Geheimcode Misty Hazard (German Edition)
Wummern von Rotorblättern hinter sich und spürten ihren Sog wie einen entfesselten Orkan.
Eileen fuhr bis zum Zelt, bremste und stellte das Quad quer. Sie sprang aus dem Sattel. Inga war dicht bei ihr. Beide Frauen richteten ihre Abakan-Sturmgewehre gleichzeitig auf die anrückenden Helikopter, doch es ergab wenig Sinn, das Feuer zu eröffnen. Der Hind war selbst für die Granatwerfer zu stark gepanzert. Doch die beiden Transporter, die direkt hinter dem Kampfheli auftauchten, gaben ein wesentlich leichteres und einfacheres Ziel ab.
Dallmer hielt neben ihnen und suchte ebenfalls hinter dem Quad Deckung. Der Marine hatte weniger Hemmungen, seine Waffe zu benutzen. Ehe Eileen es verhindern konnte, ratterte die AN-94 bereits los. Eine Funkensalve stob am Rumpf des Hind auf. Kurz darauf war das gepresste Ploppen des Granatwerfers zu hören und eine Stichflamme leckte über das Kanzelfenster des Kampfhubschraubers.
Eileen und Inga eröffneten gleichzeitig das Feuer. Sie benutzten die 40-mm-Granatwerfer und jagten zwei Geschosse zu den Mi-8-Hubschraubern hoch.
Das war der Moment, indem sich die Ereignisse auf katastrophale Weise überschlugen.
Für Eileen verlangsamte sich der Zeitablauf. Sie hielt es zunächst für einen natürlichen Zustand, eine Art innere Lähmung, in der die Wahrnehmung verschwamm und sich die Ereignisse derart auf einen einzigen Punkt konzentrierten, der letztendlich dennoch nicht abwendbar war. Doch im Gegensatz zum natürlichen Zeitlupenempfinden stellte Eileen fest, dass sie noch immer in der Lage war, in gewohnter Weise zu denken.
Und zu handeln.
Der Hind richtete seine Revolverkanone auf die Quads. Die Vierlingsrohre liefen an.
Gleichzeitig explodierten die Gewehrgranaten vor einem der Mi-8-Hubschrauber, sprengten seinen Bug weg und zerfetzten die Kanzelfenster. Pilot und Kopilot wurden vom Splitterhagel durchsiebt und verloren sofort die Kontrolle über die Maschine. Der Helikopter kippte seitwärts ab und trudelte in Richtung der zweiten Maschine.
Der Pilot des anderen Transporthubschraubers versuchte zu reagieren, doch er musste sich seinem unausweichlichen Schicksal stellen.
Genau in dem Augenblick, in dem die Revolverkanone ihre ersten 12,7-mm-Geschosse versprühte, krachten die Transporthubschrauber ineinander und erstrahlten in einem grellen Feuerball über dem Palmenhain. Die Hitzewelle war bis zum Boden spürbar.
Als die erste Geschosskugel aus der Revolverkanone knapp vor Dallmers Quad durch den Boden pflügte, schoss hinter dem Hind die Osprey des Generals hervor und drehte bei.
Gleichzeitig fegte ein drittes Quad aus dem Unterholz auf die Lichtung und raste über den Lehmboden direkt auf das Zelt zu. Im Sattel: Meryem Taha. Während der Fahrt riss die Libanesin ihr AN-94 hoch, fuhr unter dem Trümmerregen der explodierenden Hubschrauber hindurch und feuerte wie Dallmer zuvor eine Granate zum Hind hoch.
Für Eileen geschah alles im selben Moment und sie fühlte, dass sie genug Zeit hatte, um zu reagieren. Der Zeitlupeneffekt hielt seltsamerweise an und wurde nicht mit dem Kugeleinschlag der Kanonenprojektile in Dallmers Quad beendet. Eileen packte den Marine-Captain und Inga an den Armen und zog sie einfach mit sich. Den beiden blieb nichts anderes übrig, als nachzugeben. In einer einzigen Bewegung riss Eileen sie in Richtung Zelt, durch den Eingang. In exakt der Sekunde, als der Projektilhagel beide Quads durchdrang und auseinandernahm, ehe die beiden Tanks explodierten und die Zerstörung komplettierten.
Eileen kam auf die Beine. Inga und Dallmer waren erstaunlicherweise handlungsunfähig und rührten sich nicht, während Eileen durch den Zeltvorhang lugte und sah, wie Meryem das Quad vor den beiden brennenden Wracks zum Stillstand brachte, aus dem Sattel sprang und direkt in Eileens Arme flog.
Nur einen Lidschlag darauf schoss eine Stingerrakete aus der seitlichen Türöffnung der Osprey, schlug in den Seitenrumpf des Hind ein und zerriss den Kampfkoloss mitten in der Luft.
Wusch! Der Zeitablauf kehrte zur Normalität zurück, als hätte jemand die Pausetaste auf einem DVD -Player zum zweiten Mal gedrückt. Erst jetzt nahm Eileen Hannigan den ohrenbetäubenden Krach um sie herum wahr. Explosionen, Scheppern, Schreie, Schüsse.
»Was zum Teufel war das eben?«, schrie Captain Dallmer.
Eileen wirbelte herum. Ihr Blick hetzte von Dallmer zu Inga, die beide mit perplexer Miene auf dem Zeltboden hockten, dann zu Meryem, die Eileen nicht minder erstaunt anstarrte.
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