Geheimnis um eine giftige Feder
mürrischer Bursche.”
„Ja. Ich kannte ihn nicht. In Buchsdorf steigt meistens der Pfarrer zu. Ich unterhalte mich immer sehr nett mit ihm. Manchmal fährt auch Herr Grimm mit.”
„Es wundert mich eigentlich, daß der Bus nicht voller war”, meinte Dicki. „Fehlten gestern Leute, die gewöhnlich am Montag nach Schafhausen fahren?”
„Ja, gewöhnlich fahren mehr Menschen mit.” Wieder fiel Fräulein Sitter der Kneifer ab. Die Kinder hielten den Atem an. Jetzt würden sie den Namen des Bösewichts gleich erfahren.
„Fehlte jemand, den wir kennen?” fragte Dicki.
„Ich weiß nicht, ob ihr Fräulein Schnack, die Schneiderin, kennt. Sie fährt sonst jeden Montag nach Schafhausen, aber gestern war sie nicht dort.”
Dicki horchte auf. „Ach, wirklich? Sind Sie mit ihr befreundet?”
„Aber nein! Sie ist wie viele Schneiderinnen – klatscht und tratscht. Ich kann so etwas nicht leiden. Es ist nicht christlich, wie sie über die Leute herzieht. Niemand bleibt von ihr verschont. Und sie scheint das Leben aller Peterswalder in- und auswendig zu kennen.”
Die Spürnasen spitzten die Ohren. Das hörte sich ja so an, als hätte Fräulein Schnack die bösen Briefe geschrieben. Ja, gewiß, sie mußte der Übeltäter sein.
„Sind die Narzissen nicht entzückend?” fragte Fräulein Sitter, als sie den Obstgarten betraten.
„Einfach bezaubernd!” rief Gina. „Wir wollen uns ein wenig hinsetzen und sie bewundern.”
Sie setzten sich auf eine Bank. Fräulein Sitter sah die Kinder von der Seite an. „Ich hätte nicht schlecht über Fräulein Schnack sprechen sollen”, sagte sie errötend. „Es rutschte mir so heraus. Sie näht manchmal für Frau Kendling; dann fragt sie mich immer so viel. Ich glaube, sie kommt noch in dieser Woche her. Der Gedanke daran bedrückt mich jetzt schon. Ich mag bösartigen Tratsch nicht.”
„Das glaube ich”, sagte Betti. „So etwas paßt auch gar nicht zu Ihnen.”
Fräulein Sitter beschenkte sie mit einem Lächeln. Dabei fiel ihr der Kneifer ab.
„Drei Mal”, zählte Betti laut. Das Lächeln verschwand von Fräulein Sitters Gesicht, als sie den Kneifer wieder aufsetzte.
Dicki räusperte sich. „Fahren sonst noch andere Leute regelmäßig mit dem Bus, Fräulein Zitter – ich meine Sitter?”
„Ihr scheint euch ja sehr für den Omnibus zu interessieren. Laß mich mal nachdenken. Natürlich, sonst fährt noch immer der alte Schnüffel mit.”
„Der alte Schnüffel? Wer ist denn das?”
„Der Zigeuner, der mit seiner Frau in dem Wohnwagen am Ende des Pfarrweges haust. Du mußt ihn doch schon gesehen haben.”
„Ach, das ist dieser kleine Bursche mit der Hakennase und dem herabhängenden Schnurrbart, der immer mit sich selbst spricht und dazu mit den Händen rumfuchtelt. Ich wußte gar nicht, daß er Schnüffel heißt.”
„Man hat ihm den Spitznamen gegeben, weil er so schrecklich neugierig ist”, erklärte Fräulein Sitter. „Was der alles wissen will! Er hat mir schon die Seele aus dem Leib gefragt. Wie alt ich sei, und wie alt meine Mutter sei. Was Frau Kendling mit ihren abgetragenen Kleidern mache, und wieviel der Gärtner verdiene. Kein Wunder, daß alle ihn Schnüffel nennen!”
Die Kinder wechselten bedeutungsvolle Blicke. Ob etwa der alte Schnüffel die Briefe geschrieben hatte? Er war vielleicht nicht ganz richtig im Kopf und bereitete sich damit einen bösartigen Spaß.
„Und dann fährt noch gewöhnlich Frau Schlimm mit”, sagte Fräulein Sitter. „Montag ist ihr freier Tag, dann besucht sie meistens ihre Mutter, genau wie ich. Aber gestern habe ich sie nicht gesehen.”
„Meine Mutter wollte sie wohl nicht fortlassen, weil unser Hausmädchen Urlaub hat”, erklärte Flipp.
„Benutzt sonst noch jemand regelmäßig den Montagsbus?” fragte Rolf.
„Nein. Warum interessiert euch das nur so? Ihr seid doch wohl nicht hergekommen, um mich nach den Leuten im Bus auszufragen. Was wolltet ihr eigentlich hier?”
Die Kinder hatten inzwischen ganz vergessen, welchen Vorwand sie für ihren Besuch gebrauchen wollten. Doch Betti fiel es noch rechtzeitig ein. „Ach – wir wollten Sie nur fragen, ob Sie nicht unseren Kater gesehen haben.”
„Deshalb seid ihr gekommen? Nein, ich habe ihn nicht gesehen. Um den großen Kerl braucht ihr euch doch keine Sorgen zu machen.”
„Wahrscheinlich liegt er schon wieder seelenruhig auf seinem Sessel”, sagte Flipp. „Auf Wiedersehen, Fräulein Zitter.”
„Ich heiße Sitter, mein Junge, nicht
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