Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)
NATO -Gebietes, der NATO -Aufgaben und der NATO -Organisation erfolgen, «bedürfen die Einrichtung und Nutzung des AFRICOM -Hauptquartiers auf deutschem Hoheitsgebiet eines parlamentarischen Zustimmungsgesetzes von Bundestag und Bundesrat», schreibt er in einer Stellungnahme, um die wir ihn gebeten haben.
Doch warum gab es dann keine parlamentarische Entscheidung? Warum existiert kein völkerrechtlicher Vertrag, über den deutsche Volksvertreter abgestimmt haben?
Wir rufen noch einmal bei Willy Wimmer an. Der Mann verbrachte einige Jahre im Umfeld der Bundesregierung, er war eng vertraut mit Bundeskanzler Helmut Kohl. Nachdem er sich geduldig das Ergebnis unserer Recherchen angehört hat, sagt er: «Das spricht alles dafür, dass es nur eine Benachrichtigung auf Ministeriumsebene gegeben hat.» Er kennt die Tricks der Regierenden. «Wenn man kein Aufsehen haben will, macht man das so.»
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Aber es muss etwas Schriftliches dazu geben, irgendein Papier. Wir suchen weiter. Und bald finden wir eine diplomatische Depesche, die Aufklärung bringt. Beim Durchforsten unzähliger geheimer US -Botschaftsdepeschen, die von
WikiLeaks
zugänglich gemacht wurden, stoßen wir auf ein Dokument, das bisher niemanden interessiert hat. Daraus geht hervor, dass der Botschafts-Gesandte John M. Koenig Anfang Januar 2007 noch ein weiteres Treffen mit der deutschen Regierung gehabt hat. Dafür fuhr er ins Außenministerium an den Werderschen Markt, gleich am Kupfergraben in Berlin-Mitte.
Es ist damals eine schwierige Woche für den Außenminister, vielleicht eine der schwierigsten in der gesamten Amtszeit von Frank-Walter Steinmeier. Der Untersuchungsausschuss im Bundestag hat herausgefunden, dass Steinmeier als Kanzleramtschef aktiv daran beteiligt gewesen ist, die Rückkehr des Bremer Türken Murat Kurnaz aus dem Internierungslager in Guantánamo nach Deutschland zu verhindern. Frank-Walter Steinmeier steht massiv in der Kritik, nicht nur von der Opposition, sondern auch vom Regierungs-Koalitionspartner CDU .
Koenig trifft sich mit Steinmeiers stellvertretendem Leiter der Politischen Abteilung. In dem vertraulichen Gespräch bittet der deutsche Spitzenbeamte den US -Gesandten um einen Gefallen im Zusammenhang mit der Bekanntmachung von AFRICOM . Der Amerikaner hat ihm berichtet, dass Präsident George W. Bush die Stationierung des Kommandos in Deutschland in seiner viel beachteten Rede zur Lage der Nation erwähnen werde, als Beispiel seines Engagements im «Krieg gegen den Terror.» Daraufhin fragt der Deutsche, ob es möglich sei, dass Bush den Stuttgart-Bezug des Afrika-Kommandos in seiner Rede weglässt. Der deutsche Beamte hat Angst vor der öffentlichen Meinung in Deutschland. «Das würde nur Anlass zu Schlagzeilen in der Presse geben und zu einer unnötigen öffentlichen Debatte führen.»
Nur acht Tage später, am 23 . Januar 2007 , hält US -Präsident George W. Bush die wichtigste Rede des Jahres vor dem amerikanischen Senat und dem Kongress. Das neue Afrika-Kommando und Stuttgart erwähnt er darin nicht.
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Ein Jahr später berichteten einige Lokalzeitungen über die Ansiedlung des amerikanischen Kommandos in Schwaben. Seitdem weiß man in Deutschland von der Existenz von AFRICOM . Aber was das Afrika-Kommando genau von Stuttgart aus macht, ist bisher wenig bekannt.
5. Kapitel Die Phase der Verschleppungen
Nissan der gefürchteten ATPU – ein Geschenk des Bundeskriminalamts
Wenn wir während unserer Recherchen mit Pressesprechern des Afrika-Kommandos sprachen, versäumten sie nie, einen zentralen Aspekt der US -Strategie in Afrika zu erwähnen: so wenig Fußabdrücke wie möglich auf dem Kontinent hinterlassen.
In Afrika wird der neue «American Way of War» getestet. Das bedeutet: weniger US -Truppen vor Ort zu stationieren. Es geht darum, die Einsätze von außen zu steuern. Der Einsatz von Bodentruppen wird möglichst vermieden oder gering gehalten. Stattdessen sollen Bomben aus der Luft zur Unterstützung lokaler afrikanischer Armeen die Konflikte lösen. Solche Einsätze sind schneller, kosten weniger eigene Todesopfer und können im Zweifelsfall ohne internationales Mandat durchgeführt werden. Darum gibt es auch nur eine offizielle US -Militärbasis in Afrika: Camp Lemonnier in Dschibuti.
Die Republik in Ostafrika ist nicht viel größer als Hessen. Aber nicht die Größe, sondern die Lage des Landes machen Dschibuti zu einem strategisch wichtigen Ort für die US -Truppen. Dschibuti liegt direkt an
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