Geheimnis um eine giftige Feder
Lamm, ihre Schwester, fanden einen Grund, ihm diese Bitte abzuschlagen. Sobald Dicki den Umschlag in der Hand hielt, suchte er mit den Augen nach dem Poststempel. Aber es war gar kein Stempel da. „Der Brief – ist ja nicht mit der Post gekommen”, stotterte er verdutzt.
„Davon hat ja auch keiner was gesagt”, erwiderte Frau Lamm. „Er wurde heute morgen gegen halb sieben bei mir durchgesteckt. Ich hörte jemand an der Tür, war aber zu müde, um aufzustehen. Also fand ich ihn erst um neun. Ich schickte sofort nach meiner Schwester. Und du kamst auch gleich her, nicht wahr, Käthe?”
Frau Kräusel nickte. „Natürlich! Ich ging nur noch rasch bei Herrn Grimm vorbei und erzählte ihm von dem Brief. Er wird sicherlich gleich hier sein, um ihn anzuschauen.”
Dicki erschrak ein wenig, als er das hörte. Wegda durfte ihn hier nicht überraschen. Wieder betrachtete er den weißen Briefumschlag, der genau so wie die Umschläge der anderen anonymen Briefe aussah. Frau Lamms Name und ihre Adresse waren mit großen Druckbuchstaben geschrieben. Dicki zog sein Notizbuch hervor und verglich das Wort PETERSWALDE mit seiner Zeichnung. Ja, es war dieselbe Schrift; darüber bestand kein Zweifel.
Nachdenklich gab er Frau Lamm den Umschlag zurück. Der Inhalt des Briefes interessierte ihn nicht. Er konnte sich denken, was darin stand – beleidigende und boshafte Bemerkungen, die vielleicht auch ein Körnchen Wahrheit enthielten.
„Ich muß jetzt gehen”, sagte er. „Es tut mir sehr leid, daß Sie einen dieser giftigen Briefe bekommen haben, Frau Lamm. Ich werde nicht eher ruhen, bis ich den Schurken gefunden habe, der ihn geschrieben hat.”
„Herr Grimm ist auch hinter ihm her”, sagte Frau Kräusel. „Er wird ihn bestimmt bald erwischen.”
Dicki bezweifelte das. Er verabschiedete sich und verließ das schmutzige kleine Haus. Aber – o Schreck! – an der Gartenpforte kam ihm die stämmige Gestalt des Polizisten entgegen. Er versuchte, rasch an ihm vorbeizuschlüpfen. Herr Grimm packte ihn jedoch energisch am Arm und zog ihn ins Haus zurück.
„Was wollte der Bengel bei Ihnen?” herrschte er Frau Lamm an. „Hat er sich wieder in Angelegenheiten der Behörde eingemischt?”
Frau Lamm, die den Polizisten fürchtete, schwieg eingeschüchtert. Aber Frau Kräusel entgegnete unerschrocken: „Er hat sich überhaupt in nichts eingemischt, sondern nur seine Teilnahme ausgesprochen.”
„Woher wußte er, daß Frau Lamm einen von diesen Briefen bekommen hat?” stieß Herr Grimm hervor.
„Nun, ich mußte doch Frau Schlimm anrufen, um ihr zu sagen, daß ich heute nicht zu Hillmanns kommen kann”, erklärte Frau Kräusel. „Zufällig war Dietrich am Telefon, und ich bat ihn, es ihr auszurichten. Er wollte den Brief an meine Schwester gern sehen. Und da er es so fabelhaft versteht, Geheimnisse rauszukriegen …”
Herrn Grimms Gesicht färbte sich dunkelrot. „Frau Lamm, haben Sie diesem Lümmel etwa den Brief gezeigt?” fragte er scharf.
„Ich – nun – da er sagte, daß er auch die übrigen Briefe gesehen hätte”, stammelte Frau Lamm, „so dachte ich, es könnte nichts schaden. Aber er hat nur den Umschlag gesehen, Herr Grimm.”
Der Polizist fuhr herum. „Was soll das heißen?” herrschte er Dicki an. „Wie kannst du behaupten, die übrigen Briefe gesehen zu haben! Sie befanden sich ja immer in meinem Haus.”
Dicki sah ihn unverschämt ruhig an. „Wirklich? Nun, dann muß ich das wohl geträumt haben.”
Herr Grimm stutzte. Hatte der Bengel nicht in Schafhausen einen Brief eingesteckt? Vielleicht wußte er mehr von dem Fall, als er zugeben wollte. „Du bist ein ganz verschlagener undurchsichtiger Bursche!” sagte er wütend.
„Dir ist alles zuzutrauen.”
„Vielen Dank für das Kompliment, Herr Grimm!” erwiderte Dicki mit einer leichten Verbeugung.
Herr Grimm holte aus, um ihm eine Ohrfeige zu versetzen. Aber plötzlich hielt er inne. Ihm fiel ein, daß die Briefe doch einmal außerhalb seines Hauses gewesen waren, und zwar damals, als er sie verloren hatte, nachdem er mit dem rothaarigen Telegrafenjungen zusammengestoßen war. Er warf Dicki einen lauernden Blick zu. „Ist dieser Telegrafenjunge dein Freund?” fragte er.
Dicki machte ein überraschtes Gesicht. „Welcher Telegrafenjunge?”
„Na, der rothaarige Bursche mit den vielen Sommersprossen.”
„Ich habe keinen rothaarigen Telegrafenjungen mit Sommersprossen zum Freund”, antwortete Dicki kühl.
„Wie kommen
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