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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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machte einen Knicks.
    Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, verließ sie das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
    Wie durch Zauberei kamen die Kinder aus ihren Verstecken hinter dem Vorhang, unter dem Schutzüberwurf und unter dem Puppenhaus hervor.
    Hannah lächelte mich an, aber ich hatte es eilig zu verschwinden. Ich konnte nicht begreifen, was ich getan hatte. Warum ich es getan hatte. Ich fühlte mich verwirrt, beschämt und freudig erregt.
    Ich machte einen Knicks und lief aus dem Zimmer, hastete mit glühenden Wangen den Flur hinunter, flüchtete in die Sicherheit des Dienstbotentrakts, flüchtete vor diesen seltsamen, exotischen Kindern, die so altklug und erwachsen wirkten und vor den eigenartigen Gefühlen, die sie in mir auslösten.

Das SPIEL
    I ch hörte Nancy meinen Namen rufen, als ich die Treppe hinunterlief, die in das düstere Dienstbotengeschoss führte. Am Fuß der Treppe wartete ich, bis meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, dann eilte ich in die Küche. Auf dem riesigen Herd köchelte etwas in einem Kupfertopf, und in der Luft hing der salzige Geruch von gekochtem Schinken. Katie, das Küchenmädchen, stand über die Spüle gebeugt, schrubbte Pfannen und Töpfe und starrte aus dem vom Dampf beschlagenen Fenster. Mrs Townsend machte wahrscheinlich gerade ihr nachmittägliches Nickerchen, bis die Mistress zum Tee läutete. Nancy saß im Dienstbotenzimmer am Esstisch, umgeben von Vasen, Kandelabern, Platten und Kelchgläsern.
    »Da bist du ja«, sagte sie und zog dabei die Brauen so stark zusammen, dass ihre Augen sich zu zwei dunklen Schlitzen verengten. »Ich dachte schon, ich müsste dich holen kommen.« Sie deutete auf den Platz ihr gegenüber. »Nun steh da nicht so rum. Nimm dir einen Lappen und hilf mir beim Polieren.«
    Ich setzte mich und griff nach einer bauchigen Milchkanne, die seit dem vergangenen Sommer nicht mehr benutzt worden war. Während ich die alten Schmutzflecken entfernte, musste ich die ganze Zeit an das Kinderzimmer
in der oberen Etage denken. Ich malte mir aus, wie die drei dort zusammen lachten, scherzten und spielten. Es war, als hätte ich ein wunderschönes, farbenfrohes Buch aufgeschlagen und mich von der Geschichte, die es enthielt, verzaubern lassen – und wäre gleich darauf gezwungen worden, es wieder zur Seite zu legen. Die Hartford-Kinder hatten mich bereits in ihren Bann gezogen.
    »Vorsicht«, sagte Nancy und riss mir den Lappen aus der Hand. »Das ist das beste Silber Seiner Lordschaft. Pass bloß auf, dass Mr Hamilton nicht sieht, wie du es zerkratzt.« Sie hielt die Vase hoch, die sie gerade bearbeitete, und begann, sie mit kreisenden Bewegungen zu polieren. »So. Siehst du, wie ich es mache? Mit Gefühl. Und immer in eine Richtung.«
    Ich nickte und nahm mir wieder die Kanne vor. Mir schwirrten so viele Fragen über die Hartford-Kinder im Kopf herum, Fragen, die Nancy mir bestimmt würde beantworten können. Dennoch traute ich mich nicht, sie zu stellen. Nancy besaß die Macht und wahrscheinlich auch die Gemeinheit, dafür zu sorgen, dass meine Pflichten mich in Zukunft so weit wie möglich vom Kinderzimmer fernhalten würden, falls sie argwöhnte, dass mir außer der Genugtuung über gut gemachte Arbeit womöglich noch andere Dinge Freude bereiteten.
    Aber ebenso wie eine neue Liebe ganz gewöhnlichen Dingen eine besondere Bedeutung verleiht, war ich begierig, so viel wie möglich über die Geschwister zu erfahren. Ich dachte an meine Bücher, die oben in der Dachkammer in ihrem Versteck lagen, daran, wie es Sherlock Holmes gelang, durch geschickte Fragen den Leuten die geheimsten Informationen zu entlocken. Ich holte tief Luft. »Nancy …?«
    »Mmmm?«
    »Was ist Lord Ashburys Sohn für ein Mann?«

    Ihre dunklen Augen funkelten. »Major Jonathan? Oh, er ist ein begabter …«
    »Nein«, sagte ich, »nicht Major Jonathan.« Über Major Jonathan wusste ich schon genug. Auf Riverton verging kein Tag ohne Neuigkeiten über Lord Ashburys ältesten Sohn, der, einer langen Tradition entsprechend, erst in Eton und dann auf der Militärakademie in Sandhurst studiert hatte. Sein Porträt hing neben dem seines Vaters – und denen der männlichen Vorfahren – im vorderen Treppenhaus und überblickte die Eingangshalle: mit hoch erhobenem Kopf, glänzenden Orden und kalten blauen Augen. Er war der Stolz von Riverton, sowohl in den oberen Etagen als auch im Untergeschoss. Ein Held des Burenkriegs. Der nächste Lord Ashbury.
    Nein. Ich

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