Geheimes Verlangen
sein, wird ihm plötzlich klar: ihr alles Mögliche erzählen, sich als Angeber, Dieb, Held, Heiliger ausgeben.
Ihre Hand gleitet zuerst an seiner Schulter, dann an seiner Wirbelsäule hinunter; ihre Finger kitzeln zärtlich seine Arschspalte. »Ich glaube nicht an den Himmel«, sagt sie. »Ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen. So wahnsinnig viele Leute. Wie langweilig!« Ihre Hand ist wie ein kleiner Vogel, ihre Finger sind Flügel, ihre Nägel wie kleine Spatzenklauen, die seine Wirbelsäule liebkosen. »Wenn es einen Himmel gibt«, sagt sie, »dann ist das für jeden etwas anderes. Jeder würde in einen eigenen Himmel kommen und dort bis in alle Ewigkeit als Ehrengast residieren.«
Er hört ihr zu, macht sich ihren Atem bewusst, die Festigkeit ihrer Brüste unter seinem Herzen, den Klang ihrer Stimme, die Wanderbewegungen ihrer Hand. Als er in sie hineingleitet, spürt er ihre amphibische Seite, Muskelwände, die ihn umschließen. Seine Hoden berühren sie, und sie schiebt eine Hand unter ihr Bein, um sie an sich zu drücken. »Ich stelle mir die Sache etwa so vor«, sagt sie. »Man geht einen Weg hinunter und gelangt an ein Tor, ein Eisentor. Ringsum gibt es Bäume, Wiesen und Vögel und dann noch eine schimmelige alte Steinmauer mit wild wucherndem Efeu. Irgendwo in der Nähe muss ein Fluss sein. Es ist ein sonniger, luftiger Tag; aber der Platz selbst liegt unter Bäumen, im Schatten. Der Weg ist aus Stein, uralt. Jenseits des Tores warten Menschen, beobachten, wie ich näher komme, und sie lächeln. Sie haben Gläser in der Hand, einige von ihnen liegen auf Decken im Gras, lehnen entspannt an Bäumen, und alles erscheint so freundlich und friedlich – so glücklich. Ich weiß, wer die Leute sind: alle, die ich geliebt habe, alle, die ich verloren habe. Meine Großmutter, ich habe sie nicht mehr gesehen, seit ich zwölf war. Als mein alter Hund damals gestorben war, habe ich sie gebeten, ihn in den Armen zu halten und sich um ihn zu kümmern, bis ich beide wiedersehe. Während ich weiter schlendere, sehe ich meine Großmutter schon. Sie lächelt, mein Hund springt aus ihren Armen und kommt mir entgegengerannt – schnell, übermütig und kraftvoll. Aber nicht nur mein Hund, sondern all meine Tiere. Meine Katzen, meine Hunde, meine Vögel. Sie fliegen durch das Tor und umkreisen mich. Ich lasse mich auf die Knie nieder und fange an zu weinen: So sehr habe ich mich danach gesehnt, sie wiederzusehen. Sie folgen mir ausgelassen und verspielt. Als ich die Mauer erreiche, sehe ich zwei hohe, rostige Torflügel, von denen die Farbe abblättert. Sie hängen schief in ihren Scharnieren und sind nur einen Spaltbreit geöffnet. Die Erde ist an dieser Stelle steinig und bemoost, vielleicht auch glitschig. Ich muss also vorsichtig sein, denn ich will nicht stürzen. Ich gehe behutsam weiter, und als ich mich zwischen den Torflügeln hindurchschiebe, streckt sich mir eine Hand entgegen, jemand, der wünscht, dass mir nichts geschieht. Ich nehme die Hand, und sie gibt mir so viel Sicherheit, dass ich auf den Steinen nicht ausrutsche. Erst als ich bereits auf der anderen Seite des Tors stehe und mir andere Menschen entgegenkommen, blicke ich um mich, weil ich wissen möchte, wer mir durch das Tor geholfen hat. Und dann sehe ich dich: Du trägst diesen weit geschnittenen, bequemen alten Anzug, und das Haar hängt dir ins Gesicht. Du zwinkerst mir zu, lächelst, nickst und bedeutest mir, dass du mit deinen neuen Freunden, die du hier kennen gelernt hast, unter einem Baum sitzt und dir ein paar Drinks genehmigst. Ich empfinde eine so unglaubliche Freude, meine Tiere zu sehen, all diese seit so langer Zeit verlorene Menschen, diesen wundervollen Ort hier, dich. Ich denke: Jetzt ist endlich, endlich doch noch alles gut geworden.«
Sie wendet die Augen vom Fenster ab, lässt den Blick auf ihm ruhen. »Dein Himmel sieht bestimmt ganz anders aus«, sagt sie.
»Ja«, pflichtet er ihr bei. Er fühlt sich leer, von Trauer erfüllt. »Aber du bist trotzdem ein Teil davon.«
Sie lächelt, verlagert das Gewicht ihres langsam abkühlenden Körpers, spannt die Muskeln so an, dass eine Schockwelle ihn durchzuckt und sein Schwanz in ihr augenblicklich wieder hart wird. »Ich liebe dich«, sagt sie.
»Ich weiß«, entgegnet er. »Du bist schön.«
Sie lacht, als ob das lustig wäre, dreht ihn abrupt auf den Rücken. Er ist noch immer in ihr. Das Betttuch schmiegt sich weich an seine Schultern. Sie zieht sich das Plumeau von hinten
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