Geheimcode Misty Hazard (German Edition)
sich gezogen, sodass der Aufmarsch der syrischen Truppen ins Stocken geraten war. Die wenigen unverletzten Soldaten kümmerten sich um ihre Kameraden. An ein weiteres Vorrücken war im Moment nicht zu denken. Damit hatte sie Eileen und den anderen etwas Zeit verschafft, um John Hardy zu finden. Allerdings galt diese Einschränkung weder für die Osprey des Generals, die sich unaufhaltsam Palmyra näherte, noch für den Hind-Kampfhelikopter, der jetzt in das Sichtfeld der Drohnenkameras schwenkte.
»Ziehen Sie hoch!«, rief der Kommunikationsoffizier, den es nicht mehr auf seinem Sitz gehalten hatte. Er stand direkt hinter Gwen, die Finger in die Rückenlehne ihres Sitzes gekrallt, und starrte mit angehaltenem Atem auf den Schirm.
»Ich … sie … sie reagiert einfach nicht.« Gwen drückte den Steuerknüppel nach vorn und gleichzeitig nach rechts. Sie versuchte, unter den Hubschrauber zu tauchen, doch auch jetzt reagierte die Drohne nicht schnell genug.
Die JakB-12,7-Revolverkanone blitzte auf und schickte der ReaperDrohne einen Geschosshagel entgegen. Nur einen Lidschlag darauf wurde der Bildschirm dunkel.
»Scheiße!«, sagte der Kommunikationsoffizier.
Gwen lehnte sich im Sessel zurück. »Sieht so aus, als hätte ich gerade zehn Millionen Dollar zum Teufel gejagt.«
»Plus die Kosten für die abgefeuerten Hellfire-Raketen«, sagte der Kommunikationsoffizier der U.S.S. Blue Ridge und löste seine Hände von der Sessellehne.
»So genau wollte ich das jetzt nicht wissen.« Gwen seufzte. Während sie in Gedanken Eileen und den anderen viel Glück wünschte, überlegte sie sich, wie sie Lieutenant Colonel O’Hara von der Creech Air Force Base in Nevada den Verlust seines heiß geliebten, zehn Millionen Dollar teuren Schmuckstücks beichten konnte.
10:57 Uhr
Vor Eileen lag eine Querstraße, die direkt durch den Hain führte. Sie blieb am Wegesrand kurz stehen, duckte sich und blickte in beide Fahrtrichtungen. Frei. Dann gab sie Dallmer und Inga ein Zeichen, spurtete über die Straße und auf der anderen Seite wieder in den dichten Hain hinein.
Während sie die Palmen umrundete und sich einen Weg durch dichte Farne und Unterholz bahnte, warf sie einen Blick auf den Kompass an ihrem Handgelenk. Sie waren noch immer in der Richtung unterwegs, die Meryem Taha ihnen genannt hatte.
Drei weitere Explosionen waren zwischenzeitlich zu hören gewesen. Während sie weiterrannte, nahm Eileen Kontakt zu Gwen auf.
»Gwen, hast du noch die Drohne?«
»Gerade verloren«, kam die geknickte Antwort.
»Kannst du unsere Position über den Satelliten orten?«
Eileen erreichte eine zweite Querstraße. Ihrer Schätzung nach mussten sie bis jetzt etwa zweihundert Meter durch den Hain gelaufen sein.
»Auf zehn Meter etwa«, meldete sich Gwen. »Wenn Meryems Hinweise stimmen, müsst ihr euch nach der zweiten Straße nach Südosten wenden. Dann dürften es noch knapp vierhundert Meter bis zu Hardys Grabungsstätte sein.«
»Gut.«
»Nein«, sagte Gwen. »Ihr bekommt gleich Probleme. Der Hind hat die Verfolgung aufgenommen. Und die Osprey ist etwa eine Minute von euch entfernt.«
Ein röhrendes Geräusch ließ Eileen herumfahren. Inga hatte es auch bemerkt und blickte die Straße nach Westen entlang. Zuerst vermutete Eileen, der Kampfhelikopter sei bereits da, doch dann merkte sie, dass das Geräusch eher nach dem Motorengeräusch eines Fahrzeugs klang. Oder dem zweier Fahrzeuge.
»Warte mal, Gwen.« Eileen gab Dallmer ein Zeichen, seitlich vorzurücken.
Inga lief geduckt zur anderen Straßenseite. Sie bewegten sich nach Westen. Eileen und Dallmer auf der Nord- und Inga auf der Südseite der Querstraße – genau in die entgegengesetzte Richtung, in die sei eigentlich mussten. Sie brauchten jedoch nicht weit zu gehen. Das Röhren wurde lauter. Dann schoss ein Fahrzeug aus dem Palmenwald hervor, bremste und schlitterte über die befestigte Straße. Ein schwarzes Quad. Der Fahrer war ein Jugendlicher ohne Helm. Er hatte Eileen und die anderen noch nicht bemerkt, sondern schien nach etwas hinter ihm Ausschau zu halten. Offenbar hatte er sich mit einem Kumpel in den Hainen ein Rennen geliefert und war durch die Explosionen nahe der Stadt und der Ruinen aufgeschreckt worden. Er rief etwas auf Arabisch.
Kurz darauf preschte ein zweites Quad auf die Straße. Ebenfalls ein Jugendlicher. Sie diskutierten hektisch und wiesen immer wieder nach Norden, von wo die Explosionen zu hören gewesen waren. Die beiden Jungen waren so
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