Geheimcode Misty Hazard (German Edition)
hatte er selbst mitgebracht. Sein Arm hing noch immer in einer Schlinge. Einige genähte Wunden waren noch nicht verheilt. Seine Geschäfte bei G-Dawn hatte er allerdings ohne Umschweife wieder aufgenommen. Er wusste, dass es riskant war, eine Organisation wie seine am Leben zu halten, ohne einen Stellvertreter in der Hinterhand zu haben. Seine persönliche Eingreiftruppe Dawn Commando besaß zwar wertvolle Informationen über seine Aktivitäten, jedoch waren ihre Mitglieder auf das Kämpfen spezialisiert, nicht darauf, Verhandlungen zu führen und Ideen voranzubringen. Darüber hinaus besaß niemand Narwicks Weitsicht und den Gesamtüberblick.
Ein Seufzen floh von seinen Lippen. Er musste dringend in dieser Richtung etwas unternehmen, ehe ihm die Dinge aus der Hand glitten. Mit G-Dawn hatte er eine Organisation aufgebaut, die als einzige auf der Welt den Generälen die Stirn bieten konnte.
Der Türsummer ließ Jae Narwick aus den Gedanken hochschrecken. Er fasste sich, legte den Arm mit der Schlinge auf die Tischkante und tippte dann auf der ins Holz eingefassten, berührungsempfindlichen Glasplatte ein Icon an. Die Tür öffnete sich und der wuschige Blondschopf von Sir Parsival Gableston lugte um die Ecke.
»Lord Narwick, Veranita möchte Sie sprechen.«
Sir Parsival stammte aus südenglischem Adel, war gerade erst fünfundzwanzig geworden und hatte für Narwick und einen Job bei G-Dawn sein Studium in Wirtschaftswissenschaften abgebrochen. So gern sich Jae Narwick mit Frauen umgab, schätzte er Sir Parsival als persönlichen Assistenten mehr als die verstorbene Juliette. Der Junge war kein Kämpfer, aber ein brillanter Geist, der mit seinen Ideen schon manche Entscheidung Narwicks vereinfacht hatte.
»Bitte.«
Die Tür ging ganz auf und eine kleine, zierliche Frau mit rabenschwarzem, hüftlangem Haar schlich mit der Geschmeidigkeit einer Katze ins Büro.
Sie trug die für das Dawn Commando übliche figurbetonte Nanofasermontur. Ihr dunkler Teint und die mandelförmigen Augen ließen auf ihre asiatische Herkunft schließen. Tatsächlich war Veranita halb Taiwanerin, halb Britin. Ihre Mutter stammte aus Kaohsiung, der Vater war in Taiwan stationierter Soldat eines Royal-Marines-Kommandos gewesen. Wie viele Asiaten, die mit der westlichen Welt zu tun hatten, hatte auch Veranita einen besser auszusprechenden, westlich klingenden Vornamen gewählt. Wie sie auf die ungewöhnliche Konstruktion, offenbar einer Mixtur aus Vera und Anita kam, war Narwick jedoch schleierhaft. Ihr Geburtsname war aktenkundig Peya Ayu Givens.
»Veranita, was kann ich für dich tun?« Jae Narwick bot der Frau einen Sitzplatz an und bedeutete Sir Parsival, im Raum zu bleiben. Wie er erwartet hatte, blieb Veranita vor dem Tisch stehen, während Parsival ihr einen missbilligenden Blick zuwarf.
»Ich habe Nachrichten aus Deutschland«, sagte die Asiatin. »Eine angebliche Mitarbeiterin des Bundeskriminalamtes hat bei unserem Partner Dr. Meissner Akteneinsicht verlangt.«
Narwick runzelte die Stirn. Der Stuttgarter Konzern war für alternative Energieversorgungstechniken bei Motoren für G-Dawn tätig. Sie entwickelten Konzepte und Prototypen, die woanders dann Marktreife erlangen sollten. Hatte der Verbund der Generäle Wind davon bekommen, dass G-Dawn dort investierte?
Narwick nickte und bedeutete Veranita damit fortzufahren.
»Nach unseren Standardprozeduren hat der Sicherheitsdienst sofort beim BKA in Wiesbaden nachgefasst und musste erfahren, dass die Beamtin dort nicht tätig ist. Sie alarmierten uns umgehend.«
»Wen haben wir vor Ort?«, fragte Narwick.
»Inga und Sarajka. Letztere war sofort bei Dr. Meissner zur Stelle. Sie hat die vermeintliche BKA -Beamtin quer durch Stuttgart verfolgt, doch ihre Spur verloren.«
»Gibt es Videoaufzeichnungen?«
Veranita nickte. Eine Haarsträhne fiel ihr ins Gesicht, doch sie ignorierte sie. »Werden gerade überspielt. Da ist noch etwas. Auch Inga hatte eine Begegnung in einem Hotel, das von unseren Leuten auf Aktivitäten der Generäle überwacht wird.«
Sie machte eine Pause und setzte sich auf die Kante des massiven Schreibtischs. Narwick sah, wie Parsival bei der Tür scharf die Luft einsog, doch er hob beschwichtigend eine Hand.
»Inga hat eine Mrs Stylez in die Hände bekommen.«
»Was?« Narwick setzte sich senkrecht auf und stützte sich mit den Händen an der Tischplatte ab, als wolle er aufstehen, blieb jedoch sitzen.
»Gretchen Stylez. Leider ist auch sie
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