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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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meinte Frederick, den »Papa«, von dem die drei im Kinderzimmer gesprochen hatten, und den sie zu lieben und zugleich zu fürchten schienen. Lord Ashburys zweitgeborener Sohn, bei dessen Erwähnung Lady Violets Freundinnen hingerissen den Kopf schüttelten und Seine Lordschaft in sein Sherryglas grummelte.
    Nancy öffnete den Mund und schloss ihn wieder, wie ein Fisch, den ein Sturm ans Seeufer geworfen hat. »Stell mir keine Fragen, dann erzähle ich dir auch keine Lügen«, sagte sie schließlich, während sie ihre Vase prüfend gegen das Licht hielt.
    Nachdem ich die Kanne blank geputzt hatte, nahm ich mir eine silberne Platte vor. So war das mit Nancy. Sie war auf ihre eigene Weise kapriziös: mal offenherzig, mal geheimnistuerisch.
    Ganz unvermittelt, wahrscheinlich nur, weil die Zeiger der Uhr fünf Minuten weitergewandert waren, gab sie dann doch nach. »Du hast sicherlich einen von den Hausdienern reden hören, nicht wahr? Bestimmt Alfred. Fürchterliche Klatschmäuler, diese Burschen.« Sie machte
sich über die nächste Vase her. Beäugte mich argwöhnisch. »Deine Mutter hat dir also nie etwas über die Familie erzählt?«
    Als ich den Kopf schüttelte, hob Nancy ungläubig die Brauen, als wäre es unvorstellbar, dass die Leute überhaupt Gesprächsstoff fanden, der nichts mit der Familie auf Riverton zu tun hatte.
    Was die Angelegenheiten auf Riverton Manor anging, war meine Mutter immer ganz besonders wortkarg gewesen. Als kleines Mädchen hatte ich sie häufig mit Fragen gelöchert, begierig auf Geschichten über das vornehme alte Herrenhaus auf dem Hügel. Im Dorf kursierten schon reichlich Anekdoten, und ich hätte den anderen Kindern nur zu gern ein paar pikante Neuigkeiten zu bieten gehabt. Aber sie hatte nur den Kopf geschüttelt und mich daran erinnert, dass Neugier der Katze Tod war.
    Schließlich sagte Nancy: »Mr Frederick … wo soll ich bloß anfangen, über Mr Frederick zu berichten?« Sie attackierte die Vase mit dem Lappen und seufzte. »Er ist eigentlich kein schlechter Kerl. Ganz und gar nicht wie sein Bruder, weißt du, ein Held ist er nicht, aber er ist ein anständiger Mann. Ehrlich gesagt, die meisten hier unten mögen ihn. Na ja, wenn man hört, wie Mrs Townsend über ihn redet – er sei immer ein Lausebengel gewesen, den Kopf voller Flausen. Aber zu uns war er immer sehr freundlich.«
    »Stimmt es, dass er mal Goldgräber war?« Das schien mir ein ziemlich aufregender Beruf zu sein. Und irgendwie passte so ein interessanter Vater in meinen Augen zu den Hartford-Kindern. Mein eigener Vater war eine große Enttäuschung gewesen: eine gesichtslose Gestalt, die sich in Luft aufgelöst hatte, noch bevor ich geboren wurde, und nur in geflüsterten Gesprächen zwischen meiner Mutter und ihrer Schwester wieder auftauchte.

    »Eine Zeit lang«, antwortete Nancy. »Er hat sich schon in so vielen Berufen versucht, dass ich aufgehört habe zu zählen. Unser Mr Frederick gehörte noch nie zu denen, die sich auf eine Sache festlegen. Er war nie einer, der den Kontakt zu anderen Menschen sucht. Erst war es die Teeplantage in Ceylon, dann die Goldsuche in Kanada. Irgendwann meinte er, sein Glück als Zeitungsherausgeber zu finden. Jetzt sind es Automobile, Gott beschütze ihn.«
    »Er verkauft Automobile?«
    »Er stellt sie her. Oder vielmehr, die, die für ihn arbeiten, stellen sie her. Er hat drüben in Ipswich eine Automobilfabrik gekauft.«
    »Ipswich. Wohnt er da? Mit seiner Familie?«, fragte ich, um das Gespräch unauffällig auf die Kinder zu bringen.
    Nancy ignorierte den Köder, war mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt. »Mit ein bisschen Glück könnte er diesmal Erfolg haben. Seine Lordschaft wäre weiß Gott dankbar, wenn seine Aufwendungen für den Sohn endlich mal Ertrag abwerfen würden.«
    Ich blinzelte, verstand nicht, was sie meinte. Doch ehe ich dazu kam zu fragen, fuhr sie fort: »Na ja, du wirst ihn bald kennenlernen. Er kommt am nächsten Dienstag, zusammen mit dem Major und Lady Jemima.« Ein anerkennendes Lächeln. »Ich kann mich an keinen Feiertag im August erinnern, an dem die Familie nicht zusammengekommen wäre. Keiner von ihnen würde auch nur im Traum daran denken, das Mittsommerdinner zu versäumen. Das ist in diesem Haus Tradition.«
    »Genau wie das Theaterstück«, sagte ich verwegen, aber ohne sie anzusehen.
    »Ach?« Nancy hob eine Braue. »Also hat’s dir schon jemand auf die Nase gebunden?«

    Ich überging den gereizten Unterton. Nancy war es nicht

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