Geheimauftrag: Liebe
schon da und wartete. Penny kam herein, nickte ihm zu und schenkte Filchett ein Lächeln, bevor sie auf dem Stuhl Platz nahm, den er ihr hinschob, goss sich dann eine Tasse Tee ein und bediente sich mit einer Scheibe Toastbrot.
Charles beobachtete sie. Er hatte wenig Schlaf gefunden in der letzten Nacht und daher viel Zeit zum Nachdenken gehabt, auch über die Widersprüchlichkeit ihrer Reaktion auf ihn.
Vor dreizehn Jahren war er davon ausgegangen, dass es ein für alle Mal vorbei sei mit ihnen, dass sie nach ihrem ersten und einzigen Liebesakt mit ihm fertig war, ihn nie wiedersehen, nie wieder mit ihm sprechen oder überhaupt nie wieder etwas mit ihm zu tun haben wollte. Diese Botschaft hatte ihn klar und deutlich erreicht, aber aus der Distanz. Sie vermied es fortan, ihm alleine zu begegnen.
Deshalb konnte er die Wahrheit nicht erkennen. Dass sie nie aufhörte, ihn zu begehren. Sie hatte ihn erfolgreich auf Abstand gehalten, bis der Dienst am Vaterland ihn endgültig ihren Augen entzog.
Sie war vor ihm davongerannt. Aus Angst vor irgendetwas, das er nicht verstand. Ursprünglich dachte er, ihre ablehnende Haltung hinge mit dem körperlichen Schmerz zusammen, aber er war sich nie ganz sicher gewesen. Es schien so gar nicht zu der Penny zu passen, die er kannte, doch wie konnte er es erfahren, wenn sie sich weigerte, darüber zu reden?
Wenn er jetzt über die Frage nachdachte, entdeckte er noch andere Aspekte – ihr Streben nach Unabhängigkeit, ihren Stolz und eine unerwartete Sinnlichkeit –, warum sie sich gegen ihn gewandt haben mochte, aber er maßte es sich nicht mehr an, den komplizierten Wegen ihres Verstands folgen zu wollen. Das genau war sein Fehler vor dreizehn Jahren gewesen – und er beabsichtigte nicht, ihn zu wiederholen.
Falls es irgendwelche Probleme gab, würde er sie dazu bringen, sie ihm in unmissverständlichen Worten zu sagen. Er konnte nicht zulassen, dass sie ihn ablehnte; er war nicht gewillt, ein knappes Nein als Antwort zu akzeptieren. Dieses Mal sprach vieles zu seinen Gunsten: Sie waren alleine, ihre Familie, ein Haufen Frauen, die in bester Absicht ständig seine Pläne durchkreuzten, hielt sich in London auf. Nur er und sie und niemand sonst. Er würde schlicht nicht dulden, dass sie – die einzige Frau für ihn – ihm noch einmal entwischte.
Solchermaßen gewappnet hatte er die frühen Morgenstunden damit verbracht zu entscheiden, wie er weiter vorgehen sollte. Wie er sie verführen konnte. Allerdings fand er es unpassend, solange sie unter seinem Dach wohnte. Dieses Problem also galt es zu lösen.
Er wartete geduldig und gelassen, den Blick auf sie gerichtet. Filchett, der die gespannte Stimmung richtig deutete, ließ sie allein, um frischen Kaffee zu holen.
Penny bestrich ihren Toast mit Butter, griff nach der Marmelade. Nach letzter Nacht hatte sie den festen Entschluss gefasst, ihre Begegnungen mit Charles auf das Gebiet der Ermittlungen zu beschränken. Und ausreichend Abstand zu ihm zu halten, solange es irgendwie möglich war.
Er hatte ihre Zurückweisung gestern Nacht hingenommen, aber sie verspürte nicht den Wunsch, diese Erfahrung zu wiederholen, denn dadurch würde sie aufs Neue in Versuchung geführt. Und wer weiß, ob ihre Kraft das nächste Mal reichte.
Zudem verspürte sie keinen Ehrgeiz, ihm als seine Geliebte auf Zeit das Bett zu wärmen, wenn er sich hier aufhielt. Nur um wieder alleine zu sein, sobald er nach London zurückkehrte – und auf ewig einsam, falls er dort eine passende Braut fand.
Sie schaute auf und blickte ihn entschlossen an. »Wie wollen wir herausfinden, wie Granville mit den Franzosen Kontakt aufgenommen hat?«
Von der anderen Seite des Tisches erwiderte er ruhig: »Ich glaube nicht, dass uns viele Möglichkeiten offenstehen, außer einfach weiterzufragen und vielleicht etwas deutlicher und direkter vorzugehen.«
Er schaute nach unten, strich mit seinen langen Fingern müßig über seine Kaffeetasse.
Plötzlich merkte sie, dass sie mit den Augen wie gebannt den Bewegungen dieser Finger folgte, und hob rasch den Kopf.
»Eines noch: Ich denke, wir müssen Nicholas mehr Aufmerksamkeit schenken.«
Sie schluckte. »Falls er weiß, wie Granville es angestellt hat?«
»Ich bezweifle, dass er es weiß. Wenn dem so wäre, würde er nicht so viele Fragen stellen und nicht überall. Aber es ist natürlich möglich, sogar wahrscheinlich, dass er einen Teil des Puzzles kennt – er weiß wenigstens genug, um zu begreifen, dass noch
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