Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geheime Macht

Geheime Macht

Titel: Geheime Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
Vom Netzwerk:
es im Verborgenen lebende Schlangenmenschen gibt?«, fragte Tsoi.
    »Nein, das sind Reptilienwesen«, sagte der Gerichtsmediziner. »Sie sollten eher wie Eidechsen aussehen.«
    »Ich habe viermal auf sie geschossen«, sagte ich. »Es hat sie überhaupt nicht aus der Fassung gebracht.«
    »EnGarde Deluxe«, sagte der Gerichtsmediziner. »Eine taktische, kugelsichere Weste. Sie hat eine unter ihrer Jacke getragen.«
    Okay. Das erklärte einiges.
    Collins seufzte und wandte sich mir zu. »Was haben Sie hier gemacht?«
    Noch vor drei Tagen hätte ich aus Gewohnheit kooperiert, weil ich vom Orden darauf programmiert worden war, nett zur PAD zu sein. Aber jetzt spielte ich für das Team des Rudels und würde den Mund halten, bis man mir Verstärkung schickte, hoffentlich in Form eines Anwalts. »Kein Kommentar.«
    Collins bedachte mich mit einem starrenden Blick. »Erzählen Sie mir nicht, dass Sie den weiten Weg bis zur White Street gefahren sind, um einkaufen zu gehen.«
    »Kein Kommentar.«
    »Ernsthaft? Sie wollen das wirklich durchziehen?« Er klang persönlich beleidigt.
    »Ja.«
    Collins schüttelte den Kopf. Tsoi ordnete ihre Gesichtszüge zu etwas, das wohl ein mitfühlender Ausdruck sein sollte. »Hören Sie, wir alle wissen, dass die Sache hier mit den vier Morden an der Grabungsstelle Ihres Exfreundes zusammenhängt. Seien Sie offen und ehrlich zu uns. Wir gehören alle zu den Guten. Wir stehen alle auf derselben Seite.«
    Diese beiden waren in Ordnung. Es war knapp zwei Stunden her, seit die uniformierten Polizisten der PAD , die unmittelbar nach den Sanitätern aufgetaucht waren, mich am Tatort verhaftet hatten. Collins und Tsoi, die vor einer halben Stunde gekommen waren, wussten bereits, wer ich war. Sie kannten meine professionelle Geschichte, sie wussten von meiner Verbindung zu Raphael, und sie waren offensichtlich sauer, dass sie die Zuständigkeit für diesen Mordfall an das Rudel verloren hatten. Ich wettete, dass sie die für diesen Tatort verantwortlichen Ermittler gewesen waren.
    Ich verstand ihre Frustration. Vier Morde mitten in der Stadt – an Gestaltwandlern, die stärker und schneller als die meisten anderen waren – kamen bei der breiten Öffentlichkeit nicht gut an. Nicht, dass wir besonders beliebt waren, aber wenn die unbekannte Bedrohung vier Gestaltwandler gleichzeitig ausschalten konnte, hatte ein Durchschnittsbürger nicht die geringste Chance. Heutzutage neigten die Leute dazu, leicht in Panik zu geraten, und die PAD war ganz und gar nicht begeistert, dass man sie von den Ermittlungen ausgeschlossen hatte.
    »Na los, Nash«, sagte Collins. »Helfen Sie uns. Was haben Sie hier gemacht?«
    »Kein Kommentar.«
    Sie starrten mich an. Ich kannte diesen Blick. Ich hatte ihn selbst ein paarmal eingesetzt. Er hieß so viel wie: »Wir haben dich, und du kommst hier nicht weg, aber wir sind bereit, dir zuzuhören, und wenn du einfach mit uns redest, wird das alles sehr schnell vorbei sein.«
    Laien glauben oft, dass Polizisten dumm sind. Sie sehen irgendeinen Kerl mit Bulldoggengesicht und gehen davon aus, dass er nichts im Kopf hat und sie sich aus jedem Problem herausreden können, in das sie hineingeraten sind. Aber dieser Polizist mit dem Bulldoggengesicht besitzt ein Diplom, hat in dreihundert Mordfällen ermittelt und über dreitausend Stunden in Verhörzimmern zugebracht. Diesen Kampf kann man nicht gewinnen. Wenn man kurz darüber nachdenkt, kommt man schnell darauf, dass man einfach die Klappe halten sollte. Aber vor Ort will man nur die eigene Version der Geschichte loswerden. Man will, dass die Leute einen verstehen, man will Mitgefühl, und man will diesen starrenden Blick vermeiden.
    Sich zu erklären ist ein sehr mächtiger Trieb. Ich hatte Menschen erlebt, die es eigentlich wissen mussten, Anwälte, erfahrene Polizisten und sogar Ritter des Ordens, die unter Druck nachgegeben und Dummheiten gesagt hatten, nur weil sie sich erklären wollten. Ich würde ihrem Beispiel nicht folgen.
    »Nash, verscheißern Sie mich nicht. Muss ich Ihnen erklären, was Behinderung der Justiz bedeutet?«
    »Kein Kommentar.«
    »Andrea, sag kein weiteres Wort.« Ein schlanker muskulöser Mann drängte sich in den Laden und bewegte sich wie ein Akrobat: anmutig, sicher und mühelos. Er war fast dreißig, hübsch und hatte grüne Augen und markante Züge. Sein kurzes Haar in hellem Orangerot war senkrecht hochgebürstet und stand wie die Stacheln eines verängstigten Igels ab. Barabas. Genau genommen

Weitere Kostenlose Bücher