausgegangen, dass sie mich auf jeden Fall als Mitwisser oder gar als Beteiligten verdächtigen. Als dann der Mord an Mary geschah, wurde mir klar, dass der Täter auch an die Pillendöschen heranwollte.« Er zuckte die Achseln, fuhr zusammen, weil es schmerzte, und hielt kurz die Luft an. »Es schien mir klüger, hierzubleiben und ihm ein Ziel zu bieten … Außerdem waren Sie ja ebenfalls hier.«
»Besser hier als in Amberly oder London?«
Nicholas’ Lippen zuckten, doch er schwieg.
Charles sah zu Penny, las ihre Sorge; Nicholas wurde zusehends schwächer. »Als Nächstes müssen wir alles Dalziel berichten – darum kümmern wir uns morgen. Es gibt nichts weiter zu tun heute Nacht – wir können genauso gut zu Bett gehen.«
Nicholas nickte, öffnete die Augen und versuchte sich aufzusetzen.
Charles schob eine Hand unter seinen Arm und half ihm auf die Füße. Nicholas wankte leicht, fing sich wieder. »Danke.«
Penny erhob sich ebenfalls, um gemeinsam mit Charles ihren verletzten Cousin die Treppe hinaufzugeleiten. Oben angekommen lächelte Nicholas müde, aber auch leicht belustigt, salutierte ihnen. »Von hier aus schaffe ich es alleine.«
Penny richtete sich auf die Zehenspitzen, legte ihm eine Hand auf den Arm und küsste ihn auf die Wange. »Pass auf dich auf. Läute, wenn du Hilfe brauchst. Charles hat überall Wachen postiert, im und ums Haus, die die ganze Nacht über ihre Runden drehen. Wundere dich also nicht, wenn du Schritte hörst. Wir sehen uns zum Frühstück.«
Nicholas nickte und wandte sich ab. Sie schauten ihm nach, wie er langsam zu seinem Zimmer ging, die Tür öffnete und hineintrat.
Gemeinsam wandten sie sich in die andere Richtung, um sich Arm in Arm zu ihrem Zimmer zu begeben.
Zehn Minuten später schlüpfte sie unter die Decke, schmiegte sich an Charles. Er lag auf dem Rücken, die Hände unter dem Kopf verschränkt, starrte zur Decke. Sie legte eine Hand auf seine Brust und richtete sich weit genug auf, um ihm ins Gesicht zu sehen. »Was denkst du?«
Sein Blick hielt sie umfangen. »Das kommt mir so seltsam vor, dass ich, obwohl ich ihn anfangs wenig leiden konnte und ihn sogar verdächtigte, nunmehr ein gewisses Mitgefühl für den guten alten Nicholas empfinde.« Seine Lippen kräuselten sich. Er zog die Hände unter seinem Kopf vor, schlang seine Arme um sie und hob sie an, sodass sie auf ihm lag. »Armer Kerl. Er musste mit der ungestümen Ader der Selbornes fertigwerden – und das, obwohl er dem leider so gar nicht gewachsen war.«
Sie hob eine Braue. »Du dafür umso mehr, oder?«
Er zeigte sein teuflisches Lächeln und schob sie zurecht. »O ja.«
19
Am nächsten Morgen trafen sie alle am Frühstückstisch wieder zusammen und berieten über ihr weiteres Vorgehen. Nicholas und Charles würden einen detaillierten Bericht für Dalziel verfassen, während sich Penny in der Zwischenzeit der Aufgabe widmete, eine vollständige Liste der Pillendosen anzufertigen.
Charles bestand weiterhin auf Wachen, die regelmäßige Kontrollgänge unternahmen, sowohl im Haus als auch außen. »Wir wollen bei ihm keinen Zweifel
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