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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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ihrem Versteck zu langweilig wurde und sie von all den Äpfeln schon Bauchweh hatte, ist sie aus der Scheune gekommen und hat sich über das ganze Theater da draußen gewundert. Wollte wissen, warum Miss Hannah sie nicht abgeholt hat …«
    »War Mr Ferderick sehr wütend?«
    »O ja«, sagte Nancy trocken, während sie der Vase erneut mit dem Lappen zu Leibe rückte. »Aber sein Zorn ist schnell verraucht – er konnte nie lange böse auf sie sein. Die beiden hängen viel zu sehr aneinander. Um ihn richtig gegen sich aufzubringen, müsste sie schon was noch Schlimmeres anstellen.« Sie hielt die glitzernde Vase prüfend hoch, dann stellte sie sie zu den anderen. Legte ihren Lappen auf den Tisch, neigte den Kopf und rieb
sich den dünnen Hals. »Und nach allem, was ich gehört hab, ist er als Junge auch kein Engel gewesen.«
    »Wieso?«, fragte ich. »Was hat er denn getan?«
    Nancy warf einen Blick in Richtung Küche, um sich zu vergewissern, dass Katie außer Hörweite war. Im Dienstbotentrakt auf Riverton gab es eine altbewährte, im Laufe der Jahrhunderte ständig verfeinerte Hackordnung. Ich mochte das unterste Dienstmädchen sein, dem man regelmäßig Standpauken hielt und nur die niedrigsten Arbeiten auftrug, aber Katie, das Küchenmädchen, war absolut nichtswürdig. Ich würde an dieser Stelle gern behaupten, dass mich die grundlose Ungerechtigkeit ärgerte, dass ich, wenn mich diese Diskriminierung schon nicht aufbrachte, mir ihrer wenigstens bewusst war. Aber dann würde ich mich eines Mitgefühls rühmen, das ich als junges Mädchen einfach nicht besaß. Im Gegenteil, ich genoss jedes kleine Privileg, das mir meine Stellung gewährte – es gab weiß Gott noch genug andere, die in der Rangordnung über mir standen.
    »Unser Mr Frederick hat seinen Eltern ganz schön das Leben schwer gemacht, als er noch ein Junge war«, flüsterte Nancy. »Er war so schwer zu bändigen, dass Lord Ashbury ihn nach Radley schicken musste, um zu verhindern, dass er dem guten Ruf seines Bruders in Eton schadete. Auch die Aufnahmeprüfung für Sandhurst hat er ihn nicht machen lassen, als die Zeit reif war, obwohl Frederick unbedingt zur Marine wollte.«
    Während ich noch dabei war, diese Information zu verdauen, fuhr Nancy bereits fort: »Das war natürlich verständlich, wo Major Jonathan doch so eine erfolgreiche Laufbahn bei der Armee eingeschlagen hatte. Der gute Name einer Familie ist schnell ruiniert. Es war das Risiko einfach nicht wert.« Sie hörte auf, sich den Nacken zu massieren, und nahm sich ein angelaufenes Salzschälchen
vor. »Na ja. Ende gut, alles gut. Jetzt hat er seine Automobile und dazu noch drei wundervolle Kinder. Du wirst sie ja sehen, wenn sie das Theaterstück aufführen. «
    »Treten die Kinder von Major Jonathan zusammen mit den Kindern von Mr Frederick auf?«
    Nancys Gesicht wurde ernst. »Du bist wohl von allen guten Geistern verlassen!«
    Die Luft knisterte. Ich hatte etwas Falsches gesagt. Nancy blickte mich finster an, bis ich die Lider senkte. In der Platte, die ich auf Hochglanz poliert hatte, konnte ich verfolgen, wie sich meine Wangen röteten.
    »Der Major hat doch keine Kinder«, sagte Nancy mit einem Zischen in der Stimme. »Jedenfalls nicht mehr.« Sie riss mir mit ihren langen, dünnen Fingern den Lappen aus der Hand. »Und jetzt verzieh dich. Bei all dem Gerede werde ich mit meiner Arbeit nicht fertig.«
     
    Nancy ging davon aus, dass ich wusste, was mit den Kindern des Majors passiert war, und ich konnte sie nicht davon überzeugen, dass das tatsächlich nicht der Fall war.
    So war es oft auf Riverton. Weil meine Mutter vor meiner Geburt jahrelang im Haus gearbeitet hatte, gingen die anderen Bediensteten einfach davon aus, dass ich mit der Familiengeschichte bis ins Detail vertraut war. Wahrscheinlich betrachteten sie mich als ein untrennbares Anhängsel meiner Mutter und glaubten, ich hätte irgendwie durch eine seltsame Art von Osmose Zugang zu all ihrem Wissen über Riverton und die Hartfords. Besonders Nancy empfand es jedes Mal als persönlichen Affront, wenn ich erklärte, von irgendetwas noch nie gehört zu haben. Ich musste doch schließlich wissen, dass die Mistress zu jeder Jahreszeit eine Wärmflasche
brauchte, dass sie im Sommer im Zwielicht zu speisen bevorzugte, dass sie ihren Frühstückstee immer in dem Limoges-Service serviert haben wollte … Stellte ich mich etwa mit Absicht dumm? Oder, schlimmer noch, war ich gar frech?
    Während der folgenden Wochen ging ich

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