Geheimnis der Leidenschaft
anderes, etwas Unbeschreibliches.
Als ich jung war, habe ich gelernt, auf meine Instinkte zu vertrauen.
Schweigend stieg Hope aus dem Sattel und lockerte den Sattelgurt. Nach einer kurzen Suche fand sie einen flachen, von der Sonne gewärmten Felsen, auf den sie sich setzen konnte. Sie wusste nicht, wie lange er herumgehen würde, doch sie fühlte, dass er nicht abgelenkt werden wollte.
In den kühlen Stunden des frühen Morgens tat die Sonne gut. Mit hochgezogenen Beinen, die Arme um die Knie geschlungen, beobachtete Hope den Mann, den sie liebte, wie er sich wie ein intelligenter Wind über das Land bewegte.
Langsam schritt Rio den Eingang des Canyons ab. Er war einige Meilen breit, in der Mitte türmte sich der Schutt von Tausenden von Überflutungen, und es sah eher aus wie der Rand einer ausgewaschenen Ebene und nicht wie ein wirklicher Canyon. Der Boden war so grob und so steinig, dass nur sehr wenige Pflanzen dort wuchsen. Das Wasser, das aus den Höhen herunterfloss, sank einfach in die Millionen von Rissen zwischen den Felsen und verschwand, ehe die durstigen Wurzeln der Pflanzen es aufsaugen konnten.
Hope sah Rio zu und erinnerte sich daran, dass ihr Vater versucht hatte, einen Brunnen am Ende eines Canyons zu bohren, der diesem ähnlich war. Er hatte viele Meter tiefer gebohrt als der tiefste existierende Brunnen, ehe er aufgab und sich eingestand, dass die trockene, lose, felsige Erde kein Ende nehmen würde.
Damals hatte er sich entschieden, den Brunnen zu bohren, der jetzt ihren Namen trug. Er war auf das Grundwasser ge-stoßen und hatte gehofft, dass seine Wasserprobleme vorüber wären.
Doch so war es nicht gekommen.
Hope rückte ihren Hut so zurecht, dass ihre Augen im Schatten lagen. An ihren Vater zu denken, machte sie traurig, doch immer, wenn sie an Wasser dachte, konnte sie nicht anders, als auch an ihn zu denken.
Sie liebte das Land.
Sie hatte ihren Vater geliebt.
Und das Land, das sie so liebte, hatte ihn umgebracht. Er hatte sich zu Tode gearbeitet und versucht, die Tatsache des sinkenden Grundwasserspiegels zu ignorieren. Es war beinahe so, als hätte er geglaubt, wenn er nur hart genug arbeiten würde, lange genug und mit genügend Vertrauen, dann würde das Wasser auf das Land zurückkehren.
In jenem Sommer, in dem Hope die Ranch besucht hatte, hatte sie gesehen, wie ihr Vater älter, müder und unbeugsamer wurde in seiner Entschlossenheit, die Ranch wieder zu dem zu machen, was sie einmal gewesen war - eine lebendige Ranch.
Noch nicht einmal ein Jahr nach ihrem achtzehnten Geburtstag erlitt er einen Schlaganfall, gefolgt von einer Lungenentzündung. Hope, ihre Mutter und ihre Schwester hatten ihn in dem kleinen Krankenhaus besucht, sie hatten neben seinem Bett gesessen und zugehört, wie er nach Atem rang. Nur Hope und ihre Mutter hatten dort gesessen und gelauscht, Julie war zu erschrocken gewesen über den gebrochenen, weißhaarigen alten Mann, der den starken Vater aus ihren Erinnerungen verdrängt hatte.
Sein Tod hatte Julies Entsetzen nur noch vergrößert und auch den Hass ihrer Mutter auf dieses Land. Nur die Tatsache, dass ihr Vater die Hälfte seiner Ranch Hope hinterlassen hatte, hatte ihre Mutter davon abgehalten, die Ranch zu verkaufen.
Stattdessen hatte ihre Mutter das Sonnental verlassen, und nur Mason war zurückgeblieben, um inmitten so vieler zerstörter Träume zu leben.
Hope war so oft zurückgekommen, wie sie konnte, doch die Anforderungen, für ihre Mutter, ihre Schwester, sich selbst und die Ranch zu sorgen, hatten bedeutet, dass sie viele Stunden als Model arbeiten musste. Sie konnte es sich nur selten leisten, Los Angeles zu verlassen und nach Hause zu kommen, zu dem Land, das sie mit einer Eindringlichkeit vermisste, die die Menschen, mit denen sie arbeitete, erschreckt hätte, Menschen, die glaubten, sie wäre kalt, weil sie ihre Begeisterung für Wochenend-Romanzen und ständig wechselnde Liebhaber nicht teilte.
Ehe Hope zwanzig Jahre alt war, war ihre Mutter gestorben. Wenn man dem Unfallbericht glaubte, hatte sie die Kontrolle über ihr Auto verloren und war gegen den Brückenpfeiler einer Überführung auf dem Freeway gefahren.
Hope wusste, dass die Erklärung nicht so einfach war. Ihre Mutter hatte nicht mehr leben wollen. Selbst Julies strahlendes Lächeln und ihre fieberhaften Bemühungen, den perfekten Geliebten zu finden, hatten den Kummer ihrer Mutter um ihren toten Ehemann nicht durchdringen können.
Am Ende war es Hopes schweigende
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