Geheimauftrag: Liebe
Duke of St. Ives. Er hatte nämlich einen Kavallerietrupp angeführt, um die Verteidiger von Hougoumont zu entlasten; er würde also Näheres wissen oder Überlebende kennen, die die entsprechenden Angaben machen konnten.
Charles hatte Granville nicht sonderlich gut gekannt. Vielleicht hatte Penny ja recht mit der Charakterisierung ihres Bruders, doch ihm selbst schien der Widerspruch zwischen Geheimnisverrat und freiwilliger Meldung für die Schlacht zu groß, um diesem Umstand keine Bedeutung beizumessen.
Wenn sie herausfinden konnten, wie genau Granville gestorben war, mochte das auch Licht auf die andere Sache werfen und ihn vielleicht von einem ungerechtfertigten Verdacht befreien. Seine Erinnerungen an Pennys Vater passten ebenfalls nicht zu einem kaltblütigen, jahrelang praktizierten Landesverrat.
In der Hitze des Gefechts endete alle Falschheit. Wenn Granville bis zu seinem Tod unerschütterlich gegen den Feind gekämpft hatte, dann fiel es ihm, egal was Penny davon hielt, schwer zu glauben, dass er wissentlich Verrat beging.
Er hatte gerade erst sein Siegel mit dem Wachs auf den Stapel Briefe gedrückt, als Filchett klopfte und eintrat.
»Lady Trescowthicks Kutsche nähert sich auf der Auffahrt, Mylord. Sind Sie zu sprechen?«
Charles hob beide Brauen. »Ich vermute, dass sollte ich besser.«
Damit erhob er sich und ging, um Ihre Ladyschaft zu empfangen,
eine Busenfreundin seiner Mutter und zudem die Mutter seiner Schwägerin Annabelle – kein Wunder, dass sie von seiner Anwesenheit wusste. Was sie nur wollte?
Er blieb in der Halle stehen und gab einem der Lakaien, der gerade aus der Küche kam, einen Auftrag. Der Mann verbeugte sich und ging. Filchett, der seine Worte gehört hatte, warf ihm einen überraschten Blick zu. Charles beachtete ihn nicht weiter, setzte ein freundliches Lächeln auf und ging, um die Lady zu begrüßen.
Amarantha Trescowthick war entzückt, als er ihr aus der Kutsche half und sie die Eingangsstufen hochgeleitete.
»Aber ich kann wirklich nicht lange bleiben, mein Junge ... Oh!« Sie legte sich eine Hand auf den Busen. »Es ist so schwer, daran zu denken, dass du nun der Earl bist. Solch eine Tragödie – erst Frederick, dann der arme liebe James. Ich habe keine Ahnung, wie deine Mutter es geschafft hat, nicht den Verstand zu verlieren, sie war ja so tapfer. Aber wenigstens du hast überlebt und stehst bereit, das Regiment zu übernehmen. Ich habe nie daran gedacht, dass ich dich einmal mit Mylord ansprechen würde – wenn ich daran denke, wie du dich als Junge in jedes haarsträubende Abenteuer gestürzt hast.«
»Das sind nun einmal die Unwägbarkeiten des Schicksals«, erwiderte Charles, der sich der Tatsache sehr wohl bewusst war, dass Amaranthas Tochter zwar immer noch den Titel Countess trug, jedoch nicht die Mutter des nächsten Earl sein würde.
»Welchem Umstand verdanke ich die Ehre?«, erkundigte er sich, während er die ältere Dame ins Haus führte.
»Ich werde morgen Abend eine kleine Gesellschaft geben, nur die bekannten Gesichter aus der Gegend, diejenigen von uns, die nicht nach London gefahren sind – und da möchte ich dich ausdrücklich einladen. Es wird eine ausgezeichnete Gelegenheit für dich sein, uns besser kennenzulernen. Himmel«, sie
fixierte ihn mit einem gestrengen Blick, »schließlich haben wir dich aus irgendeinem Grund kaum zu sehen bekommen seit deiner Rückkehr.«
Sein charmantestes Lächeln aufsetzend verbeugte er sich. »Morgen Abend passt ausgezeichnet.«
Ihre Ladyschaft blinzelte kurz und lächelte strahlend, nachdem sie sich offenbar innerlich für einen Kampf gewappnet hatte. »Ausgezeichnet. Nun gut …«
Sie brach ab und folgte der Richtung seines Blickes, als er zur Rückseite der Eingangshalle schaute.
Die filzbezogene Tür dort öffnete sich, und Penny trat hindurch. Sie sah ihn, nicht aber die Lady, die ihren Blicken durch die Treppe entzogen war.
Penny lächelte. »Da bist du ja.« Sie machte einen Schritt auf ihn zu.
Lady Trescowthick beugte sich vor und spähte um die Treppe herum. »Penelope?«
Einen spannungsgeladenen Moment starrten die beiden Damen einander an, und eindeutig stellten beide Mutmaßungen an. Dann wurde Pennys Lächeln breiter, und sie kam weiter auf sie zu.
»Lady Trescowthick! Wie reizend, Sie zu sehen. Ich hoffe, Sie haben mich nicht auf Wallingham Hall gesucht – ich bin schon den ganzen Morgen über hier und berate mich mit Mrs. Slattery wegen eines Rezepts für Quittenmarmelade, das
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