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Geheime Macht

Geheime Macht

Titel: Geheime Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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habe meine Tür nicht verriegelt. Mein Telefon hat die ganze Zeit funktioniert. Es wäre kein Problem für dich gewesen, mit mir Kontakt aufzunehmen.«
    »Ich bitte dich! Glaubst du, ich hätte keinen Stolz? Ich habe dich geliebt, mich um dich gekümmert, dir einen Platz an meiner Seite im Rudel angeboten, und du hast alles verraten, was mir wichtig war. Wie fühlst du dich jetzt damit, Andrea? War es das wert?«
    Ich zuckte zusammen. »Nein. Das war es nicht.«
    »Auch meine Tür war nicht verriegelt.«
    Er hatte sich alles aufgespart, seit wir uns im Streit getrennt hatten. Jetzt kam alles heraus.
    »Du hast mich verraten, du hast dich vom Orden wie der letzte Dreck behandeln lassen, und dann hast du dich in deiner Wohnung verkrochen. Das war nicht die Andrea, die ich kannte. Ich dachte, ich könnte mich auf dich verlassen. Ich dachte, du stehst an meiner Seite.« Sein Gesicht war eine Maske des Zorns. »Ich hätte alles für dich getan.«
    Auch ich hätte alles für ihn getan. Wenn er sich in seiner Wohnung verkrochen hätte, wäre ich so schnell losgerannt, dass nicht einmal der gesamte Orden mich hätte aufhalten können. Mein anderes Ich heulte in meinen Ohren, so laut, so laut …
    »Du hast auf alles gespuckt, was ich bin. Die Ritter waren für dich wichtiger als mein Volk, was bedeutet, dass dein toller Orden dir wichtiger war als ich.«
    Ich zitterte und kämpfte um meine Selbstbeherrschung. Mein Körper wollte unbedingt den Druck abbauen und mich verraten.
    »Willst du etwas dazu sagen?«
    »Es tut mir leid, dass ich dich verletzt habe.«
    »Zu wenig, zu spät. Ich habe keine Lust mehr, darauf zu warten, dass du aufhörst, vor dir selbst wegzurennen. Willst du wissen, was das Beste an Rebecca ist?« Seine Augen loderten in purem Rubinrot.
    Ich hing nur noch an einem seidenem Faden.
    »Sie ist nicht du.«
    Meine Menschlichkeit zerriss, und mein anderes Ich brach durch die Hülle. Raphael starrte mich stumm an.
    Die Fetzen meiner Kleidung hingen an mir. Ich hatte das seltsame Gefühl, alles von einer Stelle über meinem Kopf zu beobachten. Meine Arme lagen noch auf dem Tisch, aber nun waren die harten Muskeln von weichem, sandfarbenem Fell mit vereinzelten braunen Punkten überzogen. Ich wusste, wie mein Gesicht aussah: wie eine Mischung aus Mensch und Hyäne, mit einer dunklen Schnauze und darüber meine menschlichen blauen Augen.
    Die meisten Gestaltwandler hatten zwei Gestalten, eine menschliche und eine tierische. Die begabteren unter unseren Artgenossen konnten eine Kriegergestalt annehmen, die genau zwischen Mensch und Tier lag. Ich hatte keine tierische Form. Für mich gab es nur zwei Möglichkeiten: mein menschliches Wesen und mein anderes Ich, das weder Mensch noch Hyäne war, sondern eine eigenartige Mischung aus beidem. Ich war ein Tierabkömmling. Mein Vater hatte sein Leben als Hyäne begonnen, sich mit dem Lyc-V-Virus infiziert und sich in einen Menschen verwandelt. Dafür hassten mich andere Gestaltwandler, und manche wollten mich töten, sobald sie mich sahen.
    Ich beobachtete mich prüfend, während ich dasaß. Ich hatte mich sehr lange zurückgehalten. Ich war sehr lange gut gewesen. Ich hatte immer getan, was von mir erwartet wurde. Ich hatte Regeln und Vorschriften befolgt. Und was hatte ich damit erreicht? Es schmerzte, gut zu sein.
    »Das war nicht meine Absicht«, sagte Raphael.
    Warum hatte ich so viel Zeit darauf verschwendet, etwas sein zu wollen, was ich gar nicht war? Ich hatte es satt, unendlich satt, ständig auf meine Bremsen zu treten. Ich fühlte mich … richtig. Ich fühlte mich frei. So hatte ich mich nicht mehr gefühlt, seit ich die Beherrschung verloren und Tante B ins Gesicht geschlagen hatte. Sie hatte mich mit einem Rückhandschlag zwei Treppenfluchten hinuntergeschickt, aber das war es mir wert gewesen. Es hatte sich gelohnt.
    Was hatte ich schon zu verlieren?
    Ich atmete tief durch und ließ die gute alte Andrea los. Magie durchströmte mich, machte mich stärker, wacher. Witterungen drangen in meine Nase, wanden sich durch meinen Mund und ließen meine Lungen weiter werden.
    »Andrea?«
    Ich neigte den Kopf und sah ihn an. Er war mit einer anderen Frau in mein Büro gekommen. Wie hatte er glauben können, dass ich so etwas dulden würde?
    Ich öffnete den Mund und zeigte ihm meine scharfen Zähne. Die meisten Gestaltwandler konnten in ihrer Zwischenform nicht sprechen, aber ich war sowieso nicht wie andere Gestaltwandler.
    »Du hast jedes Wort mit voller Absicht

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