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Geheimnis des Verlangens

Geheimnis des Verlangens

Titel: Geheimnis des Verlangens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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anderen Männer im Raum, als das neue Barmädchen hereinkam. Er wusste selbst nicht, warum sie ihm auffiel. Sie war ganz gewiss keinen zweiten Blick wert, mit ihrem hageren, geradezu verhärmten Gesicht, ihrem streng zurückgekämmten Haar und ihrem unweiblichen Auftreten. Aber seine Augen folgten ihr, als sie ein Tablett aufhob und einen Tisch abräumte, der gerade eben frei geworden war. Ihr Gang war anmutig, ihre Bewegungen lebhaft — zu lebhaft für eine Frau, die so müde aussah.
    Auch Tanya fiel er sofort auf, und sie verspürte das heftige Verlangen, sich zu bekreuzigen. Falls der Teufel jemals Menschengestalt annehmen sollte, würde er Augen haben wie dieser Mann. Augen, in denen gelbes Höllenfeuer glühte.
    Fantastisch! Sie musste erschöpfter sein, als sie gedacht hatte, trotz der Erregung, die sie erst wenige Augenblicke zuvor noch verspürt hatte. Es war so lange her, dass sie das letzte Mal hatte tanzen müssen — sechs Jahre, um genau zu sein. Sie hatte schon befürchtet, sie könnte alles wieder vergessen haben, aber das war nicht der Fall. Natürlich nicht. Schließlich hatte sie fast ein halbes Jahr lang jeden Abend in der Taverne getanzt. Dobbs hatte damals darauf bestanden, nachdem Lelia eines Tages mit einem Glücksspieler auf und davon gegangen war.
    Lelia war die erste Tänzerin in der Taverne gewesen, und sie hatte Tanya auch zu tanzen gelehrt. Irgendwann war sie mit einer Schauspielertruppe durch die Stadt gekommen und hatte sich dann zum Bleiben entschlossen, weil sie sich mit einem der anderen Schausteller zerstritten hatte. Das war ein Glückstag für Dobbs gewesen, denn Lelia und ihr fremdländischer Tanz machten aus der Taverne, was sie heute war. Das Lokal, das früher so gut wie nichts abgeworfen hatte, brachte mittlerweile einen recht ordentlichen Gewinn ein. Endlich hatte Dobbs eine Attraktion gefunden, die es mit den Bordellen und Spielhöllen in der Umgebung aufnehmen konnte. Er gab der Taverne sogar einen neuen Namen, der besser zu dem Tanz paßte. Und wie er sich aufgeführt hatte, als Lelia ihm davongelaufen war!
    Aber zu dieser Zeit hatte Tanya bereits genug gelernt, um den Tanz zu beherrschen, oder jedenfalls ihre eigene, besondere Version davon. Für Dobbs war das gut genug, denn sie war alles, was er hatte, um seine Kunden bei der Stange zu halten. Sie war sehr jung damals, aber ihr Körper war fast so weit entwickelt wie jetzt. Außerdem hatte Lelia ihr beigebracht, wie sie die Cremes und Puder der Schauspielzunft einsetzen musste , um ihr Aussehen drastisch zu verändern. Das war wichtig, weil Dobbs auf keinen Fall wollte, dass irgend jemand dahinterkam, dass sie es war, die da auf der Bühne stand. Und Tanya stimmte in diesem Fall ausnahmsweise mit ihm überein. Als ein paar von den Stammkunden es schließlich doch bemerkten, verschaffte ihr Dobbs ein junges Mädchen, dem sie den Tanz beibringen konnte.
    Mit großer Erleichterung hatte sie die allabendliche Darbietung an eine andere weitergegeben; so sehr sie das Tanzen selbst liebte, so sehr haßte sie die Art, wie die Männer im Publikum sie anstarrten. Und ihre grausamen Bemerkungen, während sie auf der Bühne stand, waren sogar noch schlimmer. Aber bevor Aprils Verletzung nicht verheilt war, würde sie wieder tanzen müssen — oder zusehen, wie ihre Nachbarn das Geschäft machten. Das aber kam für sie nicht in Frage. Bald würde die Taverne ihr gehören, und sie war fest entschlossen, ihr Eigentum zu beschützen. Aber sie schwor sich an diesem Tag, dass sie nie wieder in eine solche*Lage kommen würde, wenn das Harem erst ihr gehörte. Sie würde zusätzliche Tänzerinnen ausbilden und sich selbst nicht mehr der Gefahr einer Entdeckung aussetzen.
    Sie erschauderte, denn sie wusste verdammt gut, dass diese glühenden gelben Augen sie immer noch beobachteten. Und obwohl all ihre Instinkte sie zu warnen schienen: Sieh ihn nicht an, tat sie es doch — und wurde auch prompt mit einer gebieterischen Geste an seinen Tisch gewunken.
    Sei nicht so ein Hasenfuß, Missy. Er ist nicht der Teufel. Nein, das ist er nicht. Aber noch nie in ihrem Leben war sie so langsam gegangen wie jetzt, auf dem Weg zu diesem sonnengebräunten, reich gekleideten Gentleman. Und dann wäre sie beinahe in albernes Gekicher ausgebrochen. Als sie sich ihm bis auf zwei Schritte genähert hatte, erkannte sie ihre Torheit. Es war nur das Kerzenlicht, das sich in seinen Augen widerspiegelte, so dass sie von innen heraus zu glühen schienen. Sie waren

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