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Geheime Macht

Geheime Macht

Titel: Geheime Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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einen Wutausbruch bekommen hätte. »Man salutiert mit einer Waffe, um Respekt zu zeigen.«
    Er bedachte mich mit einem Blick unschuldiger Verwirrung. »Ich habe kein Gewehr oder Schwert. Der Besen ist meine Waffe.«
    Klugscheißer. »Junge, wenn du so weitermachst, explodiert mein Kopf.«
    »Ave, Andrea! Ianitori te salutant!«
    Heil, Andrea, die Hausmeister grüßen dich. Kate zwang Ascanio und Julie, ihr Mündel, Latein zu lernen, weil viele historische magische Texte in dieser Sprache verfasst waren und es offenbar ein wichtiger Teil ihrer Ausbildung war. Da der Unterricht im Büro während ausgedehnter Phasen der Untätigkeit stattfand, lernte ich diese Sprache ebenfalls.
    Ich zeigte auf Ascanio. »Schweig! Latein ist eine tote Sprache, aber das bedeutet nicht, dass du an ihr Leichenschändung begehen darfst. Feg weiter, ianitor .«
    Er wirbelte den Besen mit der Geschicklichkeit eines Marine im Silent Drill Platoon herum und stellte den Griff auf den Boden. Dann sprang er und drehte sich, die Beine ausgestreckt, und landete auf einem Knie, den Kopf gesenkt, die rechte Hand erhoben, in der er den Besen parallel zum Fußboden hielt.
    »Du hattest heute früh Kaffee, nicht wahr?«
    Er blickte zu mir auf und nickte mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
    Bouda-Teenager. Mehr musste man dazu nicht sagen.
    Ich setzte mich und gab mir alle Mühe, mich auf meinen Fall zu konzentrieren. Die Sichtung der Beweise bestätigte nur, was ich bereits letzte Nacht erkannt hatte: Ich hatte keine rauchenden Pistolen gefunden. Das meiste, was ich aufgesammelt hatte, sah wie ganz gewöhnlicher Müll aus, was aber nicht zwangsläufig bedeutete, dass es tatsächlich Müll war. Es waren Beweismittel, deren Bedeutung nicht auf den ersten Blick zu erkennen war. Trotzdem katalogisierte ich alles. Verbrechen wurden nur selten durch superintelligente Detektive mit einem genialen Geistesblitz gelöst, sondern durch geduldige und penible Fußsoldaten wie mich.
    Der Lärm eines wasserbetriebenen Motors wurde lauter und erstarb schließlich vor unserer Tür. Raphael. Nur er konnte es sein. Kate hätte ihren Wagen in der hinteren Ecke des Parkplatzes auf der Seite abgestellt, weil sie Schwierigkeiten hatte, anschließend rückwärts wieder herauszufahren.
    Ich gab vor, in meine vermutlich wertlosen Beweise vertieft zu sein. Ich hatte die gesamte Fahrt zum Büro damit zugebracht, mir zu überlegen, was ich sagen und wie ich es sagen wollte. Ich wollte erklären, warum ich bestimmte Dinge getan hatte. Ich wollte ihm sagen, dass ich ihn liebte. Ich hatte versucht, mich auf die Möglichkeit vorzubereiten, dass er mir eine Abfuhr erteilte, aber ich klammerte mich trotzdem an die naive Hoffnung, dass er mir verzieh und wir zusammen nach Hause gingen.
    Es klopfte an unserer übertrieben verstärkten Tür.
    » Periculo tuo ingredere! «, rief Ascanio.
    Was zum Teufel hatte er gesagt? Ingredere … eintreten … Zutritt auf eigene Gefahr. »Wenn es ein Klient ist, werde ich dich erschießen«, sagte ich zu ihm.
    Die Tür schwang auf. Ein neuer Geruch umwehte mich, ein schwerer Duft – nach Rosen, Patschuli und Koriander –, ein sehr teures Parfüm. Eine große Frau trat ein. Sie maß fast einsachtzig, und ihre golden schimmernden Absätze machten sie noch einmal zehn Zentimeter größer. Ihr Haar hatte die Farbe von strahlendem Weißgold und fiel ihr über die Schultern bis zum Hintern. Sie trug ein sehr kurzes schwarzes Kleid oder vielleicht ein langes T-Shirt – ich konnte es nicht genau sagen. Was auch immer es war, es wurde an ihren unglaublich schmalen Hüften von einem weißen Gürtel mit goldenen Nieten zusammengehalten. Ihr hübsches Gesicht war nahezu perfekt mit Make-up gestylt und hatte den etwas geistlosen Ausdruck, den man manchmal bei Models sieht: Sie war entweder müde, geil oder musste dringend niesen.
    Eine dunkle Gestalt folgte ihr in das Büro. Knapp einsneunzig, schlank, mit einer schwarzen Lederjacke und ausgebleichten Jeans … Dann trat der Mann ins Licht. Dunkelblaue Augen blickten mich an, und plötzlich gab es nur noch ihn und mich in diesem Universum. Sein Gesicht, eingerahmt von weichem schwarzem Haar, war nicht in dem Sinne perfekt wie bei Ascanio, aber es war männlich und sah gut aus, und seine Augen vermittelten eine Art sexueller Intensität, ein Versprechen und eine Herausforderung, die Frauen dazu brachte, jeden Selbstrespekt zu verlieren und ihm im Beisein seiner Partnerin eindeutige Angebote zu machen. Der

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