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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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erlesenen Kreises der Hartford-Geschwister. Natürlich ist Keira noch jung, und sie lebt in einer anderen Welt. Es kommt ihr nicht in den Sinn, dass gewisse Grenzen nicht überschritten werden sollten. »Wie schön«, sagt sie. »Aber ich habe keine Szenen mit anderen Dienstboten, deswegen hilft mir das eigentlich nicht weiter.« Sie fährt mit ihrem Kugelschreiber über die Liste der Fragen. »Gab es irgendetwas an Ihrer Arbeit als Dienstmädchen, das Ihnen nicht gefiel?«
    Tag für Tag beim ersten Hahnenschrei aufzustehen; der Dachboden, der im Sommer wie ein Backofen und im Winter wie ein Kühlschrank war; vom vielen Wäschewaschen wund gescheuerte Hände; Rückenschmerzen vom Putzen; Erschöpfung bis in die Knochen. »Es war sehr anstrengend. Die Tage waren lang und mit Arbeit ausgefüllt. Man hatte nicht viel Zeit für sich selbst.«
    »Ja«, sagt sie. »So versuche ich es darzustellen. Meistens brauche ich es noch nicht mal zu spielen. Nach einem Probentag hab ich die Arme voll blauer Flecken,
weil ich dauernd dieses verdammte Tablett rumtragen muss.«
    »Mir haben vor allem die Füße wehgetan«, sage ich. »Aber nur am Anfang und in den neuen Schuhen, die ich zu meinem sechzehnten Geburtstag bekommen hatte.«
    Sie schreibt etwas mit runden, zur Seite geneigten Buchstaben auf die Rückseite des Drehbuchs und nickt. »Gut«, sagt sie. »Das kann ich verwenden.« Sie kritzelt noch ein paar Zeilen, setzt mit eleganter Geste einen Punkt. »Jetzt kommen wir zu den interessanten Fragen. Ich würde gern mehr über Emmeline wissen. Ich meine, wie Sie zu ihr gestanden haben.«
    Ich zögere, unsicher, wo ich anfangen soll.
    »Wir treten in einigen Szenen gemeinsam auf, und ich weiß nicht so recht, was ich von ihr halten soll und wie ich es am besten rüberbringe.«
    »Was sind das denn für Szenen?«, hake ich neugierig nach.
    »Na ja, zum Beispiel die Szene, wo sie R. S. Hunter zum ersten Mal begegnet, unten am See, wo sie ausrutscht und beinahe ertrinkt, und wo ich …«
    »Am See?« Ich bin verwirrt. »Aber da sind sie sich nicht zum ersten Mal begegnet. Das war in der Bibliothek, es war Winter, und sie …«
    »In der Bibliothek?« Sie zieht ihre perfekte Nase kraus. »Kein Wunder, dass die Drehbuchautoren das geändert haben. Ein Raum voller alter Bücher hat nichts Dynamisches. So ist es richtig dramatisch, wo er sich doch später da unten am See umbringt und alles. Irgendwie wie ein vorweggenommenes Ende der Geschichte. Es ist wahnsinnig romantisch, so ähnlich wie in diesem Film von Baz Luhrmann. Romeo und Julia .«
    Tja, wenn sie das sagt.

    »Also, ich muss jedenfalls ins Haus laufen, um Hilfe zu holen, aber wenn ich zurückkomme, hat er sie schon aus dem Wasser gezogen und ist dabei, sie wiederzubeleben. So wie die Schauspielerin das darstellt, schmachtet Emmeline ihn dermaßen an, dass sie gar nicht mitkriegt, wie wir alle angelaufen kommen, um ihr zu helfen.« Sie sieht mich mit großen Augen an, als müsse mir nun klar sein, was sie meint. »Meinen Sie nicht, dass ich … dass Grace irgendwie reagieren sollte?«
    Als ich nicht sofort antworte, fährt sie eifrig fort.
    »Natürlich nicht übertrieben. Nur ein bisschen. Sie wissen schon, was ich meine.« Sie schnaubt leise vor sich hin, legt ihren Kopf schief, sodass ihre Nase in die Luft zeigt, und seufzt. Erst als sie mich erwartungsvoll anschaut, merke ich, dass das eine Kostprobe ihrer Schauspielkunst sein sollte. »Verstehen Sie?«
    »Ja, ich verstehe.« Ich zögere, wähle meine Worte mit Bedacht. »Natürlich ist es Ihre Entscheidung, wie Sie Ihre Figur darstellen. Wie Sie Grace spielen. Aber wenn ich das wäre und wenn wir wieder im Jahr 1915 wären, glaube ich nicht, dass ich reagiert hätte …« Ich mache eine hilflose Geste, unfähig, meine Gedanken in Worte zu fassen.
    Sie starrt mich an, als hätte ich irgendetwas Wichtiges nicht begriffen. »Aber finden Sie es nicht ziemlich gedankenlos, sich nicht mal bei Grace dafür zu bedanken, dass sie Hilfe geholt hat? Ich komme mir richtig blöd vor, erst zum Haus zu rennen und dann zurückzukommen und wie ein Zombie da rumzustehen.«
    Ich seufze. »Vielleicht haben Sie recht. Aber so war das damals, wenn man in einem solchen Haus als Dienstmädchen gearbeitet hat. Es wäre sehr ungewöhnlich gewesen, wenn Emmeline sich anders verhalten hätte. Verstehen Sie?«

    Sie sieht mich verständnislos an.
    »Ich hätte nichts anderes von ihr erwartet.«
    »Aber Sie müssen doch etwas empfunden

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