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Geheime Melodie

Geheime Melodie

Titel: Geheime Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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auch dann noch, als ich längst zu reden aufgehört habe. Ich warte darauf, daß der Mwangaza die Herausforderung annimmt, und wenn nicht er, dann der Delphin, aber wieder einmal ist es der zungenfertige Philip, der eingreift und ihnen aus der Klemme hilft.
    »Das ist heute, Haj«, erklärt er, altersmild. »Es ist nicht gestern. Und wenn die Geschichte uns irgend etwas lehrt, dann dürfte es eigentlich auch nicht morgen sein. Muß der Pfad der Mitte das Chaos nach den Wahlen und den nächsten ruandischen Einfall abwarten, ehe er die Voraussetzungen für einen starken und dauerhaften Frieden schafft? Oder tut der Mwangaza nicht besser daran, Zeit und Ort selbst zu bestimmen, was die Auffassung Ihres geschätzten Vaters ist?«
    Haj zuckt die Achseln, reckt die Arme, grinst, wiegt ungl äubig den Kopf Philip läßt ihm einen Moment Zeit, um zu antworten, aber der Moment ist kaum um, da hebt er schon die Tischglocke, schüttelt sie ein wenig und kündigt eine kurze Pause an, während derer unsere Delegierten ihre Positionen überdenken können.

9
    Ich h ätte niemals gedacht, daß ich auf meinem klammheimlichen Weg die Kellertreppe hinab zu meinem ersten Unterwassereinsatz das Gefühl haben könnte zu schweben, aber so war es. Von Hajs ungehobeltem Dazwischenfunken einmal abgesehen entwickelte sich alles so prachtvoll wie nur irgend möglich. Wann, wenn überhaupt schon einmal, hatte der Ruf der Vernunft und der Mäßigung machtvoller über die Seen und Urwälder unseres gebeutelten Kongo hinausgeschallt? Wann hatten zwei fähigere Profis – Maxie, der Mann der Tat, und Philip, der allzeit alerte Vermittler – ihre Kräfte zum Wohle eines leidenden Volkes vereint? Wir traten der Geschichte in den Hintern, jawohl! Sogar der abgebrühte Spider, der nach eigenem Bekunden keine Silbe von dem verstanden hatte, was er da aufzeichnete – und von der Komplexität unseres ganzen Unterfangens, so mein Verdacht, erst recht nichts –, zeigte sich beeindruckt von der positiven Stimmung.
    »Klingt, als würde der Alte sie sich mal so richtig zur Brust nehmen«, erklärte er in seinem walisischen Singsang, als er mir den Kopfhörer aufsetzte, mein Mikro überprüfte und mich fürsorglich in meinen Schleudersitz drückte. »Schlagt ihnen nur ordentlich die Köppe aneinander, sag ich immer, dann fällt vielleicht doch ein Bröckchen Verstand raus.«
    Aber die Stimme, auf die ich eigentlich wartete, war die von Sam, meinem Koordinator: Sam, der mir sagen w ürde, auf welche der Mikrophone ich mich konzentrieren sollte, Sam, der mich laufend instruieren und sich von mir Bericht erstatten lassen würde. Kannte ich Sam? War er womöglich ein Tondieb wie ich, noch so ein ehemaliger Chatroom-Lemur, der nun aus dem Schatten hervortreten durfte, um seine ganz besonderen Gaben unter Beweis zu stellen? Um so größer meine Überraschung, als die Stimme, die aus dem Kopfhörer drang, die einer Frau war, einer gütig und mütterlich klingenden Frau noch dazu.
    Geht ’s Ihnen gut, Brian, mein Lieber?
    Bestens, Sam. Und selbst?
    Sie haben sich gro ßartig geschlagen da oben, Brian. Alle schwärmen von Ihnen.
    Entdeckte ich da die winzigste Spur eines schottischen Beiklangs in diesen aufbauenden Worten?
    Wo sind Sie zu Hause, Sam? fragte ich in meinem Überschwang – noch ganz berauscht vom Gang der Dinge oben.
    Wenn ich sagen w ürde, Wandsworth, wäre das ein arger Schock für Sie?
    Ein Schock? Wir sind Nachbarn, das gibt ’s ja nicht! Ich erledige die Hälfte meiner Einkäufe in Wandsworth!
    Unbehagliches Schweigen. Schon wieder habe ich vergessen, da ß ich ja in einem Postfach zu wohnen habe.
    Tja, Einkaufswagen, die sich bei Nacht begegnen, Brian, mein Lieber , erwidert Sam dann sehr f örmlich. Wir fangen mit der Sieben an, wenn es Ihnen recht ist. Die Zielpersonen m üßten jeden Moment dasein.
    Die Sieben ist die G ästesuite. Den Blick auf Spiders U-Bahn-Plan gerichtet, verfolge ich den Weg der Delegierten den Korridor entlang und warte, bis einer von ihnen seinen Schlüssel hervorkramt und ihre gemeinsame Tür aufschließt – schlau von Philip, sie mit Schlüsseln zu versehen, das verstärkt das Gefühl der Sicherheit! Als nächstes das Trommelfeuer von Füßen auf Steinfliesen, das Rauschen von Toilettenspülungen und Wasserhähnen. Jetzt sind sie im Wohnzimmer – schenken sich Wasser und Säfte ein, klappern, klirren, strecken sich, gähnen nervös.
    Ihre Suite ist mir ähnlich vertraut wie die öden vier Wände meines

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