Geheimcode Makaze
und mit verkniffenem Mund am Ufer stand.
Als die drei Männer den Pier entlangliefen, ging die Tür eines kleinen Gebäudes am Fuß der Klippe auf, und ihr Gastgeber kam heraus, um sie zu begrüßen. Dae-jong Kang war zweifellos eine imposante Gestalt. Mit einer Körpergröße von einem Meter achtzig und neunzig Kilo Gewicht war er für einen Koreaner geradezu massig. Aber es waren vor allem die strenge Miene und der stechende Blick, die von einem unbändigen Willen kündeten. Ein einstudiertes, aber unechtes Lächeln half ihm, wenn nötig, manches Hindernis zu überwinden, doch er wirkte auch stets distanziert, strahlte eine Eiseskälte aus, die ihn wie eine Wolke umgab. Er war ein Mann, der jeden seine Macht spüren ließ und keine Angst hatte, sie einzusetzen.
»Willkommen, meine Herren«, sagte Kang mit aalglatter Stimme. »Ich hoffe doch, Sie hatten eine angenehme Reise?«
Die drei Männer, allesamt führende Parteifunktionäre und Mitglieder der südkoreanischen Nationalversammlung, nickten einhellig. Der älteste der drei Politiker, ein kahlköpfiger Mann namens Jungnok Rhee, antwortete in ihrer aller Namen. »Mit so einem herrlichen Boot ist eine Fahrt auf dem Han der reinste Genuss.«
»Es ist mein bevorzugtes Transportmittel, wenn ich nach Seoul muss«, erwiderte Kang, als wolle er durchklingen lassen, wie sehr ihn der Flug mit seinem Privathubschrauber langweilte.
»Hier entlang«, sagte er und deutete auf das kleine Gebäude am Fuß der Klippe.
Die drei Politiker folgten ihm gehorsam an einem Kontrollposten vorbei und durch einen schmalen Gang zu einem Aufzug, dessen Schacht aus dem Felsgestein gehauen war. Die Besucher bewunderten ein altes Gemälde von einem Tiger, das an der Rückwand hing, während der Fahrstuhl sie rasch nach oben beförderte. Als die Tür aufging, traten sie in ein weitläufiges, prachtvoll ausgestattetes Esszimmer. Durch die vom Boden bis zur Decke reichende Glaswand hinter einem eleganten Mahagonischreibtisch bot sich ein atemberaubender Ausblick auf das Delta des Han, wo der große Strom ins Gelbe Meer mündete. Zahllose verwitterte Sampans und kleine Frachtboote, die sich mit ihren Handelswaren flussaufwärts nach Seoul kämpften, säumten den Horizont. Die meisten Boote hielten sich dicht am Südufer des Flusses, weit weg von der unsichtbaren Demarkationslinie zu Nordkorea, die mitten durch den Fluss verlief.
»Ein unglaublicher Ausblick, Mr. Kang«, stellte der größte der drei Politiker fest, ein Mann namens Won Ho.
»Ich genieße ihn sehr, da er freien Blick auf beide Teile unseres Vaterlandes gewährt«, erwiderte Kang mit einem gewissen Nachdruck. »Nehmen Sie bitte Platz.« Er winkte ihnen zu, dann setzte er sich an die Kopfseite des Tisches. Eine Schar livrierter Diener trug edle Weine und köstliche Gerichte auf, während sich die Gespräche der Männer mehr und mehr um Politik drehten. Würzige Düfte verbreiteten sich in dem Raum, als sich die Männer an
Daiji-bulgogi
, mariniertem Schweinefleisch in scharfer Knoblauchsoße, und
Jachae gui
gütlich taten, diversem mariniertem Gemüse. Kang spielte den geselligen Gastgeber, bis seine Gäste genügend intus hatten und allmählich auftauten, dann setzte er das Messer an.
»Meine Herren, es wird höchste Zeit, dass wir uns ernsthaft um die Wiedervereinigung unseres Vaterlandes bemühen«, sagte er langsam und betont. »Ich als Koreaner weiß, dass wir ein Volk sind, eine Sprache sprechen, eine Kultur pflegen und in unserem Herzen vereint sind. Als Geschäftsmann wiederum weiß ich, wie viel stärker wir wirtschaftlich auf dem globalen Markt auftreten könnten. Die chinesisch-amerikanische Gefahr, die lange Zeit als Rechtfertigung dafür diente, dass unser Land als Faustpfand der Supermächte herhalten musste, besteht nicht mehr. Wir hätten die Ketten der Fremdherrschaft längst abwerfen und das tun sollen, was für Korea das einzig Richtige ist. Die Bestimmung unseres Landes liegt in der Einheit, und wir sollten jetzt die Gelegenheit dazu ergreifen.«
»Uns allen liegt die Wiedervereinigung unseres Heimatlandes am Herzen, doch die unbesonnene politische Führung und das gewaltige Militärpotential des Nordens erfordern ein vorsichtiges Vorgehen«, erwiderte der dritte Politiker, ein wachsam wirkender Mann namens Kim.
Kang tat den Einwand mit einer unwirschen Handbewegung ab. »Wie Sie wissen, habe ich unlängst an einer vom Ministerium für die Wiedervereinigung veranstalteten Besichtigungsreise durch
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