Geheimnis der Leidenschaft
versteckt sich zwischen Sandkörnern und sickert zwischen Partikel von Schwemmsand, die so fein sind, dass man ein Mikroskop braucht, um sie zu erkennen. Es versinkt in Lagen von Fels im Berg selbst, Kalkstein und Sandstein und Schiefer.«
Ganz plötzlich wandte sich Rio um und sah Hope mit einem lebhaften Blick aus seinen blauen Augen an. »Und das Wasser bleibt dort. Es gibt überall in diesem Land Wasser. Einiges ist altes Wasser, fossiles Wasser, Regen, der gefallen ist, als die Menschen noch an den Ufern von uralten Seen das Mammut gejagt haben.«
Der Wind blies wie ein langer Atemhauch über Hopes Körper und berührte sie auf eine urtümliche Weise. Sie sah ihre Ranch mit neuen Augen, sah unter der Trockenheit von heute das Wasser von Millionen von Tagen der Vergangenheit. Als sie dann wieder zu Rio blickte, leuchteten ihre Augen von den Visionen, die er mit ihr geteilt hatte.
Er sah die Schönheit ihrer Augen, grün und gold und braun, eine Mischung von Farben, die sich mit jeder Bewegung änderten. Er sah, wie sich seine eigene Vision der Zeit und des Landes in ihren Augen widerspiegelte, sah es in dem Schauer des Begreifens, der durch ihren Körper rann.
Und dann wusste er, dass sie seine Worte so verstanden hatte, wie es nur wenige Menschen taten oder konnten. Sie hatte ihm mit ihrer Seele und ihrem Verstand zugehört. Sie hatte die Zeit und das großartige Land so gesehen, wie er es sah, und sie hatte seine Vision in einer Intimität mit ihm geteilt, die er noch bei keinem anderen Menschen erlebt hatte.
In diesem Augenblick wünschte er sich nichts sehnlicher, als Hope aus dem Sattel zu heben und sie an seinem Körper zu spüren, sie über sich wehen zu lassen wie der vom Regen satte Wind, all die geheimen Stellen zu berühren, einen leidenschaftlichen Sturm zu entfachen und seinen Körper mit ihr zu teilen, so wie sie seinen Verstand mit ihm geteilt hatte.
Schweigend verfluchte Rio seinen ungehorsamen Körper, dann lenkte er Storm Walker um den Erdrutsch herum. Nach einem Augenblick hörte er, dass die graue Stute ihnen folgte. Ein Hufeisen klirrte gegen einen Stein, der unter dem Erdrutsch verborgen war.
Als Aces wieder neben dem Hengst ging, sah Rio Hope nicht an. Er fürchtete sich davor, dass sie das Verlangen in seinen Augen sehen konnte, er fürchtete sich davor, dass sich auch in ihrem Blick das Verlangen zeigen würde, denn dann würde er nach ihr greifen, sie in seine Arme ziehen und sie so kennen lernen, wie er das Land kannte.
Und irgendwann würde der Wind wehen, und er würde sie verlassen, so sicher, wie das Wasser das Land verlassen hatte.
Rio ritt weiter und fragte sich, ob der vor so langer Zeit verschwundene Regen des Great Basins sich selbst dafür gehasst hatte, ein durstiges, verletztes Land zurückzulassen.
13
Hope und Rio ritten schweigend weiter, bis er die kahlen Bergspitzen betrachten konnte, ohne zugleich sanfte Haut zu sehen, bis er seine Gedanken auf die verschiedenen Felsschichten richten konnte, die sich zum Himmel reckten, und nicht auf das Verlangen, das seinen Körper und seine Gedanken beherrschte.
Mit dem leidenschaftlichen Verlangen seines Körpers konnte er fertig werden. Doch das leidenschaftliche Verlangen seiner Gedanken nach Hope war neu für ihn und irritierte ihn so gründlich., wie der geschmolzene Basalt die dicke Erdkruste durchbrochen hatte. Er wusste, dass ihr gemeinsames Schwei-gen wie die Vision, die sie zuvor miteinander geteilt hatten, eine Intimität enthielt, die er weder beschreiben noch verleugnen konnte.
Rio sprach erst wieder, als er sich vollständig unter Kontrolle hatte. Es dauerte lange, viel zu lange.
»Die meisten der Grenzen, die auf meiner Karte der Ranch eingezeichnet sind, lauten etwa einhundert Schritte von einem Montana-Pferd< oder >zwölf Grad nordwestlich vom Black Rock Wash<«, sagte Rio. Seine Stimme klang neutral und bot ihr nicht mehr als die reine Bedeutung seiner Worte.
»Das sind die Maße der Siedler«, sagte Hope. »Dad hat sie immer Schätzungen vom Pferderücken aus genannt.«
»Sie nützen verteufelt wenig, wenn man herauszufinden versucht, wie man es vermeiden kann, einen Brunnen auf dem Land von jemand anderem zu bohren. Wann wurde die letzte Vermessung Ihres Landes durchgeführt?«
»Oh, ungefähr 1865, kurz nachdem Nevada ein eigenständiger Staat wurde. Das war der Zeitpunkt, als einer von Moms Ururgroßvätern sich entschloss, das Land anzumelden, auf dem wir schon seit über zwanzig Jahren
Weitere Kostenlose Bücher