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Geheime Macht

Geheime Macht

Titel: Geheime Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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stellten fest, dass das Glas expandiert war und die Züge eingeschlossen hatte. Wenn sie versuchten, es abzuschlagen, wurden sie von Kreaturen angegriffen. Es wurde nie herausgefunden, was für Kreaturen es waren, aber sie forderten zahlreiche Todesopfer. Schließlich gab die MSDU auf und sperrte den Inman Yard mit Stacheldraht ab. Das Glas wuchs immer weiter. Eine Zeit lang wurde das Gebiet gelegentlich von Hubschraubern überflogen, und ein Reporter, der es sich von oben ansehen konnte, prägte dann den Begriff Glasmenagerie.«
    Vor uns berührten sich zwei Glaseisberge über der Straße und bildeten einen hohen Torbogen. Wir fuhren hindurch und in das Glaslabyrinth hinein. Gipfel in Grün, Blau und Weiß reckten sich rundum in die Höhe, manche miteinander verbunden, manche einzeln stehend, manche gekrümmt, andere absolut senkrecht. Das Licht wurde türkisfarben, als wären wir unter Wasser. Die Glastürme drängten sich um die zerbröckelnde Straße und warfen farbige Schatten auf den Boden.
    Mein Hinterkopf juckte, und meine Nerven kribbelten, als hätte ein unsichtbarer Scharfschütze mich mit dem Zielfernrohr ins Visier genommen. Jemand beobachtete uns aus den eisigen Tiefen. Ascanio war verstummt, konzentriert und angespannt. Auch er hatte es gespürt.
    Die Straße vor uns glitzerte.
    »Halt«, sagte ich.
    Der Jeep kam zum Stehen.
    Ein Grat aus Glas zog sich über die Straße. Ein paar Meter vor dem Asphalt war er zu einem Scherbenhaufen zersplittert. Ein identischer Haufen lag auf der anderen Seite. Anscheinend hatte sich Bell Recovery hindurchgesprengt. Kyle Bell wollte die Züge bergen. Allein das Metall wäre ein Vermögen wert, ganz zu schweigen vom Inhalt der Frachtwaggons. Irgendwann musste er das Metall abtransportieren, und dazu brauchte er eine Straße, die einigermaßen in Schuss war. Nur dass jetzt überall Glassplitter herumlagen.
    Ich stieg aus dem Jeep und lief weiter, während ich darauf achtete, auf nichts Scharfes zu treten. Meine Tatzenfüße hatten dicke Schwielen, und Lyc-V würde eventuelle Schnittwunden sofort versiegeln, aber den Schmerz würde ich trotzdem spüren. Ascanio folgte mir.
    Die Scherben waren über den Asphalt verstreut, große Splitter an den Seiten und feinerer Glasstaub in der Mitte. Ich hockte mich hin, um es besser betrachten zu können. Das zertrümmerte Glas zog sich in zwei parallelen Reihen über die Straße.
    »Fahrzeugspuren«, sagte ich. »Sie haben einen Traktor oder Bulldozer benutzt. Das Glas würde die Reifen unseres Jeeps zerfetzen. Such einen Parkplatz. Wir gehen zu Fuß weiter.«
    Wir versteckten den Jeep hinter einem Glasberg und machten den Motor aus. Die plötzliche Stille war ungewohnt. Ich nahm eine Armbrust und einen Langbogen aus dem Fahrzeug.
    »Warum zwei Bögen, Meisterin?«, fragte Ascanio und sprach die Worte mit britischem Akzent aus.
    »Die Armbrust hat mehr Durchschlagskraft, aber das Nachladen dauert länger.« Ich spannte den Langbogen. »Manchmal muss man schneller schießen können. Und könntest du vielleicht mal zehn Minuten kein Klugscheißer sein?« Ich schnappte mir den Köcher.
    »Ich weiß nicht. Ich habe es noch nie ausprobiert, Meisterin.« Er schüttelte den Kopf. »Aber Pfeile prallen an Monstern wirkungslos ab.«
    »Diese nicht.« Ich zog einen aus dem Köcher und zeigte ihm die Beschwörung, die in die Spitze graviert war. Ein Magier der Military Supernatural Defense Unit ließ sich gelegentlich zu Schwarzarbeit überreden. Er war teuer, doch es lohnte sich. »Aber wenn du immer noch zweifelst, kannst du dich da drüben hinstellen. Dann schieße ich auf dich, und wir werden feststellen, ob es wehtut.«
    »Nein, danke.«
    Ich holte den zweiten Bogen und den zweiten Köcher und reichte ihm die Waffen. »Also halt die Klappe und nimm das.«
    Ich marschierte mit zügigen Schritten los und wich der Straße aus. Ascanio folgte mir in geringem Abstand. Das Glas verschluckte alle Schrittgeräusche, und wir glitten wie zwei Schatten dahin.
    Aus dem Augenwinkel bemerkte ich eine flüchtige Bewegung. Etwas kauerte links von uns auf dem Glasgrat. Etwas mit einem langen Schwanz, das sich im Schatten verbarg. Ich lief weiter und tat, als hätte ich es nicht gesehen. Es folgte uns nicht.
    Ein dumpfes Röhren kündigte an, dass Wassermotoren angeworfen wurden. Wir liefen unter einem weiteren Glasvorsprung hindurch, der parallel zur Straße verlief. Vor uns bog der Asphaltstreifen ab und wand sich durch eine Öffnung zwischen den

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