Geheimnis des Verlangens
das Stefan angefasst hatte, auf ihren Wangen und ihrer Stirn, wo sie sich an Stefans Brust geschmiegt hatte. Wie sollte sie das wieder in Ordnung bringen, ohne ihre Puder und Cremes? Nun, so gut es eben ging; das war die einzige Antwort, die sie sich geben konnte. Sie war immer noch nicht bereit, ihre Maskerade kampflos aufzugeben. Schon so, wie sie jetzt aussah, hatte sie Stefan erregt und seine Lust geweckt. Wieviel mehr Schwierigkeiten würde sie erst haben, wenn er sah, wie sie wirklich war? Aber eine teuflische Stimme flüsterte ihr ein, es ihm zu zeigen. Ein Anflug von Eitelkeit, der ihr nie zuvor zu schaffen gemacht hatte. Schleunigst stopfte sie dieser lästigen Stimme den Mund.
»Reicht das?« fragte sie, nachdem sie sich ein paar Sekunden lang damit beschäftigt hatte, die Flecken auf ihrer Haut miteinander zu vermischen und zu verbinden, indem sie etwas von der dickeren Farbe borgte, die sie immer noch unter ihren Augen hatte.
»Also wieder die müde alte Schreckschraube? Ich glaube, da gefiel mir der dreckige Balg doch besser.«
Tanya biß die Zähne zusammen, als sie erneut den heftigen Drang verspürte, ihre Maskerade abzuwaschen. Er hatte ohnehin schon Verdacht geschöpft. Aber ein Verdacht war nichts im Vergleich zu einem eindeutigen Beweis. Sie widerstand also erneut der Versuchung und wechselte das Thema.
»Hab' ich richtig gehört? Wir gehen zum Abendessen?«
»Falls Ihr es nicht vorzieht, dass man Euch ein Tablett hierherbringt.«
»O nein«, versicherte sie ihm schnell, mehr als überrascht darüber, dass man ihr so bald schon erlauben würde, die Kabine zu verlassen. »Habt Ihr keine Angst, dass ich jemanden dafür gewinnen könnte, mir zu helfen? Insbesondere den Kapitän?«
»Da würdet Ihr nur ihn und Euch selbst in Verlegenheit stürzen, wenn Ihr das tätet.«
Ihre grünen Augen wurden schmal. »Was für eine abscheuliche Lüge habt ihr ihm über mich erzählt?«
»Nichts, was seine Vorstellungskraft allzusehr strapaziert hätte. Ihr seid meine Frau und mir vor kurzem durchgebrannt. Und Ihr habt nicht nur mich, sondern auch zwei kleine Babys im Stich gelassen. Ich fürchte daher, Ihr werdet nicht auf das kleinste bißchen Sympathie stoßen, wenn Ihr versucht, irgend jemandem etwas anderes zu erzählen.«
Er lächelte und ließ sie dadurch wissen, dass ihm klar war, wie wütend seine Worte sie machen musste n. Daher erwiderte sie nur: » Musste t Ihr mich unbedingt zu einem so herzlosen Weib machen? Niemand könnte mir einen Vorwurf daraus machen, Euch verlassen zu haben, aber Babys?«
Er biß jedoch nicht an, wahrscheinlich weil ihre Augen verräterisch glühten. Er lachte nur in sich hinein, schnappte nach ihrer Hand, zog sie auf die Füße und schob sie zur Tür.
Auf dem Weg zum Speisesaal griff er das Thema noch einmal auf. »Wie steht Ihr eigentlich zu Babys, Tanya? Man wird von Euch erwarten, dass Ihr dem König wenigstens einen Erben schenkt.«
»Da ist er selbst aber anderer Meinung!« schnaubte sie. »Er hat nicht die Absicht, mich jemals zu berühren. Wofür ich übrigens ungeheuer dankbar bin.«
»Die meisten Frauen beten Vasili an. Ich hatte geglaubt, der Gedanke, ihn zu heiraten, würde Euch außerordentlich gut gefallen.«
»Da habt Ihr eben etwas Falsches gedacht.«
»Und wenn Ihr eine andere Wahl hättet?«
»Das ist jetzt schon das zweite Mal, dass einer von euch mir diese Frage stellt. Habe ich denn eine andere Wahl?«
Er antwortete nicht. Mittlerweile waren sie beim Speisesaal angelangt, ein kleiner, aber behaglich eingerichteter Raum, soweit sie es durch die geöffnete Tür sehen konnte. Serge und Vasili saßen bereits; Lazar war wahrscheinlich noch damit beschäftigt, sich von seinem unfreiwilligen Bad im Fluß zu säubern. Es waren keine anderen Mädchen an ihrem Tisch, aber das hätte sie auch gewundert. Wenn noch mehr Mädchen wie sie an Bord waren, würden die Männer es wohl kaum zulassen, dass sie sich hier trafen, um ihre verschiedenen Märchen miteinander zu vergleichen, nicht wahr?
Stefan blieb am Eingang stehen und hielt auch Tanya am Ellbogen fest. »Wir sprachen über Babys«, erinnerte er sie.
»Ihr habt darüber gesprochen, nicht ich.«
»Ihr habt mir noch nicht gesagt, wie Ihr selbst dazu steht.«
»Ich fürchte, dass ich mir über dieses Thema noch nie viele Gedanken gemacht habe, da ich auch noch nie vorhatte zu heiraten.«
»Und unter diesen neuen Umständen?«
»Ich habe doch gerade festgestellt, dass Vasili entschlossen ist,
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