Geheimnis der Leidenschaft
ihn geliebt«, sagte sie.
Mason seufzte. »Liebe. Hass. Münzen haben zwei Seiten. Die Leidenschaft deiner Mutter war tief. Tiefer als die Brunnen, die wir nie gebohrt haben.«
Haselnussbraune Augen richteten sich auf Mason und sahen in seinem faltigen Gesicht die Vergangenheit, hörten sie in seiner vertrauten Stimme.
»Du bist in dieser Hinsicht genau wie sie, mein Schatz, wenn du das zulässt. Aber du besitzt auch die Entschlossenheit deines Vaters. Und noch ein wenig mehr. Du musst die von Julie wahrscheinlich auch noch bekommen haben.« Mason schüttelte den Kopf, als die Erinnerungen wie ein klarer, unerwarteter Quell zurückkamen. »Sie war so hübsch wie ein Weihnachtskälbchen, und genauso dazu bestimmt, schon sehr jung zu sterben.«
Hope spürte eine bekannte Enge in ihrem Hals. Sie hatte ihre ältere Schwester geliebt, hatte sie unterstützt während ihrer Affären und der brutalen Zurückweisungen, und sie hatte versucht, mit Julie zu reden und ihr zu helfen, eine Welt zu verstehen und zu begreifen, die sich nicht darum kümmerte, ob eine gewisse Julie Gardener Champagner und Rosen bekam oder Essig und Stinktierkraut.
Julie hatte nie die grundlegende Wahrheit der Gleichgültigkeit der Welt begriffen. Die Art, wie sie sich nur mit sich selbst beschäftigt hatte, war sowohl unschuldig als auch tiefgründig gewesen, und nachdem ihre Mutter gestorben war, hatte Julie die Drogen entdeckt.
Innerhalb von zwei Jahren war auch sie gestorben.
»Schau nicht so traurig drein, Schatz.« Mason zupfte sanft an Hopes dunklen Locken. »Julie war nicht für diese Welt geschaffen. So etwas passiert manchmal. Also begräbt man diejenigen, die es nicht schaffen, wischt sich die Augen trocken und macht weiter mit dem Leben. Denn du bist für diese Welt geschaffen, Hope. Daran gibt es keinerlei Zweifel. Du bist stark und ehrlich und liebevoll. Du bist dazu geschaffen, einen guten Mann zu lieben und starke Söhne und Töchter großzuziehen, die Ausdauer haben. Du und deine Kinder, ihr werdet das Sonnental heilen. Und dann wird die Vergangenheit zu etwas gut gewesen sein, und auch all das Sterben und die Tränen und die Schmerzen.«
Sie blickte in Masons faltiges Gesicht und in seine klaren Augen und fühlte seine Sicherheit wie einen Segen. Schnell stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange mit den grauen Bartstoppeln. »Du bist ein guter Mann«, flüsterte sie, und ihre Stimme drohte zu versagen. »Der Beste.«
Er lächelte sie zärtlich an und reichte ihr ein verwaschenes rotes Tuch, mit dem sie die Tränen trocknen konnte, die aus ihren großen, haselnussbraunen Augen rannen.
»Danke.« Sie lachte, als sie sich damit über die Augen wischte. »In letzter Zeit scheine ich mehr Wasser zu haben als der Brunnen, der meinen Namen trägt.«
»Du bist müde, mein Schatz. Du machst die Arbeit von zwei Männern.«
Hopes einzige Antwort war ein langer, rauer Seufzer, dann zuckte sie die Schultern. »Nicht von zwei Männern wie Rio. Hat er in der letzten Nacht überhaupt geschlafen.«
»Er ist ein harter Kerl.« In Masons Stimme lag Bewunderung.
»Aber es ist nicht fair ihm gegenüber, zu ...«
»Fair bringt uns kein Wasser für unsere Rinder«, unterbrach Mason sie grob. »Wenn du dir Sorgen machst, was fair ist und was nicht, dann bleibt dir keine Zeit mehr, um zu lächeln. Das kannst du mir glauben, Mädchen. Ich habe es selbst erlebt.«
»Ich kann wenigstens die Schlafbaracke für ihn herrichten.«
»Mach dir keine Mühe. Rio hat es auf der Veranda sehr gut gefallen. Und wenn es zu kalt wird«, fügte Mason ganz nebenbei noch hinzu, »kann er ja in einem der Schlafzimmer oben schlafen.«
Hope wusste, dass der Schock in ihrem Gesicht zu lesen war. Sie hatte erwartet, dass Mason gegen jede Regelung Einspruch erheben würde, die damit endete, dass Rio und seine unverheiratete Chefin unter demselben Dach schliefen.
»Stimmt etwas nicht?«, fragte Mason.
»Das weiß ich nicht.«
»Sprich dich aus, Schatz. Ich bin ein alter Mann.«
Sie schnaubte. »So lange ich auf der Ranch bin, hast du mit einem Gewehr in der Hand hinter jedem Arbeiter gestanden, der es auch nur gewagt hat, mir einen guten Tag zu wünschen. Aber Rio ... Rio zieht zu mir in das Haus, und du machst dir gar nichts daraus.«
»Er ist anders.«
»Willst du damit etwa sagen, dass er Männer lieber mag als Frauen?«, fragte sie kühn.
Mason lachte und schüttelte den Kopf über die Dinge, die sie während ihrer Karriere als
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