Geheimauftrag: Liebe
jemand dahintersteckt.«
»Hm, wie also können wir mehr von ihm erfahren?«
Charles widerstand der Versuchung, seine Lösung sofort auf den Tisch zu legen. Noch nicht – erst sollte sie nachdenken, die Möglichkeiten gegeneinander abwägen, alles durchdenken. Wenn sie ihm selbst die Antwort lieferte, die er hören wollte, umso besser. »Es gibt immer noch die anderen Banden, mit denen man sprechen kann. Je mehr wir über Granvilles Aktivitäten herausfinden, desto günstiger stehen unsere Chancen, über einen Hinweis zu stolpern. Aber dass Nicholas drinhängt,
das ist sicher, und so kann es nicht schaden, ihn zu beobachten.«
Er stellte seine Tasse ab, schob seinen Stuhl zurück. »Ich habe noch ein paar Schreibsachen zu erledigen. Wenn dir etwas einfällt, findest du mich im Arbeitszimmer.«
Damit stand er auf und verließ den Frühstückssalon, genau wissend, dass er sie überrascht hatte. In der Halle traf er auf Filchett, der eine Kanne frischen Kaffee in der Hand hielt. Er trug ihm auf, ein Tablett ins Arbeitszimmer zu bringen und ging hinter dem Butler her.
Penny blieb am Frühstückstisch sitzen, nippte von ihrem Tee, aß von ihrem Toast und versuchte dahinterzukommen, was Charles im Schilde führte. Zum Schluss beschloss sie, es sei nie klug, die Gunst der Götter zu hinterfragen. Sie stand auf und begab sich in den Salon, einen sonnigen, warmen und sehr weiblichen Raum, den seine Mutter, seine Schwestern und seine Schwägerinnen benutzten, wenn sie sich im familiären Kreis entspannen wollten. Jetzt war er verlassen.
Sie setzte sich auf die Polsterbank vor dem Fenster, schaute über die gepflegten Rasenflächen und überlegte, was zu tun sei. Was sie tun könnte.
Jahrelang war sie es gewöhnt gewesen, ein Auge auf die Gutsverwaltung zu haben, doch seit Amberlys Leute die Aufsicht über Wallingham übernommen hatten, war ihr Aufgabenbereich darauf beschränkt worden, sich um ihr eigenes Erbe, Elaines und das ihrer Halbschwestern zu kümmern – und bei der Führung des Haushalts zur Hand zu gehen. In der Abbey indes hatte sie gar nichts zu tun, keine Aufgabe. Müßiggang aber machte sie unruhig. Sie fühlte sich rastlos und nutzlos. Zu nichts gut, weil sie nichts zu tun hatte.
Zehn Minuten vergingen, ehe ihr die Stille um sie herum wirklich auffiel. Im Haus waren keine anderen weiblichen Bewohner, nur sie.
In Ermangelung der Möglichkeit, ihren eigenen Haushalt zu führen, sprach doch nichts dagegen, sich in Abwesenheit von Charles’ Familie um den Haushalt zu kümmern und die zahllosen Arbeiten zu überwachen, damit in der Abbey alles seinen geordneten Gang ging.
Mrs. Slattery hätte gewiss nichts dagegen.
Sie erhob sich und machte sich auf, die Haushälterin zu suchen.
Im Arbeitszimmer notierte Charles, was sie letzte Nacht herausgefunden hatten und was er Dalziel bei seinem nächsten Bericht mitteilen wollte. Nachdem das erledigt war, lehnte er sich zurück und überdachte seine Pläne für Penny. Trotz seiner persönlichen Absichten in Bezug auf sie, hätte er sie, wenn es möglich wäre, aus seinen Ermittlungen gerne herausgehalten. Sie am liebsten zu seiner Mutter nach London geschickt – mit der strikten Anweisung, hinter Schloss und Riegel im Haus zu bleiben, bis er sie holen kam.
Eine verlockende Vorstellung, nur leider keine, die sich verwirklichen ließ. Und angesichts dessen, was er bei ihr erreichen wollte, auch keine kluge Idee.
Wenigstens wusste er jetzt um sein persönliches Ziel. Vielleicht halfen die gemeinsamen Ermittlungen ja sogar, sie ein wenig abzulenken und sie privat in die gewünschte Richtung zu steuern.
Von Penny wandten sich seine Gedanken dieser undurchschaubaren Verratsgeschichte zu. Er überlegte, was sie ihm erzählt hatte, und es schien ihm, als ob die Teile des Puzzles nicht zueinanderpassten oder als ob ein wichtiges Stück fehle.
Sie schien es akzeptiert zu haben, aber seine Erfahrung beharrte darauf, dass Teile, die nicht passten, bedeuteten, dass er irgendwelche Zusammenhänge nicht richtig erkannte.
Granville konnte er nicht mehr befragen. Allerdings gab es
eines, was sich überprüfen ließ. Nachdem er eine Viertelstunde nachgedacht hatte, holte er ein frisches Blatt Papier hervor und setzte sich hin, um zwei Briefe zu schreiben. Den einen an seine Mutter, den anderen an ihre alte Freundin Helena, die Duchess of St. Ives.
Wenn irgendjemand die Umstände von Granville Selbornes Tod zu klären vermochte, dann war es Devil Cynster, mittlerweile
Weitere Kostenlose Bücher