Geheimbünde: Freimaurer und Illuminaten, Opus Dei und Schwarze Hand (German Edition)
von Bouillon überging. Damit wäre die Heilige Stadt im Juli 1099 von einem direkten Nachfahren Jesu aus den Händen der Heiden befreit worden. Nach seiner Ernennung zum Regenten des neuerrichteten Königreiches von Jerusalem habe Gottfried einen Geheimbund gegründet: die Prieuré de Sion, die «Bruderschaft von Zion», benannt nach ihrem Ordenshaus, das auf dem Berge Zion lag. Einzige Aufgabe der Ordensmitglieder: der Schutz der Blutlinie Jesu. In Organisation und Aufgabe vergleichbar mit den späterenTempelrittern, steht auch der Prieuré seit ihrer Gründung ein Großmeister vor.
Durch die Vermittlung von de Sède lernt der englische Journalist den damals amtierenden Großmeister des Ordens kennen, einen Mann namens Pierre Plantard. Dieser gibt Lincoln zunächst nur zögerlich Auskunft über die geheime Organisation. Doch er macht ihn auf das erstaunliche Zusammentreffen von Ereignissen aufmerksam. So erscheinen nur wenige Jahre nach Gottfrieds Einnahme von Jerusalem die ersten Zeugnisse der sogenannten Gralslegende in Europa.
Die Legenden beschreiben den Gral als wundertätiges Gefäß, das zusammen mit einer blutenden Lanze in der Burg des Gralskönigs aufbewahrt und von Gralsrittern bewacht wird. Seinem Besitzer soll das Gefäß ewige Lebenskraft spenden. Viele Ritter begeben sich auf die Suche nach dem Heiligen Gral, doch nur wenige Auserwählte können ihn finden. Dabei wird das Gefäß allmählich mit dem Kelch gleichgesetzt, den Jesus beim letzten Abendmahl verwendete und in dem Josef von Arimathäa am folgenden Tag das Blut des Gekreuzigten auffing. Dem Großmeister der Prieuré zufolge kein Zufall, denn ursprünglich sei der Heilige Gral oder «San Greal» eine Umschreibung des «Sang Real», des «Heiligen Blutes», der Erben Jesu gewesen.
Dank Plantard kommt Lincoln auch den Aufzeichnungen eines Mannes auf die Spur, der sich bereits vor ihm mit der Geschichte der Prieuré befasste. Unter dem Schlagwort «Geheime Dokumente» findet der Journalist in den Archiven der Nationalbibliothek den Nachlass von Henri Lobineau. Seine «geheimen Dossiers» enthalten nicht nur Hinweise darauf, dass sich die Blutlinie Jesu über die Habsburger in viele europäische Königshäuser ausbreitete, sondern auch eine Liste der Großmeister der Prieuré. Sie liest sich wie ein «Who was Who» herausragender Persönlichkeiten der vergangenen Jahrhunderte, darunter Leonardo da Vinci, Isaac Newton, Claude Debussy, Victor Hugo und Jean Cocteau. Fast alle waren nicht nur für ihre Genialität bekannt, sondern auch für ihre Konflikte mit der katholischen Kirche. Einige Werke Victor Hugos standen jahrelangauf dem Index. Sir Isaac Newton kam bei seinen Untersuchungen zu der Überzeugung, dass die Dreifaltigkeitslehre nichts anderes als Häresie sei, und Jean Cocteau stellte einmal lakonisch fest: «Christi Niederlage war nicht die Kreuzigung, sondern der Vatikan.»
Die Feindschaft des Vatikans gegen die Träger und Beschützer der Blutlinie Jesu ist auch der Hauptgrund für die strikte Geheimhaltung der Prieuré. Mehr als einmal sollen die Nachfolger Petri versucht haben, die Nachkommen Jesu auszulöschen. Schon bei der Ermordung des letzten Merowingerkönigs, Dagoberts II., habe der Papst die Hand im Spiel gehabt, damals gab es den schützenden Orden noch nicht. Gut hundert Jahre nach Einführung der Prieuré wurde in Jerusalem ein neuer Orden gegründet, die Templer. In den ersten Jahrzehnten nach der Gründung soll deren Großmeister zugleich auch der Großmeister der geheimen Bruderschaft gewesen sein. Und obwohl sich die Wege der beiden Orden laut den Dokumenten der Prieuré bereits Ende des 12. Jahrhunderts wieder trennten, soll der Abbé Saunière die Aufdeckung des Geheimnisses der Nachfahrin eines Tempelritters verdanken.
Der sechste Großmeister des Templerordens, Bertrand de Blanchefort, damals auch noch Großmeister der Prieuré, habe das Geheimnis um die Blutlinie Jesu kurz vor seinem Tod im Jahre 1069 seinem ältesten Sohn anvertraut, und dieser sei bei seinem Tod genauso verfahren. In der Folge sei das Wissen von Generation zu Generation gewandert, bis mit der Bewohnerin des Schlosses Hautpoul, Marie de Negri d’Ables, Freifrau von Hautpoul de Blanchefort, die letzte Nachfahrin des Großmeisters ohne männlichen Erben starb. Deshalb habe sie sich kurz vor ihrem Tod im Jahre 1781 ihrem Beichtvater, dem Abbé Bigou, mit der Bitte anvertraut, das Geheimnis seinerseits an einen geeigneten Hüter weiterzugeben.
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