Geheimcode Misty Hazard (German Edition)
Tasche und zählte von dem Bündel zehn 500er-Scheine ab, die sie wortlos neben der Teekanne auf den Tisch warf. Wieder ein Blick des Mannes. Ein Funkeln in einem Auge. Dann grinste er breit und entblößte zwischen dem Bart eine Reihe goldener Schneidezähne. Er richtete sich auf, drehte sich zum Tisch um und klatschte in die Hände.
»Willkommen in meinem Haus, Frauen.« Er sprach langsam und betont. Offenbar hatte er erkannt, dass Eileen keine Einheimische war, machte darüber jedoch keine Bemerkung. Eileens Arabisch beschränkte sich auf ein paar Brocken, doch in der Art und Weise, wie der Mann es aussprach, konnte sie noch mühelos folgen.
Seine eigene Frau kehrte mit zwei weiteren Bechern, Kandis und einer Wasserpfeife zurück. Sie bot ihnen zwei Stühle vor dem Couchtisch an. Meryem setzte sich rittlings auf einen der beiden. Eileen wollte zunächst stehen bleiben, tat es dann jedoch der Libanesin gleich.
»Ich bin Abu al-Asaad. Was kann ich für unsere ruhmreiche Armee tun?«, fragte der Mann.
Abu , dachte Eileen. Vater.
»Hauptmann Taha und Unteroffizier Farid.« Meryem deutete zuerst auf sich, dann auf Eileen. »Ein Informant bei der Direction de la Sécurité d’Etat hat uns berichtet, dass Sie für einen amerikanischen Professor als Führer gearbeitet haben.«
Al-Asaad steckte die Banknoten ein und schürzte die Lippen. »Ich arbeite für viele Leute als Fremdenführer.«
Meryem beugte sich vor. »Der Mann heißt John Hardy. Erinnern Sie sich?«
Der Syrer klopfte auf die Geldscheine unter seinem Kaftan. »Fällt mir schwer.«
Meryem zog das AN-94 von der Schulter und legte es auf ihren Schoß. Sie wiederholte die klopfende Bewegung und wandte den Blick um keinen Deut von al-Asaad ab. Der Kerl hatte die Geste offensichtlich verstanden. Er schluckte und deutete auf die Teebecher vor ihnen. Meryem trank ihn pur, während Eileen zuerst zwei Stücke Kandis in den Becher fallen ließ, ehe sie den starken Schwarztee kostete. Er schmeckte zu bitter, aber er belebte sie.
»Haben Sie ein Foto von dem Mann?« Al-Asaad wechselte unvermittelt ins Englische. Auch wenn es ziemlich gebrochen klang, bezweckte er damit höchstwahrscheinlich, unliebsame Zuhörer aus seiner Familie fernzuhalten. Zwar verdrängte Englisch mehr und mehr das Französische in Syrien, war aber anscheinend in al-Asaads Familie noch nicht sehr gebräuchlich.
Meryem nickte Eileen zu, die ihre Hand an den Sendeknopf ihres Ohrstöpsels hob und Verbindung mit Gwen aufnahm.
»Ich brauche ein relativ aktuelles Foto von Hardy.«
Es klickte im Ohrhörer. »Ich hab ein Porträt aus dem Jahrbuch der Universität Pittsburg. Ist aus dem letzten Jahr, etwas verwaschen.«
»Das muss genügen.«
»Schick ich dir auf den Blackberry«, sagte Gwens Stimme in Eileens Ohr.
Weniger als zwanzig Sekunden darauf kündigte das Smartphone einen Dateieingang an. Eileen rief den Anhang aus Gwens E-Mail auf den Schirm und drehte das Display in al-Asaads Richtung. Der Mann hob die Brauen und strich sich mit einer Hand durch den langen, krausen Bart.
»Das ist Mahdi ben Antaradus. Ja, ich kenne ihn. Ich habe ihn nach Palmyra geschickt.«
»Wo ist das?«, fragte Eileen auf Englisch.
»Im Landesinneren«, sagte Meryem. »Vielleicht zweihundert Kilometer von hier.« Sie wandte sich al-Asaad zu. »Was will er dort?«
Der Mann hob die Hände. »Inschallah! Ich weiß es nicht. Er hat gut bezahlt. Ich sollte für ihn einige Besorgungen machen und ein Fahrzeug organisieren. Darüber hinaus habe ich für ihn Unterlagen von der Universität in Damaskus angefordert. Ich selbst habe ihn nicht nach Palmyra begleitet.«
Eileen nippte an dem starken Tee und beschloss, noch etwas Kandis nachzufüllen, um den bitteren Geschmack zumindest etwas zu neutralisieren. »Was für Unterlagen waren das?«
Wieder hob al-Asaad die Arme, senkte sie jedoch augenblicklich, als er mit einem Mal direkt in die Mündung der AN-94 von Meryem Taha blickte. Er beugte sich vor und stützte die Hände auf seinen Oberschenkeln ab.
»Es ging um archäologische Unterlagen. Einen Fund an der Küste von Tartus. Über tausend Jahre alte Knochenreste, die an die Universität von Damaskus überstellt wurden.«
»Und?«, hakte Eileen nach, als al-Asaad nicht weitersprach.
»Ben hat mich nicht informiert, was er damit beabsichtigte. Er studierte die Unterlagen, stellte Fragen und sagte, die Spuren führten nach Palmyra. Mehr weiß ich nicht. Und ich weiß auch nicht, warum er sich Sohn von Tartus
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