Geheimnis der Leidenschaft
Jahren wild.«
»Haben Sie sie eingefangen?«
Er nickte. »Sie hat mir eine verteufelte Jagd geliefert.« Seine Augen richteten sich nach innen, auf die Landschaft seiner Erinnerungen. »Ihre Mutter war ein Ranchpferd, das ausgewildert wurde, eine Mischung aus Araber und Quarterstute, die härter war als ein alter Stiefel. Ihr Vater war zum Teil Morgan, zum Teil Araberhengst, zu neunzig Prozent Puma, so weit ich das sagen kann.«
Hope erinnerte sich daran, wie ihr Vater es gehasst hatte, wenn die Herden der wilden Pferde größer wurden und das Land sich nicht mehr erholen konnte. Dann kamen die Fleischjäger, jagten die wilden Pferde mit Flugzeugen und trieben sie - schweißgebadet und panisch - in einen trichterförmigen Korral, der von Büschen verdeckt war.
Die Jagden waren notwendig gewesen, um die Herden vor dem Verhungern zu retten und die wilden Pferde ihren Eigentümern zurückzugeben. Nötig, aber brutal. Die Alternativen - Hunger und Krankheit und ein langsamer Tod - waren noch brutaler.
Hope seufzte. »Wie haben Sie Dusk gefangen? Mit einem Flugzeug?«
»Ich habe die älteste Methode angewandt, die die Indianer schon vor Jahrhunderten anwendeten, als die spanischen Pferde in Amerika noch so neu waren, dass die Cheyenne sie >große Hunde< nannten.«
Sie lächelte. »Was ist das für eine Methode?«
Hope wandte sich um und starrte Rio an. Mason hatte ihr von Männern erzählt, die vor mehr als einem Jahrhundert wilde Pferde zu Fuß gejagt hatten. Sie folgten den wilden Hengsten von Wasserloch zu Wasserloch und ließen sie nicht zur Ruhe kommen. Zu Beginn der Jagd rannten die Pferde beim Anblick und bei dem Geruch des Menschen davon. Dann trabten sie. Dann trotteten sie, und schließlich waren sie zu müde, um sich überhaupt noch zu bewegen.
Auch das konnte eine brutale Fangmethode sein, doch es war genauso hart für den Menschen wie für die Pferde.
»So schlimm war es nicht«, sagte Rio, der den Ausdruck in' Hopes Gesicht verstanden hatte. »Ich habe Dusk ihr Bedürfnis zur Flucht durch die Erschöpfung genommen. Ich habe mich immer am Rande der Herde aufgehalten, habe ein wenig Salz und Getreide liegen lassen und bin den Mustangs überallhin gefolgt, bis sie sich irgendwie an mich gewöhnt hatte. Als ich dann mit einem Seil auf sie zuging, hatte sie keine Angst mehr vor mir. Ich war ein Mitglied der Herde.« Er grinste plötzlich. »Ein eigenartiges, langsames, kleines, ungewöhnliches Pferd, aber dennoch eines aus der Herde.«
»Wie lange haben Sie dazu gebraucht?«
»Acht Wochen. Zehn. Vielleicht auch mehr. Ich habe das Zeitgefühl verloren. In diesem Land kann man das.«
»Das Zeitgefühl verlieren?«
Rio nickte abwesend. Seine Aufmerksamkeit war wieder auf den Appaloosa-Hengst gerichtet. »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich ihn heute reite?«
»Nur dann, wenn Sie sich etwas brechen«, meinte Hope spöttisch.
»Ich werde ihm kein Haar seines gefleckten Fells krümmen.«
»Es ist nicht Storm Walkers Fell, wegen dem ich mir Sorgen mache«, erwiderte sie. »Im letzten Jahr ist er nur sehr wenig geritten worden.«
»So sieht er auch aus. Er ist sich seiner selbst sehr sicher, nicht wahr? Machen Sie sich keine Sorgen, wir werden gut miteinander auskommen.«
Hope lächelte. »Vergessen Sie, dass ich etwas gesagt habe, genau wie ich vergessen habe, dass Sie Ihren Lebensunterhalt als Pferdetrainer verdienen, wenn Sie nicht gerade für arme Träumer einen Brunnen bohren.«
Er sah sie an. Die Gefühle, die er aus ihrer Stimme heraushörte, als sie sich selbst einen armen Träumer nannte, machten ihn neugierig.
»Ich würde mich freuen, wenn Sie Storm Walker reiten«, sagte sie. »Je länger nicht mit ihm gearbeitet wird, desto schwieriger wird es für mich sein, mit ihm fertig zu werden. Und er war noch nie einfach.«
Rio verschwendete keine Zeit mehr. Er warf die Satteltaschen, die er über der Schulter trug, über den Zaun der Weide und ging auf Storm Walker zu. Er hatte den Hengst gefangen, gestriegelt, aufgezäumt und gesattelt, noch ehe Hope ihre Meinung ändern konnte.
Storm Walker wusste, was ihm bevorstand. Er tänzelte und schnaubte, sprühte vor Energie und war zu allem bereit.
»Sind Sie sicher, dass Sie ihn reiten wollen?«, fragte sie Rio. »Das ist wirklich nicht nötig. Ich brauche eher einen Brunnen als einen Hengst, der sich gut benimmt.«
Rio grinste wie ein Junge. »Sie tun mir einen Gefallen. Ich wollte auf Storm Walker reiten, seit ich zum ersten Mal sein glänzendes
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