Geheimnis einer Wuestennacht
Gastfreundschaft, die seine Mutter präsentierte, angespannt und nervös. Am liebsten hätte er die Hand ausgesteckt und ihr sanft über die Wange gestrichen, doch das war natürlich unmöglich. Wo war die starke, selbstbewusste Frau geblieben, die ihn gepflegt hatte? Die nichts dabei fand, mitten in der Einsamkeit der Wüste ihr eigenes Camp aufzuschlagen.
âWie geht es Ihnen?â, fragte Tahir leise und sucht ihren Blick.
âDanke, gutâ, erwiderte Annalisa und starrte auf einen Punkt oberhalb seiner linken Schulter. Der raue Unterton in ihrer Stimme lieà ihn wohlig erschauern. Doch irgendetwas lief hier schief, er konnte es nur nicht in Worte fassen.
Als das Telefon schrillte, sprang Tahir förmlich auf die FüÃe, dankbar für die Gelegenheit, einer Situation zu entkommen, der er sich nicht gewachsen fühlte. âIst für dich, Mutterâ, sagte er nur wenige Sekunden später. âIrgendeine Krise bezüglich eines Empfangs, den du offenbar planst.â
Rihana erhob sich graziös. âIch würde den Anruf gern entgegennehmen, wenn es für Sie in Ordnung ist, meine Liebeâ, sagte sie lächelnd.
âAber natürlich, Madam â¦â, versicherte Annalisa ihr errötend.
âDann entschuldigen Sie mich bitte einen Moment.â Damit wandte sie sich um und nahm ihrem Sohn den Hörer ab.
Der wartete wiederum, bis seine Mutter den Raum verlassen hatte, ehe er auf seinen Platz zurückkehrte. âEs ist schön, dich zu sehen, Annalisa â¦â
Wie sehr wünschte sie, dasselbe sagen zu können! Die traditionelle Robe, die Tahir trug, stand ihm ausgezeichnet und unterstrich seinen hohen Rang, lieà ihn aber schrecklich fremd erscheinen. Frustriert stieà Annalisa den Atem aus, angesichts der Erkenntnis, dass es mit ihrer Schwäche für diesen Mann noch nicht vorbei war.
âAlles in Ordnung mit dir?â
âJaâ, log sie dreist. âAlles bestens. Und bei dir?â
âIch kämpfe mich so durchâ, behauptete er mit schiefem Lächeln. âAber ich hätte nie erwartet, dich hier zu sehenâ, kam er gleich wieder auf den Kern der Sache zurück.
âIch bin erst gestern Abend in Shafar angekommenâ, informierte sie ihn. âUnd ein Flug nach Kopenhagen, dem ersten Etappenziel meiner Europareise, ist auch schon gebucht.â
Aber würde sie die auch wirklich antreten, nach dem, was sie heute Morgen erfahren hatte? Annalisa biss sich auf die Unterlippe und überlegte, was wohl das Beste und Sinnvollste für sie wäre. Auf jeden Fall ein erster Besuch beim Gynäkologen!
âIrgendetwas stimmt nicht mit dirâ, konstatierte Tahir, der sie die ganze Zeit aufmerksam gemustert hatte. âAlso was ist los?â
Sekundenlang schloss sie die Augen und rang um innere Stärke. Als sie die Lider wieder hob, wanderte ihr Blick instinktiv zur Tür hinüber, hinter der Tahirs Mutter verschwunden war. âIch musste dich sehen, Tahir.â
Seine dunklen Brauen schossen nach oben. âDann habe ich also recht, wenn ich annehme, dass dies kein einfacher Krankenbesuch ist?â
âDu hast doch gesagt, dass ich â¦â Sie brach ab und schluckte heftig. âDas du benachrichtigt werden willst, sollten sich ⦠na ja, Konsequenzen ergeben.â
Als sich seine kühle, abwartende Miene keinen Deut veränderte, spürte Annalisa, wie etwas in ihr zerbrach.
âNun, besagte Konsequenzen sind tatsächlich eingetroffenâ, eröffnete sie ihm spröde. âIch bin schwanger.â
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie wenig sie ihm bedeutete, hier war er: nicht der kleinste Muskel regte sich in Tahirs attraktivem dunklen Gesicht. Es wirkte wie aus Stein gemeiÃelt.
âWas sind deine Pläne?â
Nicht unsere Pläne, oder seine Beteiligung an ihren besonderen Umständen! Was hatte sie denn erwartet? Dass er sie in seine Arme riss und ihr versicherte, wie sehr er sie vermisst hatte? Dass es der gröÃte Fehler seines Lebens gewesen war, sie auf diese Art zu verlassen?
âIch weià noch nicht. Aber das Baby werde ich auf jeden Fall behalten.â
Schweigen.
Annalisas zusammengepresste Lippen bebten, während sie sich vorstellte, wie Tahir sich jetzt fühlen mochte. Er würde sich keine Komplikationen in seinem wohlsituierten Leben wünschen.
âWas für ein glücklicher Zufall, dass du
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